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Bakterien, wie Bi dobakterien und
Lactobazillen und eine geringere
Anzahl an Bacteroides, Clostri-
dien, Enterobakterien und Sta-
phylokokken als bei nicht-gestill-
ten
Kindern
gekennzeichnet.
Stillen hat eine protektiveWirkung
gegen eine Vielzahl von Erkran-
kungen, wie zum Beispiel infekti-
öser Diarrhoe oder Otitis media.
[16] Eine Meta-Analyse zeigt ein
reduziertes Langzeitrisiko bei
gestillten Kindern für die Entwick-
lung von Bluthochdruck, erhöhten
Cholesterinwerten, Diabetes mel-
litus Typ 2, Adipositas und Lern-
schwierigkeiten. [17]
Inwieweit die Unterschiede in der
Darmmikrobiota dabei eine Rolle spielen ist
noch nicht genau geklärt.
Mit der Einführung von Beikost im Alter von
4–6 Monaten nimmt die Anzahl und Vielfalt
der Mikroben deutlich zu. Faktoren, wie gene-
tische Disposition, Familiengröße (Geschwis-
teranzahl), Kultur, geographischer Standort
(Entwicklungsländer vs. Industriestaaten,
Stadt vs. Land), früher Kontakt mit Tieren,
Hygiene-Niveau, Infektionen und antibioti-
sche Therapien haben dabei einen Ein uss.
In einer Studie wurden Ernährung und Mik-
robiota von Kindern aus einer ländlichen
Gegend in Burkina Faso mit jener von Kin-
dern aus Italien verglichen. Die Ernährung
der Kinder aus Italien war dabei reicher an
Kalorien, Fett, tierischem Eiweiß und ärmer
an Ballaststo en, was sich in einer Mikrobiota
mit geringerer Diversität und einemÜberwie-
gen von Firmicutes im Vergleich zu Bactero-
idetes widerspiegelte. Mikrobiota mit einem
höheren Anteil an Firmicutes, zu denen unter
anderem Clostridien, Staphylokokken und
Enterokokken zählen, sind mit Erkrankungen
wie Adipositas assoziiert. [18] In einer retros-
pektiven Fall-Kontroll-Studie wurde die infan-
tile Mikrobiota von übergewichtigen und
normalgewichtigen Kindern verglichen. Der
im Säuglingsalter gewonnene Stuhl von Kin-
dern, die mit 7 Jahren übergewichtig/adipös
waren, hatte weniger Bi dobakterien und
signi kant höhere Konzentrationen an Sta-
phylococcus aureus als der Stuhl von normal-
gewichtigen Kindern. [19] Unterschiede in
der Zusammensetzung der Stuhl-Mikrobiota
könnten ein Indiz für späteres Übergewicht
sein. Die Frage nach Kausalität oder Korrela-
tion des Zusammenhangs zwischen Mikro-
biota und Adipostitas muss erst in weiteren
Studien geklärt werden.
Mit ungefähr drei Jahren hat sich die Darm-
Muttermilch als optimale Nahrung für
Wachstum und Entwicklung des Säuglings
leistet einen wichtigen Beitrag zur Entwick-
lung eines gesunden Darms und dessen
mikrobieller Besiedelung. Humane Mutter-
milch enthält durchschnittlich 2–18 Spezies
an kultivierbaren Bakterien von insgesamt
mehr als 700 verschiedenen Spezies, die in
Muttermilch vorkommen können. [15] Bi -
dobakterien, Laktobazillen, Staphylokok-
ken und Streptokokken scheinen dabei eine
Gruppe an „Kern-Spezies“ zu bilden, die in
der Milch der meisten Mütter zu nden sind.
Studien zeigen, dass diese Muttermilch-Mik-
robiota nicht nur von Bakterien der mater-
nalen Haut bzw. der oralen Flora des Kindes
bestimmtwird.Eswirdpostuliert,dassgewisse
Bakterien vom maternalen Darm über syste-
mische Routen zu den Milchdrüsen („bacte-
rial entero-mammary pathway“) gelangen.
