KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2025

02 / 2025

In der Druckausgabe befindet sich auf dieser Seite ein Hinweis für medizinische Fachpersonen.

KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 3 © Kinderärzte Schweiz 02 / 2025 INHALT / IMPRESSUM EDITORIAL 5 Das Herz im Mittelpunkt – medizinisch, symbolisch, politisch PINNWAND 6 Lesenswertes aus dem KIS Vorstand, unseren Arbeitsgruppen und dem Rest der Welt JAHRESTAGUNG 7 30 Jahre Kinderärzte Schweiz BERUFSPOLITIK 8 Unsere berufspolitische Offensive 9 mfe VERNETZUNG 10 Achtes 5-Ländertreffen der Berufsverbände 11 26. ECPCP Meeting Lissabon VERBANDSZIELE UND DEREN ERREICHUNG 12 Jahresbericht der Expert:innengruppe 2024 FRÜHLINGSTAGUNG 13 KIS Online-Frühlingstagung 14 Ärzt:innen & MPA Referate: 1: Funktionelle Magen-Darm-Beschwerden 15 2: Pädiatrische Erkrankungen der Leber 16 3: (Chronische) Obstipation 17 4: Ösophagus/Reflux DIE MPA SEITE 18 MPA Workshop «HNO-Update» FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL 19 Interpretation Ruhe-EKG im Kindesalter 23 Wearables in der Diagnostik von Herzrhythmusstörungen bei Kindern 27 Endokarditisprophylaxe: Refresher 30 Myokarditis im Kindesalter 33 Fallvorstellung Myokarditis 34 Die Erhebung kardiovaskulärer Risiken vor Stimulanzientherapie 36 Zum Begriff der Kordiologie in der Kardiologie 38 Du bist nicht allein CASE REPORT AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS 39 Fleischallergie durch Zeckenbiss? NACHHALTIGKEIT IN DER PÄDIATRIE 40 Klimasensible Ernährung für Kinder LESERBRIEF 42 Leserbrief zur Gerätefinanzierung: «Bleibt sauber» KURSE/WORKSHOPS/FORTBILDUNGEN 43 Kurse KIS 44 Veranstaltungskalender 44 Die gute Fortbildung ERFAHRUNGSBERICHT 45 Fortbildung «Clowneske Ideen für die Praxis» 46 Fortbildung «Neurologische Themen in der Praxis» 47 Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) in der Praxispädiatrie DAS GUTE KINDERBUCH FÜR DIE PRAXIS 48 Tiger-Tiger, ist es wahr? FÜR SIE GELESEN 49 Duale Reihe: Pädiatrie ■ HABEN SIE ANREGUNGEN, KRITIK ODER LOB? Dann schicken Sie uns eine E-Mail an: info@kis.ch Wir freuen uns. Drucksache myclimate.org/01-25-589279 IMPRESSUM REDAKTIONSTEAM: Dr. med. Matthias Ferretti, Winterthur; Dr. med. Stefanie Gissler Wyss, Neuendorf; Dr. med. Raffael Guggenheim, Zürich; Dr. med. Irmela Heinrichs, Uster (Leitung); Dr. med. Cyril Lüdin, Muttenz; Dr. med. Nadia Sauter Oes, Winterthur; Dr. med. Martin Schmidt, Rheinfelden; Dr. med. Jürg C. Streuli, Uznach; Dr. Daniel Brandl, PhD, Geschäftsführer, Dietikon HERAUSGEBER: Kinderärzte Schweiz, Löwenstrasse 17, 8953 Dietikon ABO: 4 Ausgaben/Jahr: Fr. 48.– inkl. Porto (für Mitglieder inklusive) Spezialpreis für MPAs, Mütter- und Väterberatungsstellen sowie Nonprofit-Organisationen im Bereich Kinder- und Jugendgesundheit: Fr. 32.– inkl. Porto BILDER / ILLUSTRATIONEN: Stefan Roth, Kinderärzte Schweiz, Kantonsspital Aarau, ärzte am werk, Beatrice Kivanc, Stapferhaus, Be Nice, Schweizerische Herzstiftung, Praxis für Kinder- und Jugendmedizin Schlieren, SIGIP, KHM/Pädiatrie Schweiz/PSY, Christine Magendie, ECPCP, Parlamentarische Gruppe Kinder- und Jugendmedizin, Teilnehmende KIS Frühlingstagung 2025, pädiatrie schweiz, Vasiliki Spyropoulos, Pascal Müller, Yasmin Yahya, Anja Diethelm, kispi-wiki.ch, Luzerner Kantonsspital, Florent, Amila, Shutterstock, Leonita, Joel, Louise, Kinderherzen Zentrum für Kinderkardiologie, iStock, Bruce Blaus Blausen.com, Emelie, Alessia, Ariton, Marc Wildbolz, Adelisa, Wikimedia Commons, Alamy, Elternvereinigung für das herzkranke Kind EVHK, Mercedes Ogal, klimatopf.ch, Alexandra Goll André, Anna Bewer Silvestri, DLRFloortime, Palaysia Verlag, Thieme KORRESPONDENZ: Kinderärzte Schweiz Löwenstrasse 17, 8953 Dietikon Telefon 044 520 27 17 info@kis.ch, www.kis.ch INSERATE: Kinderärzte Schweiz, Dr. Daniel Brandl, PhD und Beatrice Kivanc, info@kis.ch GRAFIK, SATZ UND DRUCK: Vogt-Schild Druck AG, CH-4552 Derendingen Auflage: 1200 Exemplare Nächste Ausgabe: 03/2025 Redaktionsschluss: 17. Juni 2025 ISSN 2296-2549 (Print) ISSN 2673-4656 (Online) Gendergerechte Sprache: Wir achten in unserer Kommunikation auf eine moderne, gendergerechte Sprache. Das heisst, wir beziehen Frauen, Männer und nicht binäre Menschen gleichermassen in unsere Texte ein, denn Sprache beeinflusst unser Denken und Handeln. Präferenziell wird eine genderneutrale Sprache verwendet. Das Genderwörterbuch www.geschicktgendern.de dient als Inspiration, passende genderneutrale Alternativen zum generischen Maskulinum zu finden. Wenn dies nicht möglich ist, benützen wir wegen der einfachen Lesbarkeit den Doppelpunkt (z. B. Moderator:innen), um alle Geschlechter anzusprechen. In Ausnahmefällen ist die schwerfällige Beidnennung männlich/weiblich möglich; diese versuchen wir jedoch zu vermeiden.

