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für diesen Fachartikel:

St. Anna Kinderspital

Kinderspitalgasse 6, 1090Wien

Lecture Board:

• Ass.-Prof. Dr. Wolf-Dietrich HUBER

• Priv.-Doz. Dr. Karl Martin HOFFMANN

Zusammenfassung und Ausblick

Die gesunde Entwicklungdes Darms unddes-

sen Funktionalität sind für die Entwicklung

des Säuglings und die langfristige Gesund-

heit von großer Bedeutung. Eine vielfältige,

gut funktionierende Mikrobiota liefert einen

essentiellen Beitrag zur Darmgesundheit und

hat unter anderem Ein üsse auf Nährsto -

aufnahme, Entwicklung und Funktion des

Immunsystems, Metabolismus, neuropsy-

chologische Prozesse und allgemeines Wohl-

be nden. So ist es nicht verwunderlich, dass

eine Dysbiose mit zahlreichen Erkrankungen

in Verbindung gebracht wird und eine Modu-

lation der Mikrobiota für Prophylaxe bzw.

Therapie von großem wissenschaftlichem

Interesse ist.

Weitere Forschung dient dem Verständnis,

was genau eine stabile und vielfältige Darm-

mikrobiota ausmacht, welche Veränderun-

gen der Mikrobiota durch Umweltfaktoren

passieren und wie diese Veränderungen die

Interaktion von Wirt und Mikrobiota beein-

ussen. Bei vielen Krankheiten ist eine Asso-

ziation zu Veränderungen in der Mikrobiota

beschrieben, aber meist ist nicht geklärt, ob

diese eine kausale Bedeutung hat oder eine

Folge der Erkrankung ist.Weitere Forschungs-

ansätze zielen auch auf bisher vernachläs-

sigte Spezies wie Pilze und Viren ab, denen

ebenso wichtige Funktionen zugeschrieben

werden. Auch gilt es, bestehende und neue,

aussichtsreiche Konzepte im Bereich Säug-

lingsnahrung (z. B. fermentierte Formula) und

deren E ekte auf die frühkindliche Darmge-

sundheit noch besser zu erforschen.

dokumentierte Einsatzgebiete. Bei der aku-

ten Gastroenteritis verkürzen Probiotika die

Krankheitsdauer und vermindern die Inten-

sität der Symptome, sodass der Einsatz von

Probiotika mit den Stämmen Lactobacillus

rhamnosus GG bzw. Saccharomyces boular-

dii zusammen mit der Rehydration empfoh-

len wird. [34]

Darüber hinaus sind positive E ekte von

Probiotika bei funktionellen Verdauungs-

beschwerden, als begleitende Behandlung

bei einer H. pylori-Eradikation, bei chronisch

entzündlichen Darmerkrankungen (insbe-

sondere Colitis ulcerosa) und bei der Verbes-

serung von Beschwerden bei Laktose-Mal-

digestion beschrieben. [35–37] Auch bei der

Prävention und Besserung von allergischen

Symptomen liegen positive Daten zu Probio-

tika vor, die Studienlage ist jedoch diesbezüg-

lich uneinheitlich. [38,39] Dennoch emp ehlt

die World Allergy Organization die Gabe von

Probiotika bei Frauen, die ein hohes Risiko

haben, ein allergisches Kind zu bekommen

oder einen Säugling mit einem hohen Aller-

gierisiko stillen. [40]

Auf die Bedeutung der Mikrobiota für die

Funktion des Immunsystems weisen auch

zahlreiche Probiotika-Studien hin. So lässt

sich durch Probiotika beispielsweise die Anti-

körperantwort auf Impfungen verstärken

bzw. die Häu gkeit von akuten Infektionen

der oberen Atemwege senken. [41, 42 ]

Prebiotika

Prebiotika sind unverdauliche Nahrungsbe-

standteile, die selektiv das Wachstum und/

oder die Aktivität eines Bakteriums oder einer

begrenzten Anzahl von Bakterienstämmen

fördern und dem Wirt dadurch nützen. Zirka

8 Prozent der in der Muttermilch enthaltenen

Kohlenhydrate sind prebiotisch wirkende Oli-

gosaccharide (HMOS), die insbesondere das

Wachstum von Bi dobakterien begünstigen.

Bei vielen Säuglings-Formulanahrungen ver-

sucht man daher, die Zusammensetzung der

HMOS zu imitieren. In einer Studie konnte

gezeigt werden, dass kurzkettige Galakto-

Oligosaccharide und langkettige Frukto-Oli-

gosaccharide in einem Verhältnis von 9:1 zu

einer ähnlichen Darm ora wie bei gestillten

Kindern führen. [43] Das vermehrte Wachs-

tum von Bi dobakterien durch eine pre-

biotische Supplementation in Formulanah-

rung geht mit einer verminderten Anzahl an

pathogenen Bakterien, wie Clostridium dif-

cile, Staphylococcus aureus und Pseudomo-

nas aeruginosa einher. [44, 45] Die Häu gkeit

von atopischer Dermatitis, Durchfallserkran-

kungen und rezidivierenden oberen Atem-

wegsinfektionen waren bei Kindern mit pre-

biotisch supplementierter Formulanahrung

bzw. Beikost niedriger als mit einer Standard-

Ernährung ohne Prebiotika. [43, 46, 47] Pre-

biotika erhöhen auch die Bakterienmenge

und die osmotische Wasserbindungskapazi-

tät imDarmlumen. Diese Aktivitäten erhöhen

Stuhlgewicht und -frequenz, machen den

Stuhl weicher und tragen indirekt zu einer

kürzeren Transitzeit und Verringerung des

Risikos für Verstopfung bei. [5] Für eine rou-

tinemäßige prebiotische Supplementierung

von Säuglings-Formula sei entsprechend

der ESPGHAN die Evidenz noch nicht aus-

reichend. Von der World Allergy Organiza-

tion (WAO) hingegen wird mittlerweile eine

prebiotische Supplementierung bei nicht-

ausschließlich gestillten ( aschenernährten)

Säuglingen empfohlen. [48] Auch wenn die

Studienergebnisse widersprüchlich sind,

wurde noch in keiner über irgendeine Prebio-

tika-verursachte negativeWirkung berichtet.

Fäkale Mikrobiota Transplantation (FMT)

Als FMT oder Stuhltransplantation wird die

Übertragung von Stuhlmikroorganismen

eines gesunden Spenders in den Gastrointes-

tinaltrakt eines erkrankten Patienten bezeich-

net, um eine gestörte Mikrobiota zu behan-

deln. Die Indikation für diese therapeutische

Intervention ist in erster Linie die rezidivie-

rende Clostridium-di cile-Infektion. Mittler-

weile gibt es bei dieser Indikation überzeu-

gendeDaten. Anderepotenzielle Indikationen

für die FMT sind die fulminante Clostridium-

di cile-Infektion und chronisch-entzündliche

Darmerkrankungen. [49] Aufgrund eines noch

nicht genau geklärten Wirkmechanismus,

ungewisser Langzeite ekte und potenzieller

Sicherheitsrisiken ist eine FMT vorerst nur Fäl-

len vorbehalten, bei denen sich Standardthe-

rapien als unwirksam zeigten.

Hier ist der Link zum

Literaturverzeichnis