Physiologische und hormonelle Veränderun-
gen während und nach der Schwangerschaft
dürftenüber eine Erhöhung vonDarmperme-
abilität und Modulation der Immunantwort
diesen Transport von Mikroben ermöglichen.
Das Wachstum dieser günstigen Bakterien
im Darm des Säuglings wird selektiv durch
in der Muttermilch enthaltene, prebiotisch
wirkende Oligosaccharide (HMOS – human
milk oligosaccharides) gefördert. Pathogene
hingegen werden von in der Muttermilch
enthaltenen Komponenten des angebore-
nen und adaptiven Immunsystems an einer
Kolonisierung gehindert. Dazu zählen unter
anderem die bakteriostatisch und bakterizid
wirkenden Peptide Lactoferrin und Lyso-
zym, Zytokine, Rezeptoren, Immunglobuline
aber auch Immunzellen, wie Makrophagen.
Insofern ist die Mikrobiota von gestillten Kin-
dern durch eine höhere Anzahl an günstigen
Nikotinabusus
Schwangerschaftsdauer
Mütterliche
Mikrobiota
Stress
Schwangerschaft
Geburtsmodus
(vaginal vs. Sectio)
Antibiotika
Geburt
Genetische Disposition
Stillen vs.
Formulanahrung
Frühkindliche Ernährung
Geogra scher Standort
Infektionen
Antibiotika
Familiäre Verhältnisse
Hygieneniveau
Kleinkindesalter
Kritische Phase der mirkobiellen Besiedelung (ca. 3 Jahre)
Ernährung
Lifestyle
Kindes- und
Erwachsenenalter
Kurz- und lang-
fristige E ekte auf
Gesundheit und
Krankheit
Inhalt Frühkindliche Darmgesundheit
Abb. : Ein ussfaktoren in der kritischen Phase der Entwicklung einer stabilenMikrobiota
[
4
]
daher entscheidend vom Geburtsmodus
beein usst. Studien konnten zeigen, dass die
anfängliche Mikrobiota bei vaginal entbun-
denen Kindern der mikrobiellen Besiedelung
des Geburtskanals ähnelt, während bei durch
Kaiserschnitt entbundenen Kindern die mik-
robielle Kompositionmehr jener der mütterli-
chen Haut und der Krankenhaus-Umgebung
(Kontakt mit Personal und anderen Neona-
ten) entspricht. So wird die Mikrobiota von
mittels Sectio entbundenen Kindern von
Hautkeimen, wie Staphylokokken, Coryne-
bakterien und Propionibakterien dominiert,
wobei die Gesamtzahl an Mikroben im Darm
als auch deren Diversität im Vergleich zu
Spontangeborenen vermindert ist. [2] Diese
Unterschiede können meist ab dem 1. Tag
postpartum und über einige Jahre hinweg
nachgewiesen werden. [14] So bestehen sie
während einer kritischen Phase der Reifung
des Immunsystems und der Entwicklung des
Sto wechsels und können somit möglicher-
weise langfristige Auswirkungen haben. Stu-
dien deuten einen Zusammenhang zwischen
den Mikrobiom-Abweichungen bei mittels
Sectio geborenen Kindern und einem erhöh-
ten Risiko für Asthma, Ekzeme, Allergien,
Übergewicht und Autoimmunerkrankungen,
wie z.B. Diabetes mellitus Typ 1 an. [5]
Alimentäre Ein üsse
Es existiert eine dynamische Balance zwi-
schen der gastrointestinalen Mikrobiota,
dem Wirt und dessen Ernährung, die einen
direkten Ein uss auf die initiale Besiede-
lung, die weitere Zusammensetzung und
schließlich die Stabilität der Mikrobiota hat.