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02 / 2025 EDITORIAL KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 5 Liebe Kolleg:innen In Vorbereitung dieses Themenheftes zum Herz wurde uns erneut bewusst, wie reichhaltig und zentral dieses Organ für unser Leben ist. Wie immer liegt der Fokus der Artikelauswahl auf dem praktischen Nutzen im pädiatrischen Alltag, etwa beim Wiederholen der wichtigsten Orientierungspunkte zur EKG-Auswertung. Hans Peter Kuen vermittelt in seinem Beitrag gezielt Kompetenzen, die über die automatisierte Befundung eines Praxis-EKGs hinausgehen und frischt dabei die vielzitierten «Red Flags» auf. Dass sich eine Myokarditis schleichend entwickeln und lange unbemerkt bleiben kann, zeigt ein eindrückliches Fallbeispiel. Die Kollegen der Zürcher Praxis «Kinderherzen» liefern dazu das relevante Hintergrundwissen und möchten das Bewusstsein für typische Symptome und die Dringlichkeit einer schnellen Diagnostik schärfen. In der heutigen digitalen Welt spielt Technologie eine zunehmend wichtige Rolle in der Gesundheitsversorgung. Daher widmet sich ein Artikel des gleichen Autorenteams dem Einsatz von Wearables zur Erkennung von Rhythmusstörungen. Diese smarten Technologien, die in der Erwachsenenkardiologie bereits etabliert sind, bieten nicht nur eine innovative Möglichkeit zur Überwachung der Herzgesundheit, sondern eröffnen auch neue Wege in der Betreuung und Interaktion mit Patient:innen. Ein immer wiederkehrendes und alltagsrelevantes Thema ist die Begleitung von Kindern, die eine Stimulanzientherapie erhalten. Aus kardiologischer Sicht ist es wichtig, die potenziellen Auswirkungen dieser Therapie auf das HerzKreislauf-System zu verstehen – gleichzeitig sollten weiterführende Untersuchungen gezielt und mit Mass eingesetzt werden. Der Artikel von Marc Wildbolz bietet wertvolle praxisnahe Informationen und klare Handlungsempfehlungen für die Praxis, die – so viel sei vorweggenommen – eher zu weniger als mehr Diagnostik führen sollten. Clarissa Gaitan Villela hat – gemeinsam mit Walter Knirsch und Marc Wildbolz – die aktuellen Empfehlungen zur Endokarditisprophylaxe kompakt und praxisnah aufbereitet. Den thematischen Bogen schliesst der Beitrag von Raffael Guggenheim, der uns das Herz aus einer ungewohnten, symbolischen Perspektive näherbringt. Die Kordiologie ist die Lehre vom Herzen als Sinnbild und Metapher. Erst durch die Auseinandersetzung mit diesen Ausdrucksformen kann man diesem faszinierenden und bewegenden Organ vielleicht gerecht werden. Vom Herz zum Bauch: Die Inhalte der hochkarätigen Vorträge der diesjährigen Online-Frühlingstagung zu verschiedenen gastroenterologischen Themen haben wir für Euch kompakt zusammengefasst, ergänzt durch Erfahrungsberichte zu spannenden Fortbildungen, einen interessanten Case Report sowie Buchempfehlungen fürs Wartezimmer oder zur persönlichen Wissensvertiefung. Euer kardiologisches Wissen könnt ihr übrigens nicht nur mit diesem Heft vertiefen, sondern auch im Rahmen der zweitägigen KIS-«Heart Academy» von Marc Wildbolz, die am 18. und 19. September 2026 stattfinden wird. Neben den fachlichen Inhalten widmet sich dieses Heft auch drängenden berufspolitischen Fragen. Unsere Arbeitsgruppe Berufspolitik zeigt in ihrem Beitrag eindrücklich auf, wie ernst die aktuelle Versorgungslage in der Praxispädiatrie geworden ist – und was wir alle konkret tun können, um sichtbar zu bleiben. Gleichzeitig setzen wir uns auf nationaler Ebene in Zusammenarbeit mit unseren Partnern weiter für faire Tarife, gesicherte Medikamentenversorgung und die Stärkung der Grundversorgung ein. Auch die internationale Vernetzung bleibt zentral: Berichte vom 5-Ländertreffen in Basel und vom ECPCP-Meeting in Lissabon zeigen, dass viele Herausforderungen länderübergreifend geteilt werden – und wie wertvoll der gemeinsame Austausch für die berufspolitische Weiterentwicklung ist. Wir wünschen allen VON HERZEN einen schönen Sommer und freuen uns auf ein Wiedersehen in Pfäffikon am 4./5.9. zur Jubiläumstagung! Für die Redaktionskommission Marc Wildbolz, Stefanie Gissler Wyss und Martin Schmidt P.S. Ein HERZLICHES Dankeschön gilt Marc Wildbolz – in diesem Abschnitt nicht als Mitautor dieses Editorials, sondern in seiner Rolle als Co-Editor des Themenhefts. Seine engagierte und kompetente Mitarbeit bei der inhaltlichen Konzeption und Umsetzung war für uns eine grosse Bereicherung. Das Herz im Mittelpunkt – medizinisch, symbolisch, politisch DR. MED. MARC WILDBOLZ CO-EDITOR, FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN MIT SCHWERPUNKT KINDERKARDIOLOGIE, KONSILIARARZT AN DER KLINIK FÜR KINDER UND JUGENDLICHE, AARAU Korrespondenzadresse: marc.wildbolz@ksa.ch DR. MED. STEFANIE GISSLER WYSS CO-EDITORIN, MITGLIED REDAKTIONSKOMMISSION, FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, NEUENDORF Korrespondenzadresse: s.gissler@hin.ch DR. MED. MARTIN SCHMIDT CO-EDITOR, MITGLIED REDAKTIONSKOMMISSION, FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, ÄRZTE AM WERK, RHEINFELDEN Korrespondenzadresse: martin.schmidt@hin.ch Die Themen der folgenden Hefte sind: News 03/2025: Jubiläumsausgabe: 30 Jahre Kinderärzte Schweiz News 04/2025: Jahrestagung News 01/2026: Body-Mind-Medizin News 02/2026: Post-Covid

Lesenswertes aus dem KIS Vorstand, unseren Arbeitsgruppen und dem Rest der Welt Pinnwand Broschüre «Endokarditisprophylaxe für Jugendliche» Die Schweizerische Herzstiftung hat eine leicht verständliche Broschüre speziell für Jugendliche mit erhöhtem Risiko für eine bakterielle Endokarditis herausgegeben. In der ansprechend gestalteten Publikation wird erklärt, was eine Endokarditis ist, wer gefährdet ist – und wie man sich schützen kann. Der Flyer eignet sich besonders zur Abgabe im Rahmen ärztlicher Gespräche mit Jugendlichen und ihren Familien. Jetzt kostenlos bestellbar oder als PDF verfügbar unter: swissheart.ch > Broschüren > Endokarditisprophylaxe Jugendliche (Text: KIS-DFB / Bild: Schweizerische Herzstiftung) KIS-Treffen der Kursleitenden in Lenzburg Am 15. Mai 2025 durften wir im inspirierenden Umfeld des Stapferhauses einen rundum gelungenen Nachmittag erleben. Die Ausstellung «Hauptsache gesund» bot nicht nur überraschende Perspektiven auf unser Gesundheitssystem – sie war auch für uns als Fachpersonen in der Pädiatrie absolut sehenswert. Im anschliessenden Workshop im Hotel Krone tauchten wir unter der Leitung von Miriam Uhlmann praxisnah in das Thema interaktive Lehr- und Lernmethoden ein: • Flipcharts kreativ nutzen • Digitale Tools gezielt einsetzen • Mehr Teilhabe und Aktivierung in Fortbildungen schaffen Kinderärzte Schweiz organisiert dieses Kursleitendentreffen alle zwei Jahre als Zeichen der Wertschätzung für den grossartigen Einsatz unserer engagierten Kursleitenden. – Vielen Dank für den lebendigen Austausch, die vielen Ideen und die Neugier auf neue Tools zur Aktivierung der Kursteilnehmenden. Wer Interesse zur Mitarbeit in unserem Kurswesen hat, sei es als Kursleiter:in, als Referent:in oder als Mitglied der Arbeitsgruppe Kurswesen, darf sich gerne bei beatrice.kivanc@kis.ch melden. (Text: KIS-DFB/HG / Fotos: Beatrice Kivanc und Nina vom Stapferhaus) «Be Nice» – Die Anti-Mobbing-Fachstelle Mobbing kann jedes Kind treffen – doch niemand muss alleine damit kämpfen. Be Nice bietet gezielte Unterstützung mit Coachings für betroffene Kinder und Jugendliche, sowie ihre Eltern. Mit bewährten Strategien hilft die Fachstelle, aus der Mobbing-Spirale auszubrechen, Selbstbewusstsein aufzubauen und es nachhaltig zu stärken. Wenn Kinder Mobbing erleben, ist JETZT der richtige Moment zu handeln, um gemeinsam einen Weg zu finden – denn Mobbing zerstört Leben! Franziska Schneider, Be Nice Anti-Mobbing-Coach, bietet kostenlose Erstgespräche an. E-Mail: franziska@be-nice.ch Tel: 077 473 84 58 (Text: Be Nice/KIS-DFB / Illustration: Be Nice) Neue Empfehlungen für die Versorgung von Pflegekindern Kinder in Pflegefamilien oder Institutionen haben oft besondere gesundheitliche Bedürfnisse. Zehn evidenzbasierte Empfehlungen zur medizinischen Betreuung dieser Kinder wurden nun unter der Leitung von Prof. Dr. med. Oskar Jenni und Dr. rer. nat. Maria Mögel erarbeitet – gemeinsam mit pädiatrie schweiz, dem KHM und weiteren Fachpersonen. Diese Empfehlungen werden durch praxisnahe Materialien ergänzt: ein wissenschaftlich fundiertes Argumentarium, ein Elternleitfaden und ein Leitfaden mit Checkliste für Grundversorger:innen. Alle Dokumente stehen unter «Hilfreiche Materialien und Infos für die Praxis», Kapitel «Entwicklungspädiatrie», auf der Website von KIS zum Download bereit. (Text: KIS-DFB / Bild: KHM/pädiatrie schweiz/PSY) Fanconipreis 2025 für Dr. med. Andreas Geiser – herzliche Gratulation! Wir gratulieren Dr. med. Andreas Geiser aus Schlieren herzlich zum Fanconipreis 2025! Die Auszeichnung, verliehen von pädiatrie schweiz anlässlich der Jahrestagung, würdigt besondere Verdienste um die Kinder- und Jugendmedizin in der Schweiz. Andreas Geiser steht seit über 25 Jahren mit grossem Engagement für eine kontinuierliche, kultursensible Grundversorgung in seiner Gemeinschaftspraxis im Raum Zürich ein. Besonders wichtig ist ihm dabei die Betreuung von Kindern mit Migrationshintergrund sowie die enge Zusammenarbeit mit Schulen und Behörden. Darüber hinaus hat er sich national einen Namen gemacht: als Mitautor des Berufsbilds für Kinder- und Jugendärzt:innen, als Mitverfasser des neuen Leitfadens für pädiatrische Praxisassistenzen sowie als engagierter Lehrarzt und Ausbildner. Seine Tätigkeit als Netzwerker, Mentor und standespolitischer Vordenker macht ihn zu einer prägenden Figur der Schweizer Pädiatrie. Ein wohlverdienter Preisträger – und ein Vorbild für die nächste Generation. (Text: KIS-CC/DFB / Bild: Praxis für Kinder- und Jugendmedizin Schlieren) SIGIP – Integrative Pädiatrie in der Praxis Die Schweizerische Interessengruppe für Integrative Pädiatrie (SIGIP) organisiert zweimal jährlich praxisnahe Fortbildungen zur komplementären Medizin. Am 13. März 2025 referierte Dr. Jacqueline Niederer-Pelzer zur Gemmotherapie bei Kindern – einer Methode mit pflanzlichen Knospenextrakten zur Behandlung akuter und chronischer Beschwerden, auch ergänzend zur Schulmedizin. Die Therapie gilt als sicher, leicht erlernbar und vielseitig einsetzbar – z.B. bei Infekten, Allergien oder Schlafproblemen. Weiterbildungen und Literatur sind online verfügbar, u.a. über spagyros.ch und aghk.ch. Nächste Fortbildung: 30.10.2025 in Olten zum Thema Integrative Kinderdermatologie. Mitgliedschaft bei SIGIP ist kostenlos – Infos unter: integrativepaediatrie@gmail.com Website: sigip.org (Text/Logo: Schweizerische Interessengruppe für Integrative Pädiatrie SIGIP / KIS-DFB)

