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Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 17

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wohl etwas Jugendliches bewahrt haben, denn ich hatte

bisher noch immer frische Ideen und lasse mich vom

zunehmenden Alter eher inspirieren als unterkriegen. Es

wäre enttäuschend, wenn ich die Erfahrungen im Leben

nicht mehr in neue Texte und Songs umsetzen könnte.»

Seine Lieder sind Geschichten von anderen Men-

schen, die meistens auch mit ihm, seiner Befindlichkeit

und seiner Lebenserfahrung zu tun haben. Er muss

empfinden, was er schreibt und singt. Die Songs in

seinem fünften Album erzählen von der Flüchtigkeit des

Glücks, von Lebensbilanzen und von Abschieden. «Ich

bin immer noch ein lebenslustiger Mensch, und doch ist

in meiner Musik auch Wehmut spürbar. Wir sind eine

gewisse Zeit auf dieser Welt und sollen das Beste daraus

machen.»

Auf die Frage, wie es mit seiner persönlichen Zufrie-

denheit stehe, wird er besinnlich und meint: «Das Leben

hat mir viel Gutes geboten. Ich konnte mich stetig ent-

wickeln und mein Leben gestalten, wie ich wollte, dass es

sein sollte. Dabei hatte ich auch viel Glück. Ich habe zu-

mindest versucht, ethischen Ansprüchen gerecht zu wer-

den. Als Pfarrerssohn wurde mir die Bergpredigt in die

Wiege gelegt. Einen besseren Leitfaden habe ich nicht

gefunden. Ohne die gegenseitige Liebe geht es nicht.»

Auseinandersetzung mit dem Älterwerden

Die Songs auf seinem fünften Album sind auch eine

Auseinandersetzung mit dem Älterwerden. Davon

zeugen der Titel und der Titelsong seines neusten

Albums «As long as I can sing». Er ist überzeugt: «Die

Musik kann helfen, wenn es körperlich und geistig

schwieriger wird. Doch mache ich meine Musik auch für

mich persönlich. Sie hält mich aktiv, fröhlicher, neu-

gierig und bringt mich weiterhin ebenfalls mit jungen

Menschen zusammen. Das tut gut.» Und doch denkt

Heinrich Müller manchmal, dies sei seine letzte CD

gewesen, da man alles einmal abschliessen muss.

Aber vorerst will er noch möglichst lange singen.

Dies hilft dem 70-Jährigen, wenn er sich einsam fühlt,

unerfüllt und traurig. «Das gibt es auch bei mir», sagt er,

«obwohl ich viel tue, damit mein Leben lebenswert

bleibt.» Diesen Kampf spürt er oft, wenn er in Alters-

und Pflegeheimen Konzerte gibt. «Ich denke dabei an

die Einsamkeit der hochaltrigen Menschen, wenn sie

allein und abhängig sind. Ich habe Angst davor, einsam

zu sein. Angst vor einer Zeit, in der niemand mehr da ist,

der mich gern hat und mit dem ich Erfahrungen aus

einer gemeinsamen Zeit austauschen kann.»

Er erzählt, wie er in den letzten Jahren aktiv auf der

Suche nach Menschen war, die er mag und mit denen er

immer wieder Zeit verbringen möchte: «Dabei habe ich

die Erfahrung gemacht, dass man auch im höheren Alter

Freunde finden kann. Ich schaue immer noch nach

vorn. Gerade jetzt freue ich mich auf die vielen an-

stehenden Konzerte mit der Band oder im Duo. Damit

entstehen auch wieder neue Möglichkeiten der Begeg-

nung mit den Konzertbesuchern und das Gefühl, noch

immer mitten im Leben zu stehen.

Nie und nimmer:

Was würden Sie nie sagen?

Du darfst keine Musik hören.

Welches Konzert würden Sie nie besuchen?

Massenkonzerte.

Mit wem möchten Sie nie diskutieren?

Mit niemandem, würden gute Diplomaten sagen.

Was möchten Sie nie hören?

Ich sei ein Langweiler.

Was könnten Sie nie verzeihen?

Missbrauch an Kindern.

Wohin würden Sie nie reisen?

In die Hölle.

Was können Sie nie vergessen?

Die Gitarre, die ich mit zwölf bekommen habe.