02 / 2025 JAHRESTAGUNG KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 7 In diesem Jahr feiern wir 30 Jahre Kinderärzte Schweiz – 30 Jahre Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt:innen in der Praxis. Ein stolzes Jubiläum! KIS wurde 1995 von rund 160 pädiatrischen Visionär:innen unter dem Namen Forum für Praxispädiatrie gegründet; heute dürfen wir rund 900 Mitglieder in unseren Reihen zählen. Unsere Vorgänger:innen erkannten, dass es für die kinderärztliche Praxis bedarfsgerechte pädiatrische Fortbildungsangebote braucht. Und sie machten sich für einen Berufsverband stark, der sich für die spezifischen Anliegen der Praxispädiatrie einsetzt. Viele engagierte und kluge Akteur:innen setzten sich in den folgenden Jahren mit grossem Einsatz für die Weiterentwicklung und Modernisierung des FPP ein – seit 2011 unter dem Namen Kinderärzte Schweiz. Ihnen allen verdanken wir die heutige berufspolitische Strahlkraft von KIS. Drei Jahrzehnte Engagement und unermüdlicher Einsatz für die berufspolitischen Anliegen der Kinder- und Jugendmedizin in der Praxis – das ist die Geschichte, die wir im September 2025 während zweier Tage feiern werden. Damals vor 30 Jahren, sprich übervorgestern, war das Faxgerät eine technologische Revolution, die die Datenübermittlung zwischen Institutionen erleichterte. Heute sind diese Geräte mehrheitlich entsorgt. Wir stehen erneut an einem technologischen Wendepunkt. Die künstliche Intelligenz wird viel diskutiert. Sie ist da. Sie wird bleiben. Sie wird unseren kinderärztlichen Alltag transformieren – so viel ist klar. Doch wie und in welchem Ausmass? Wie zielführend wird KI sein, wenn es um die Entlastung von adminis- trativen Aufgaben geht? Wo kann sie bei Diagnose und Therapie sinnvoll unterstützen – und wo liegen ihre DR. MED. CAMILLA CEPPI COZZIO VORSTANDSMITGLIED KINDERÄRZTE SCHWEIZ, LEITERIN ARBEITSGRUPPE JAHRESTAGUNG, DÜBENDORF Korrespondenzadresse: c.ceppi@hin.ch 30 Jahre Kinderärzte Schweiz – Gemeinsam unterwegs in die Zukunft Grenzen? Vielen von uns fehlt die Expertise, das tiefere Verständnis um die Grundlagen und Funktionsweisen künstlicher Intelligenz. Auch stehen Fragen nach Datenschutz, nach einem sorgfältigen Umgang mit sensiblen Informationen, nach der angemessenen Nutzung und Akzeptanz in der Pädiatrie im Raum. Weil es Zeit ist, sich diesen und anderen Fragen zu stellen, rückt Professor Angerer von der ZHAW Zürich als Hauptreferent die künstliche Intelligenz ins Zentrum. Er wird über die konkreten Nutzen von Digital-HealthLösungen sprechen. Damit ihr eure Kernkompetenzen im medizinischen Fachwissen ausbauen könnt, bietet die Jubiläumstagung sage und schreibe 45 Workshops und Fachreferate. Ihr könnt euch auch dieses Jahr wieder ein individuelles, massgeschneidertes Tagungsprogramm zusammenstellen. Schliesslich gilt auch noch «work hard – party hard». Am Donnerstagabend könnt ihr Teil des Gala Dinners sein unter dem Motto «Stars, Legenden und Kultfiguren – gestern und heute». Später legt DJ Ujo den passenden Sound auf, damit wir gemeinsam mit euch den Erfolg von KIS ausgelassen feiern können. Freut euch auf ein stilvolles Dinner, gute Unterhaltung und Tanz! Ob mit Verkleidung oder ohne – Hauptsache, ihr seid dabei. Kinderärzte Schweiz ist dynamisch. Wir haben 30 Jahre voller Engagement und Entwicklung hinter uns. Und wir sind bereit für die nächsten Jahre und Jahrzehnte. Wir freuen uns, wenn wir mit euch dieses agile Mindset in Pfäffikon feiern können. ■ Fotos: Freepik.com/iStock

BERUFSPOLITIK 02 / 2025 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 8 DR. MED. STEPHAN MENZINGER FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, MITGLIED KIS ARBEITSGRUPPE BERUFSPOLITIK, RHEINFELDEN Korrespondenzadresse: s.menzinger@hin.ch DR. MED. JAN CAHLIK FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, MITGLIED KIS ARBEITSGRUPPE BERUFSPOLITIK, AFFOLTERN AM ALBIS Korrespondenzadresse: jan.cahlik@hin.ch «Damit Ihr Kind auch morgen noch eine Kinderärzt:in hat!» Unsere berufspolitische Offensive – und wie ihr jetzt mithelfen könnt • Medikamentenengpässe: Wichtige Medikamente und Impfstoffe fehlen immer wieder – mit potenziell ernsten Folgen. • Unklare Notfalltarife: Rückforderungen und Unsicherheit gefährden den kinderärztlichen Notfalldienst. • Sinkende Attraktivität: Unfaire Vergütung und Überlastung schrecken Studierende ab. 90% der Patient:innen-Anliegen können in der Grundversorgung gelöst werden – und verursachen nur 5% der Gesamtkosten im Gesundheitswesen. Was ihr konkret tun könnt Damit unsere Anliegen sichtbar werden, brauchen wir eure Mithilfe! Eure Praxis kann ein wichtiges Sprachrohr sein: ■ Hängt das Poster gut sichtbar auf ■ Verwendet das E-Mail-Banner und die automatischen Antworten ■ Gebt das Argumentarium weiter (an Eltern, Medien, Behörden) ■ Sprecht mit Entscheidungsträger:innen aus Politik, Kassen, Verwaltung ■ Teilt den Link zur Berufspolitik-Website, zum Beispiel über LinkedIn Realität statt Warnung: Der Notstand ist da Was wir seit Jahren voraussagen, ist nun eingetreten: In vielen Regionen der Schweiz ist es für Eltern nahezu unmöglich geworden, eine kinderärztliche Praxis zu finden. Die Versorgungslage ist so prekär, dass sie teils bereits zusammengebrochen ist. Gleichzeitig kämpfen viele Praxen mit Überlastung, fehlendem Nachwuchs, administrativen Hürden und schwindender Attraktivität unseres Berufs. «Ein Termin beim Kinderarzt gleicht inzwischen einem Sechser im Lotto.» Diese Krise ist kein Randphänomen – sie betrifft uns alle. Und wir sind entschlossen, nicht länger stillzuhalten. Der Werkzeugkasten für eure Praxis Unsere Arbeitsgruppe Berufspolitik hat konkrete, praxistaugliche Tools entwickelt, um öffentlich sichtbar zu machen, was in unseren Wartezimmern längst Realität ist. Unter kinderaerzteschweiz.ch/ Fuer-Mitglieder/Berufspolitik findet ihr alles zum Download – schnell einsetzbar, ohne Mehraufwand. Der Werkzeugkasten enthält unter anderem: ■ Poster für den Wartebereich «Kinderärzt:innen am Limit» – liegt diesem Heft auch in gedruckter Form bei ■ E-Mail-Banner und Autoantworten Für eure digitale Kommunikation – mit Link zur Infoseite ■ Antwortbrief an Versicherungen Freundlich, aber deutlich: Bürokratie bremst Versorgung ■ Vorlagen für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen Für Eltern und selbst Betroffene – mit Hinweis auf den unnötigen Mehraufwand ■ Argumentarium Fakten, Ursachen, Forderungen – ideal zum Weitergeben an Politik und Medien Ziel: Mit vielen kleinen Signalen ein starkes kollektives Zeichen setzen. Ursachen und Probleme – kurz erklärt Die Herausforderungen in der Praxispädiatrie sind vielfältig: • Fachkräftemangel: Über 40% der Pädiater:innen gehen bald in Pension. Nachwuchs fehlt. • Unverhältnismässige Bürokratie: Berichtsanfragen, unnötige Atteste, Doppelspurigkeiten. Kinder- und Jugendärzt:innen sind unverzichtbar! Mangelnder Nachwuchs, wachsende Bürokratie und knappe Ressourcen treiben unsere Praxen über ihre Belastungsgrenzen hinaus... Die Zukunft der medizinischen Versorgung Ihrer Kinder und Jugendlichen steht auf dem Spiel! Scannen Sie den QR-Code, um mehr zu erfahren – und helfen Sie mit! Machen Sie das Problem in Ihrem Umfeld bekannt – sprechen Sie mit Politik, Medien und Entscheidungsträger:innen. Nur gemeinsam können wir die Kinder- und Jugendmedizin retten! Es braucht Lösungen, und zwar jetzt! Kinderärzt:innen am Limit Wer kümmert sich auch morgen noch um Ihr Kind? Automatische Mailantwort – Beispiel «Bitte helfen Sie uns, damit Ihr Kind auch morgen noch eine:n Kinderärzt:in hat. Unterstützen Sie eine verstärkte Ausbildung, den Abbau unnötiger Bürokratie und den verantwortungsvollen Einsatz unserer Ressourcen.» Mehr Infos: kinderaerzteschweiz.ch/ Fuer-Mitglieder/Berufspolitik Zusammen sichtbar – gemeinsam stark Unser Verband hat bereits viele Gespräche geführt, Lösungen erarbeitet und Forderungen platziert. Doch wir spüren: Ohne Unterstützung von der Basis bleibt unsere Stimme zu leise. Lasst uns gemeinsam laut, sichtbar und solidarisch werden. Ob digitales Banner oder Aushang im Wartezimmer – jeder Beitrag zählt. Wir sind viele, und wir haben eine klare Botschaft: Die kinder- und jugendärztliche Versorgung muss gesichert werden – jetzt! Herzlichen Dank für eure Unterstützung. ■

02 / 2025 BERUFSPOLITIK KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 9 JETZT ALSO UNBEDINGT DIE MITGLIEDSCHAFT SICHERN – über die mfe-Homepage! hausaerzteschweiz.ch/ tardoc-2025/tardoc WICHTIG: Die Einführung von TARDOC ist nur der Startschuss in ein neues Tarifsystem – dieses wird kontinuierlich Anpassungen und Pflege benötigen. Das ist nur mit einer starken Vertretung der Grundversorger:innen möglich! Bürokratie – Laboranalysen Hinter den Kulissen sind wir an vielen Fronten aktiv. Ein aktuelles Beispiel für unseren Einsatz gegen überbordende Bürokratie ist die verhinderte Änderung bei den Laboranalysen. Es sollte neu möglich sein, dass jedes Labor mit jeder Krankenkasse eigene Verträge verhandeln muss. Das hätte zur Folge gehabt, dass Praxen ihre Laborverträge je nach Krankenkasse patientenindividuell anpassen müssten – etwa: für Patient:innen der Kasse «X» Analysen bei Labor «A», für Kasse «Y» bei Labor «B». Das hätte enormen Aufwand und zusätzliche Kosten für neue Verträge, Schnittstellen, Information der Patient:innen und mehr bedeutet. Derzeit handelt es sich noch um einen Kommissionsentscheid. Da keine Minderheitsanträge vorliegen, besteht jedoch Hoffnung, dass dieses Thema vom Tisch ist. Kinder ohne Tabak Ein Dauerbrenner – um nicht zu sagen ein Trauerspiel – ist die Umsetzung der Initiative «Kinder ohne Tabak». Wir kämpfen weiter, auch wenn es oft ein Kampf gegen Windmühlen ist. Klare Niederlagen zeichnen sich ab bei Werbeverboten in Printmedien, bei Degustationen und Promotionen durch mobiles Verkaufspersonal. All dies soll weiterhin erlaubt bleiben, sofern es sich angeblich «ausschliesslich an Erwachsene» richtet. Wir hätten hier ein klares Verbot begrüsst – ganz im Sinne der Initiative. Ein kleiner Erfolg zeichnet sich jedoch bei den neuen Vaping-Produkten ab. Ein Verbot von elektronischen Einwegzigaretten ist auf gutem Weg – wenn auch eher aus Gründen des Umweltschutzes als im Sinne des Jugendschutzes. ■ «Genehmigung des neuen Tarifstrukturpakets – endlich: TARDOC kommt per 1. Januar 2026» Am 30. April 2025 hat der Bundesrat endlich den neuen Tarif – TARDOC und ambulante Pauschalen – genehmigt. Ab dem 1. Januar 2026 starten wir definitiv mit der neuen TARDOC-Abrechnung in den Praxen. Doch bereits in den letzten Wochen wurde weiter intensiv am neuen Tarif gearbeitet. Bis Ende April wurden Anträge zur Weiterentwicklung des neuen Tarifs bei der OAAT AG (Organisation ambulante Arzttarife) eingereicht – koordiniert durch die FMH, um die Interessen aller Ärzt:innen zu bündeln. Diese Anträge zielen auf konkrete Anpassungen ab, die das ambulante Tarifsystem künftig verbessern sollen. Die aktuellen Eingaben sollen ab dem Jahr 2027 gelten, müssen jedoch tarifpartnerschaftlich innerhalb der OAAT AG genehmigt werden. Solche Anträge zur Verbesserung und Weiterentwicklung werden künftig jährlich möglich sein. 2025: Die Pädiatrie im Fokus Ein wichtiger Beitrag von mfe als pädiatrischer Tarifpartner ist die Schaffung von Strukturen zur aktiven Tarifpflege. Besonders hervorzuheben ist: Im Jahr 2025 wird innerhalb der OAAT AG ein spezifischer Entwicklungsschwerpunkt unter anderem auf die Pädiatrie gelegt. Ziel ist es, die Besonderheiten der Kindermedizin künftig besser im Tarif abzubilden. mfe ist somit in einer starken Position, um eigene Inputs direkt einzubringen. Pilotversuch TARDOC–TARMED: Start steht bevor Der von der FMH geplante Pilotversuch TARDOC–TARMED steht kurz bevor. Dieser soll konkrete Zahlen liefern, inwieweit TARMED in TARDOC überführt werden kann. TARDOC soll insbesondere die Grundversorgung – und damit auch die Pädiatrie – stärken. Bisher basierten die Einschätzungen auf Hochrechnungen; Anwendungsdaten fehlen bislang – genau diese soll der Pilotversuch liefern. Die Vorbereitungen laufen, und bald werden die Praxen, die sich als potenzielle Teilnehmende gemeldet haben, direkt von der FMH informiert. Ein herzliches Dankeschön an alle, die sich gemeldet haben. Jetzt für praxisnahe TARDOC-Schulungen anmelden mfe bereitet derzeit praxisorientierte Schulungen vor, insbesondere für die Praxispädiatrie. Die Anmeldung für die Kurse ist bereits möglich. Sowohl die Kurse als auch weiterführende Q&A-Angebote sind für mfe-Mitglieder kostenlos. DR. MED. STEFAN ROTH VORSTANDSMITGLIED MFE, ZUSTÄNDIGKEIT PÄDIATRIE, VORSTANDSMITGLIED KINDERÄRZTE SCHWEIZ, LIEBEFELD Korrespondenzadresse: stefan.roth@ hausaerzteschweiz.ch DR. MED. DANIELA BERGER VORSTANDSMITGLIED MFE, ZUSTÄNDIGKEIT TARIFE UND PÄDIATRIE, ZÜRICH Korrespondenzadresse: daniela.berger@ hausaerzteschweiz.ch

VERNETZUNG 02 / 2025 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 10 «5-Ländertreffen» deutschsprachiger Praxispädiater:innen vom 2.–4. Mai 2025 in Basel – organisiert von KIS Achtes 5-Ländertreffen der Berufsverbände der Kinder- und Jugendärzt:innen in der Praxis in Basel de betonten die schwierigen Rahmenbedingungen bei der Betreuung adipöser Kinder. Eine anlässlich des Treffens gemeinsam verfasste Resolution fordert ein Verbot von Werbung für ungesunde Kinderlebensmittel sowie eine höhere Besteuerung stark zuckerhaltiger Produkte. Ein weiteres Thema war der Hitzeschutz an Schulen – durch den Klimawandel zunehmend relevant. Marc Sidler berichtete dazu von einem Vorstoss in den beiden Basel. Nicht nur die Schulen, auch wir Kinderärzt:innen werden uns künftig intensiver mit diesem Thema befassen müssen. In einem nächsten Themenblock wurden neue Modelle in der Grundversorgung diskutiert. Bernhard Jochum (ÖGKJ) stellte hierzu das österreichische Modell der «Primärversorgungseinheiten» (PVE) vor – ein innovativer Ansatz zur Vermeidung von Versorgungsengpässen in Kassenpraxen. Susanne Bauer (Kinder- und Jugendpsychiaterin) gab als Gastreferentin einen Überblick über die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Österreich und stellte aktuelle Studien vor. Auch der persönliche Austausch kam anlässlich des gemeinsamen Abendessens, begleitet von einer Führung durch den Botanischen Garten und die Altstadt, nicht zu kurz. Zwei langjährige Teilnehmerinnen aus der Schweiz – Helena Gerritsma Schirlo und Heidi Zinggeler Fuhrer – wurden nach dem Ende ihrer Funktionsperioden herzlich verabschiedet. Marc Sidler moderierte die Tagung. Alle Teilnehmenden haben sich im schönen Basel wohlgefühlt und bedankten sich für unsere Organisation. Das «5-Ländertreffen» bleibt ein wichtiges Forum für den kollegialen Austausch zwischen den Grundversorger:innen der Pädiatrie. Es soll bewusst im kleinen Rahmen stattfinden, um fokussiert und effizient aktuelle Probleme zu diskutieren und bei Bedarf durch Resolutionen Verbesserungen anzustossen. Die nächste Tagung wird von der ÖGKJ veranstaltet und Ende April/Anfang Mai 2026 stattfinden. ■ Gekürzte und angepasste Version eines Originalartikels von MR Dr. Bernhard Jochum (Österreich), veröffentlicht in der Monatszeitschrift Kinderheilkunde. Ihren Ursprung nahm diese jährliche Zusammenkunft 2017 in Zürich. Seither folgten weitere Begegnungen: 2018 in München und Linz, 2019 in Wien, 2022 in Villeneuve-lès-Avignon, 2023 in Bozen und 2024 in Köln. Ziel ist der fachliche Austausch über nationale Gegebenheiten und gemeinsame gesundheitspolitische Anliegen. In Basel tauschten sich Vertreter:innen des deutschen Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt:innen (BVKJ), der Association Française de Pédiatrie Ambulatoire (AFPA), von Kinderärzte Schweiz (KIS), der ÖGKJ (Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Kinderheilkunde) und «Kinderärzt:innen freier Wahl» (Südtirol) zu aktuellen Themen aus ihrem pädiatrischen Alltag aus. Das praxisorientierte Programm verdeutlichte einmal mehr, wie ähnlich die Herausforderungen sind – trotz teils unterschiedlicher Gesundheitssysteme. Nach der Begrüssung durch Marc Sidler berichtete Sandra Burri (KIS) über erste Erfahrungen mit der RSV-Immunisierung in der Schweiz. Andreas Werner (AFPA) stellte Zahlen aus Frankreich vor, wo Nirsevimab bereits 2023/2024 erfolgreich eingeführt worden war – man geht von einer Immunisierungsrate von 85% der betroffenen Säuglinge aus. Unter Marc Sidlers Moderation wurden die Resultate der vor einem Jahr verabschiedeten Resolution zur Reduktion von Plastikmüll bei Impfstoffverpackungen diskutiert (siehe KIS News 02/2024, S. 12–13). Die Problematik scheint der Industrie ein Anliegen zu sein – so werden mittlerweile etwa in Deutschland und der Schweiz Impfstoffe vermehrt in 10-erPackungen in Karton ausgeliefert. In der Schweiz wird die Thematik im Parlament behandelt. Clemens Gumpenberger (ÖGKJ) präsentierte das österreichische Adipositas-Präventionsprogramm «easy Kids». Helena Gerritsma Schirlo (KIS) stellte das Programm «MSIT – Mach dich fit!» für Jugendliche mit Übergewicht vor. BeiDR. MED. MARC SIDLER PRÄSIDENT KINDERÄRZTE SCHWEIZ, BINNINGEN Korrespondenzadresse: marc.sidler@hin.ch Hintere Reihe (v. l. n. r.): Helena Gerritsma Schirlo (CH), Christine Magendie (F), Yvonne Leitner (I), Andreas Werner (F), Michael Hubmann (D), Bernhard Jochum (A), Heidi Zinggeler Fuhrer (CH), Clemens Gumpenberger (A). Vordere Reihe (v. l. n. r.): Sandra Burri (CH), Marc Sidler (CH), Wilhelm Sedlak (A), Patrick Muzzolini (D). Foto: Christine Magendie

02 / 2025 VERNETZUNG KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 11 26. ECPCP Meeting Lissabon Treffen der europäischen pädiatrischen Grundversorger:innen ■ Research: Versorgungsforschung wurde intensiv diskutiert – samt Herausforderungen wie Finanzierung und Publikationsbarrieren. Trotz Hürden gelangen der ECPCP in der Vergangenheit relevante Studien wie z. B. jene zur Otitis-media-Versorgung in Europa (Global Pediatrics, 2023)5. Auch der persönliche Austausch war bereichernd – sei es bei den gemeinsamen Essen, beim Fado-Abend in der Altstadt, der mit seinem melancholischen, gefühlvollen Klang die portugiesische Seele spürbar machte, oder bei der Besichtigung eines Gesundheitszentrums, organisiert von unseren engagierten portugiesischen Kolleg:innen. Wir nehmen viele Anregungen für unsere Verbandsarbeit mit – und die Erkenntnis, dass wir in der Schweiz in vielem privilegiert sind: (noch) keine Zweiklassenmedizin, Gestaltungsspielräume und persönliche Freiheiten. Diese gilt es zu bewahren – bei aller Wachsamkeit gegenüber Fehlentwicklungen. Ein inspirierendes Treffen, das den Wert des internationalen Austauschs unterstreicht – auch künftig wird sich Kinderärzte Schweiz aktiv einbringen. ■ QUELLEN 1 https://www.euro.who.int/en/countries 2 https://www.ecpcp.eu/about-us 3 The past and the future of paediatric primary care, Reali et al., Global Pediatrics 2024https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2667009724000861 4 https://www.reuters.com/business/healthcare-pharmaceuticals/gsk-abandons-diversity-targets-following-trump-pressure-2025-02-27/ 5 Acute otitis media management: A survey of European primary care paediatricians, Global Pediatrics, 2023, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2667009723000234 Vom 9. bis 10. Mai 2025 fand in Lissabon das 26. Treffen der ECPCP (European Confederation of Primary Care Pediatricians) statt – ein kollegiales Wiedersehen von Kinderärzt:innen in der Praxis aus ganz Europa. Kinderärzte Schweiz ist seit 2024 Mitglied der ECPCP und war mit zwei Delegierten (Marc Sidler, Helena Gerritsma Schirlo) vertreten – neben pädiatrie schweiz (Mario Schumacher, Christoph Bornhöft). Die 2009 gegründete ECPCP vereint 23 pädiatrische Organisationen aus 19 Ländern innerhalb der WHO-Europa-Region1 und vertritt mehr als 25 000 Grundversorger:innen2. Ihr Ziel: eine qualitativ hochwertige, flächendeckende pädiatrische Grundversorgung3. Der erste Teil des Treffens, organisiert von der gastgebenden portugiesischen Gesellschaft für ambulante Pädiatrie, widmete sich aktuellen Themen wie künstlicher Intelligenz in der Medizin und sozialen Medien in der Adoleszenz – «hot topics», die auch uns in der Schweiz beschäftigen. Es folgten Einblicke in nationale Entwicklungen: z. B. Einführung der RSV-Immunisierung und der MenB-Impfung (Bexsero), das vorläufige Scheitern eines Praxisassistenzprogramms in Israel, ein finnisches Gesetz zur Unterstützung junger Menschen (<23 Jahren) mit psychischen Problemen mit einer maximalen Wartezeit von einem Monat und die Einführung einer POCUS-Weiterbildung in Ungarn. In parallelen Workshops arbeiteten die vier ECPCP- Arbeitsgruppen weiter: ■ Education: Die deutsche EPA-App (Entrustable Professional Activities) wurde vorgestellt – eine interessante Lösung, wenngleich in der Schweiz andere Tools zur Diskussion stehen. Die Rückmeldungen zur EPA-Anwendbarkeit in der Grundversorgung waren positiv, kleinere sprachliche Anpassungen folgen. Choosing-Wisely-Empfehlungen sind bislang wenig bekannt; ECPCP prüft derzeit die Entwicklung einer eigenen Liste. ■ Environmental Health: Es entsteht ein gemeinsames Statement zu Kindergesundheit im Kontext des Klimawandels. ■ Vaccination and Prevention: Ein Positionspapier fordert pharmazeutische Unternehmen zur Verpflichtung auf DEI-Programme (Diversity, Equity, Inclusion). Dieses wurde in der General Assembly einstimmig verabschiedet – ein wichtiges Zeichen angesichts jüngster Entwicklungen wie dem Rückzug von GSK aus DEI-Initiativen in den USA auf politischen Druck von Präsident Trump4. DR. MED. HELENA GERRITSMA SCHIRLO VORSTANDSMITGLIED KINDERÄRZTE SCHWEIZ, AARAU Korrespondenzadresse: helena.gerritsma@hin.ch DR. MED. MARC SIDLER PRÄSIDENT KINDERÄRZTE SCHWEIZ, BINNINGEN Korrespondenzadresse: marc.sidler@hin.ch Abb. ECPCP-Delegierte – 26th ECPCP Meeting Lisbon Foto: ECPCP

VERBANDSZIELE UND DEREN ERREICHUNG 02 / 2025 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 12 Politisches Engagement für Kinder- und Jugendmedizin: Jahresbericht der Expert:innengruppe 2024 Jugendmedizin zäh. Die Bundesrätin verweist auf die Tarifpartner, Fortschritte beim TARDOC bleiben ungewiss. Eine Arbeitsgruppe prüft nun die Lancierung einer eidgenössischen Volksinitiative als möglichen nächsten Schritt. Psychische Gesundheit & Fachkräftemangel: Neue Plattformen Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen war auch 2024 Thema auf verschiedenen politischen und fachlichen Ebenen. Die Integration in die neue «Agenda Grundversorgung» des BAG soll künftig eine stärkere Verankerung und Gewichtung ermöglichen. Mitglieder der Expert:innengruppe sind in mehreren Arbeitsfeldern aktiv eingebunden. IV & MiGeL: Fortschritt bleibt schleppend Die Zusammenarbeit mit dem BSV zur Überarbeitung der MiGeL verlief enttäuschend. Obwohl die Verwaltung eine flexiblere Handhabung in Aussicht stellte, bleibt die Umsetzung aus. Die Expert:innengruppe fordert u. a. eine Mehrbedarfsklausel für Kinder sowie regelmässige Konsultationen mit pädiatrischen Fachgesellschaften. Kinder in Nothilfe: Politisches Zeichen gesetzt Die unhaltbaren Bedingungen für Kinder in Nothilfestrukturen haben die Gruppe veranlasst, eine Interpellation im Ständerat vorzuschlagen. Diese wurde von Ständerätin Franziska Roth eingereicht und thematisiert gravierende Defizite in Unterbringung, Gesundheitsversorgung und Bildung. Dringlichkeits- und Notfallpauschalen: Rechtsunsicherheit entschärft Zwei Bundesgerichtsurteile gefährdeten 2024 die finanzielle Grundlage von Kinder-Permanencen. Infolge intensiver Medienberichterstattung und politischer Interventionen gelang eine Einigung zwischen FMH und dem neuen Versicherungsverband prio.swiss: Künftig wird kein Unterschied mehr zwischen angestellten und selbstständigen Notfallärzt:innen gemacht – eine wichtige Weichenstellung. Ausblick 2025: Breite Weiterarbeit geplant Die Gruppe arbeitet 2025 an der Umsetzung zentraler Massnahmen zur Sicherung der Versorgung: etwa durch die Beteiligung an der Agenda Grundversorgung, die Fortführung der Medikationsliste, die Begleitung der Notfalltarife und die vertiefte Prüfung einer Volksinitiative zur Kinder- und Jugendmedizin. ■ Seit 2018 engagiert sich die Expert:innengruppe Kinder- und Jugendmedizin für nachhaltige Lösungen zu strukturellen Problemen in der Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen. Das Gremium bringt Politiker:innen unterschiedlicher Couleur mit Fachpersonen aus Pädiatrie, Psychiatrie, Pflege und Politikberatung an einen Tisch. Kinderärzte Schweiz ist seit 2022 aktives Mitglied. Den vollständigen Bericht stellt die Geschäftsstelle auf Anfrage zur Verfügung (daniel.brandl@kis.ch). Fokus 2024: Versorgung sichern, Engpässe entschärfen, Politik aktivieren Zentrale Ziele 2024 waren die Verbesserung der Versorgungssituation, insbesondere im ambulanten Bereich, sowie die gezielte Bearbeitung politischer und regulatorischer Hürden in der Medikamentenversorgung, Tarifierung, psychischen Gesundheit und Nachwuchsförderung. Ein besonderer Meilenstein war das direkte Gespräch mit Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider. Der Dialog auf höchster Ebene bot die Gelegenheit, die zentralen Anliegen der Expert:innengruppe persönlich zu platzieren und politische Unterstützung einzufordern. Die Resonanz war positiv: Die Bundesrätin zeigte sich offen, Handlungsbedarf anzuerkennen und Massnahmen weiterzuverfolgen. Für die Kinder- und Jugendmedizin war dieses Treffen ein wichtiges Signal der Wertschätzung und politischen Relevanz. Versorgungsengpässe bei Medikamenten: Durchbruch erzielt An einem hochkarätig besetzten Parlamentstreffen im Mai 2024 standen die Engpässe bei Kinderarzneimitteln im Fokus. Drei Fachreferate beleuchteten Ursachen, rechtliche Hürden und wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Im Anschluss wurden in Gesprächen mit BAG, Swissmedic, Kantonsapothekervereinigung und dem Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung konkrete Lösungen entwickelt. Diese beinhalten vereinfachte Importregelungen, definierte Listen relevanter Arzneimittel und gelockerte Lagerhaltungsregeln. Die Umsetzung soll ab Mitte 2025 erfolgen. Tarifanpassungen und Kostendeckung bleiben kritisch Trotz politischer Vorstösse – etwa der Motion 19.4120 – bleibt die Umsetzung einer kostendeckenden Finanzierung von ambulanter und stationärer Kinder- und DR. MED. MARC SIDLER PRÄSIDENT KINDERÄRZTE SCHWEIZ, BINNINGEN Korrespondenzadresse: marc.sidler@hin.ch

02 / 2025 FRÜHLINGSTAGUNG KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 13 KIS Online-Frühlingstagung vom 20. März 2025 Sonnenschein, strahlend blauer Himmel und erste Blüten – die Frühlingstagung machte ihrem Namen dieses Jahr alle Ehre! Trotz des schönen Wetters hatten sich 63 MPAs und 265 Pädiater:innen vor den Bildschirmen eingefunden, um an der 5. Austragung dieses Formates teilzunehmen. Das Programm versprach Interessantes und Praxisrelevantes «aus dem Bauch». Den Beginn machte PD Dr. med. Corinne Légeret mit ihrem Referat über funktionelle Bauchschmerzen. Sie unterstrich in ihrer klaren und umfassenden Übersicht des Themas die Wichtigkeit einer guten Aufklärung inklusive richtigem Wording und dem kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansatz in der Betreuung Betroffener, um einen möglichst positiven Umgang mit den Bauchschmerzen zu erreichen. Frau Dr. med. Vasiliki Spyropoulou widmete sich in ihrem rasanten Vortrag einem in der Pädiatrie eher stiefmütterlich behandelten Organ: der Leber. Dank spannender Fallbeispiele und übersichtlicher Abklärungsalgorithmen wissen wir nun, was bei Transaminasenerhöhungen zu tun und zu lassen ist und wie still die Leber leidet, wenn sie krank ist. Das Referat von Dr. med. Pascal Müller drehte sich um das sehr alltägliche Thema der Obstipation. Eindrücklich vermittelte er, wie deutlich die Lebensqualität dieser Kinder und ihrer ganzen Familien eingeschränkt ist und wie gross daher unsere Motivation sein sollte, diese Patienten gut zu begleiten. Zum Schluss zeigte uns Dr. med. Johannes Spalinger, dass auch bei einem altbekannten Thema wie dem gastroösophagealen Reflux neue und überraschende Aspekte möglich sind und wir unsere gewohnten Diagnose- und Therapie-«Reflexe» anpassen müssen. Insgesamt ein bunter Frühlingsstrauss an pädiatrischem Wissen – vielen Dank allen Referierenden. Danke auch an alle, die Fotos zum Wettbewerb eingesandt haben: So schön kann Fortbildung sein! ■ DR. MED. NADIA SAUTER OES MITGLIED REDAKTIONSKOMMISSION, WINTERTHUR Korrespondenzadresse: nadia.sauter@oes.ch

FRÜHLINGSTAGUNG 02 / 2025 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 14 Ärzt:innen & MPA Referat 1: Funktionelle Magen-Darm-Beschwerden Funktionelle Magen-Darm-Beschwerden – wenn es auf den Bauch schlägt Corinne Légeret führt uns im ersten Vortrag durch den Magen-Darm-Trakt und seine vielfältigen funktionellen Beschwerden. Immer mehr wird unser Mikrobiom (rund ein Kilogramm Bakterien in unserem Darm, 800–1000 verschiedene Bakterienarten) erforscht und dessen Einfluss auf unser Befinden über den Weg der «Gut-Brain-Achse», die direkte Verbindung des Hirnstammes/Rückenmarks mit dem Magen-Darm-Trakt. Bei einer ungünstigen bakteriellen Zusammensetzung können proentzündliche Zytokine zu diversen Symptomen in unserem Körper führen. Die Definition der funktionellen Bauchschmerzen ist mit den ROM-IV-Kriterien festgelegt. Grundsätzlich sind es Beschwerden im Magen-Darm-Trakt (z. B. Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall), die immer wieder auftreten, ohne dass sie durch eine organische Erkrankung erklärt werden können. Die diagnostischen Kriterien müssen mindestens 4 Mal pro Monat, seit mind. 2 Monaten erfüllt sein (s. Bild 1). Funktionelle Magen-Darm-Beschwerden sind häufig. Sie stellen einen der häufigsten Gründe für die Vorstellung in unseren Praxen dar. Jedes 3. Schulkind ist in verschiedener Ausprägung einmal davon betroffen! Die normalen Abklärungsbefunde stehen in Diskrepanz zur belastenden Situation, die die Familie mit dem leidenden Kind erlebt. Corinne Légeret betont, dass die Diagnostik bewusst und gezielt eingesetzt werden soll: Die wichtigste Therapie schliesslich ist das gute Aufklärungsgespräch. Hier kann das bio-psycho-soziale Erklärungsmodell der Entstehung der funktionellen Beschwerden hilfreich sein. Verschiedene Hilfsmaterialien stehen zur Verfügung (z. B. auf der Website meinebauchstelle.com mit hilfreichen Filmen, Informationen in Kinder-, Jugendlichen- und Eltern-Kapiteln, Symp- tomtagebüchern zum Download etc.; sowie auf der Webseite der Deutschen pädiatrischen Gesellschaft für Gastroenterologie, gpge.eu/infos-betroffene). Bei den therapeutischen Massnahmen steht die Stuhlregulation an erster Stelle (z. B. Flohsamen, Macrogolum, evtl. Desimpaktion mit hohen Dosen initial). Der kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansatz mit verschiedenen Massnahmen zur Entspannung und Ablenkung hilft, dem Teufelskreis der chronischen Schmerzen zu entkommen, und wirkt nachhaltig. Auch die Ernährung soll besprochen werden, wobei hier eine gesunde, ausgewogene Ernährung empfohlen wird, nach den neuesten Richtlinien ¾ pflanzlich und knapp ¼ tierisch (DGE-Ernährungskreis dge.de ➝ Gesunde Ernährung). Die sogenannte FODMAP-Diät kann sich positiv auswirken, da sie der Gasbildung entgegenwirkt. Zu beachten ist aber, dass jegliche Diätempfehlung gerade bei Jugendlichen zu einer ungesunden Fixierung auf das Thema Ernährung führen kann (Orthorexia nervosa). In der medikamentösen Therapie der funktionellen Bauchschmerzen haben klassische Schmerzmittel keine Empfehlung. Eher wirksam sind Spasmolytica (z. B. Butylscopolamin, Buscopan®). Phytopharmaka mit Pfefferminz- & Kümmelöl (Carmenthin®) wirken entblähend und entspannend. Pfefferminzöl (Colpermin®) wirkt spasmolytisch durch Blockade der Ca 2+-Kanäle der glatten Muskulatur und regulieren die Peristaltik. Auch wenn Probiotika (z. B. L. reuteri) in der Therapie vielversprechend tönen, ist die Wirkung gemäss den wenigen Studien bei Kindern bisher nur gering. Dasselbe gilt für functional food, d. h. mit Probiotika angereicherte Nahrungsmittel. Wer sich noch vertieft mit dem Thema beschäftigen möchte, dem sei das praxisnahe Buch von Corinne Légeret und Margarete Bolten empfohlen – mit vielen Materialien und Therapieschemata (mit Online-Zugang). ■ Funktionelle Magen-Darm-Störungen im Kindes- und Jugendalter, Ein Praxismanual, Margarete Bolten und Corinne Légeret, Springer Verlag, 978-3-662-64252-8 (ISBN) REFERENTIN: PD DR. MED. CORINNE LÉGERET FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, LEITENDE ÄRZTIN PÄDIATRISCHE GASTROENTEROLOGIE UKBB AUTORIN: DR. MED. STEFANIE GISSLER WYSS FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, MITGLIED REDAKTIONSKOMMISSION, NEUENDORF Korrespondenzadresse: s.gissler@hin.ch ■ Sorgfältige Anamnese (auch Ernährung, Reisen, Familienanamnese, psychosoziale Auslöser, Einschätzung der Ursache durch Patient/Familie) ■ Klinische Untersuchung (Analinspektion/ev. Rektalpalpation) ■ Basislabor gemäss S3-Leitlinien: BB, CRP oder BSR, Lipase, ALAT, yGT, IgA, tTG-IgA, TSH, Krea, BZ, Urinstatus, Stuhl: Protozoen, Calprotektin ■ Red flags, die auf andere Ursachen hinweisen, sind: • FA für Inflammatory Bowel Disease (IBD), Zöliakie oder peptisches Ulkus • persistierende Schmerzen im rechten Ober- oder Unterbauch • Dysphagie • persistierendes Erbrechen • GI-Blutverlust • nächtliche Diarrhoe • Arthritis • perirektale Erkrankung • ungewollter Gewichtsverlust • Abfall der Wachstumskurve • verzögerte Pubertät • unerklärtes Fieber Apparative Untersuchungen können weitere Krankheiten ausschliessen, wobei eine Überdiagnostik vermieden werden soll. Über die Rolle des Ultraschalls bei unspezifischen Bauchschmerzen gibt es verschiedene Ansichten (unnötig oder beruhigend?), wie auch in der anschliessenden Fragerunde erkennbar wird. Bild 1 Quelle: pädiatrie schweiz

02 / 2025 FRÜHLINGSTAGUNG KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 15 Ärzt:innen & MPA Referat 2: Pädiatrische Erkrankungen der Leber Die Leber leidet leise: Pädiatrische Lebererkrankungen frühzeitig erkennen – Wann zuweisen? Nach einer kurzen Pause startete der interaktive, sehr pragmatische Vortrag von Vasiliki Spyropoulou. Lebererkrankungen in der Pädiatrie verlaufen zunächst häufig asymptomatisch. Bei einem zufälligen Laborbefund mit einer Transaminasenerhöhung ist eine Nachkontrolle je nach Höhe der Werte und nach klinischem Bild indiziert. 1. Altersentsprechende Normwerte und Höhe der Transaminasen beachten 2. Anamnese: Hinweise auf Ikterus, Müdigkeit, Medikamente, Familienanamnese 3. Status: Gewicht, Grösse, Fieber, Hautkolorik, Skleren, Hepatosplenomegalie, Aszites, neurologischer Status, Dysmorphiezeichen Normwerte ALT (IU/l) REFERENTIN: DR. MED. VASILIKI SPYROPOULOU FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, SCHWERPUNKT PÄDIATRISCHE GASTROENTEROLOGIE, HEPATOLOGIE UND ERNÄHRUNG, OBERÄRZTIN PÄDIATRISCHE GASTROENTEROLOGIE, HEPATOLOGIE UND ERNÄHRUNG, UNIVERSITÄTSKINDERSPITAL ZÜRICH AUTORIN: DR. MED. IRMELA HEINRICHS FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, LEITERIN REDAKTIONSKOMMISSION, USTER Korrespondenzadresse: iheinrichs@hin.ch Bei Neugeborenen sind kongenitale Erkrankungen wie CMV sowie genetische Syndrome wichtig: Gallengangsatresie, Alagille-Syndrom, Cystische Fibrose, Alpha-1- Antitrypsinmangel sind auszuschliessen. Typischerweise sind die Kinder oft sehr krank und weisen meist eine Hepatosplenomegalie auf. Bei Jugendlichen sollte man an virale Ursachen denken, aber auch an Intoxikationen oder Autoimmunhepatitiden, Alpha-1-Antitrypsinmangel, Stoffwechselerkrankungen wie zum Beispiel Morbus Wilson und Fettleber bei Adipositas. Die Transaminasen nach Epstein-Barr-Virusinfektion sind nachzukontrollieren bis auf Normalniveau, um keine Autoimmunhepatitis zu übersehen. Im zweiten Teil folgten noch ein paar eingängige Fallbeispiele: ■ 9-jähriges Kind, bisher gesund, nach Bauchtrauma erhöhte Transaminasen, die nach drei Monaten bei der Nachkontrolle in der Kinderarztpraxis immer noch erhöht waren. In der daraufhin umfassenden Diagnostik war die CK stark erhöht, sodass die Diagnose Becker Muskeldystrophie gestellt wurde. ■ 8-jähriges Kind, gesund, mit leichtem Sklerenikterus, im Labor erhöhte Transaminasen und erhöhte Bilirubinwerte. Es zeigte sich in der weiteren Diagnostik eine Hepatitis mit Cholestase und Leberfunktionsstörung. Durch die Leberbiopsie wurde eine Autoimmunhepatitis Typ 1 diagnostiziert. Bereits nach 5 Tagen Therapie war die Leberfunktionsstörung normalisiert. Ohne Therapie kommt es, so die Antwort auf eine Frage aus dem Chat, zu einer Leberzirrhose. ■ 12-jähriger Jugendlicher, gesund, die Abklärung erfolgte im Rahmen einer ADHS-Diagnostik und es zeigte sich eine Fettleber. Die Nomenklatur ist neu: Die ehemals sogenannte nichtalkoholische Fettleber wird seit 2023 bezeichnet als MASLD: metabolic dysfunction- associated steatotic liver disease. Es ist eine unterschätzte Gefahr durch schlechte Ernährungsgewohnheiten. Weltweit wird von einer Prävalenz von 10–20% der Kinder ausgegangen. Bei adipösen Kindern sollten daher die Transaminasen gemessen und eine Bildgebung der Leber durchgeführt werden. Die Therapie besteht aus Ernährungsumstellung und körperlicher Aktivität. Eine medikamentöse Therapie existiert nicht, aber die Leber leidet leise. ■ Als Stufendiagnose wird empfohlen: Labordiagnostik inklusive Blutbild, Thrombozyten, Retikulozyten, CRP, Glucose, Elektrolyte, Nierenwerte, Bilirubin gesamt und direkt, alkalische Phosphatase, Haptoglobin und CK sowie Quick, INR, PTT und Albumin als Indiz für die Leberfunktion. Zudem sollte eine Abdomensonografie durchgeführt werden. Die Ursachen für erhöhte Transaminasen sind je nach Alter sehr verschieden. Die Leber leidet leise/ V. Spyropoulou / 5. KIS Frühlingstagung / 20.03.2025 27 Algorithmus (empfohlen) ALAT/ASAT Anamnese und Status Notfall Vorstellung zur weiteren Abklärung/ Therapie Red Flags?? Gedeihstörung, reduzierter AZ, Ikterus, HSM, Leberfunktionsstörung Zeichen- FA positive für Autoimmun- oder Lebererkrankungen JA! NEIN Kontrolle in 1-2 Wochen: ASAT, ALAT, GGT, Bili ges+dir, CK, LDH, Protein, Albumin, BB, Quick/INR + US Abdomen bis 2-5x der oberen Normgrenze >> 5x der oberen Normgrenze Kontrolle in 48-72 Stunden: ASAT, ALAT, GGT, Bili ges+dir, CK, LDH, Protein, Albumin, BB, Quick/INR + US Abdomen Normal oder fast normalisiert Kontrollein 3 Monaten ALAT/ASAT Gerinnungsstörung/Albumin Notfall Vorstellung Normal GGT oder erhöht BMI?→Gewichtsabnahme und Ko in 3-6 Mon CK erhöht Stopp Sport + Ko in 1 Woche LDH, indirektes Bili erhöht Hämatol. Ursache Hepatologische Abklärung Grafik: Dr. med. Vasiliki Spyropoulo 0–18 Monate >18 Monate 12–17 Jahre Jungen 60 40 25.8 Mädchen 55 35 22.1 leicht erhöht: 2–5-fach der oberen Normgrenze stark erhöht :>10-fach der oberen Normgrenze Algorithmus (empfohlen)

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