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Pro Senectute Kanton Luzern 2 | 17

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gewählt. Sie nahm es locker; ratlos waren dagegen ihre

Kollegen, die nicht wussten, was sie nun mit dieser Frau

Zapfl machen sollten. Die wichtigen Posten hatten sie un-

ter sich vergeben – und machten sie zur Stimmenzählerin.

Dies scherte die junge Gemeinderätin ohne Ambitionen

nicht. Sie nutzte die Chance, um sich gut in den Ratsbe-

trieb einzuleben.

Privilegiert dank Unabhängigkeit

Schon ein Jahr später war sie Präsidentin der Gesund-

heitsbehörden, nach drei Jahren Vizepräsidentin, nach

vier Jahren als erste Frau Präsidentin eines Zürcher

Parlaments. Die Arbeit und die Kontakte mit anderen

Gremien faszinierten sie auch in ihrem späteren Amt als

Stadträtin. Als Vorsteherin des Sozialressorts präsidierte

sie neben verschiedenen Zweckverbänden den Spital-

vorstand und reorganisierte unter anderem die Alters-

zentren.

Als sie nach ihrer Wiederwahl nach vier Jahren das

Planungs- und Bauamt übernehmen musste, konnte sie

wiederum viel Neues lernen. «Das gefiel mir, obwohl es

auch unangenehme Aufgaben zu be-

wältigen galt. Wie bei einem Puzzle

setzten sich mit der Zeit die vielen Er-

fahrungen zu einem Ganzen zusam-

men», freut sie sich rückblickend.

Sie verschweigt nicht, dass sie

auch Neid und Widerstände erfahren

musste. Unvergessen sind bis heute

jene Angriffe, die nicht die Sache,

sondern sie als Person betrafen. Sie

schätzte ihre privilegierte Situation

und die damit verbundene Unabhän-

gigkeit: «Ich hatte einen Beruf, Arbeit

im eigenen Geschäft und musste des-

halb nie ellbögeln und Liebkind sein.

Vielmehr konnte ich mich für das

einsetzen, was ich richtig fand.»

Zudem hatte sie stets die volle

Unterstützung ihres Mannes, der sich

einrichtete und bei Bedarf abends

oder auch tagsüber daheim war,

wenn sie Sitzungen hatte. Mit guter

Organisation und gutem Einteilen

schaffte sie es, Politik-, Geschäfts-

und Familienarbeit unter einen Hut

zu bringen. So freute sie sich fünf

Jahre nach dem Rückzug aus der

kantonalen Politik über ihre Wahl

in den Nationalrat.

In die CVP ist sie zufällig hineinge-

rutscht. Das «C» hat für sie auch nichts mit katholisch zu

tun, sondern mit christlichen Werten, einer grossen Tole-

ranz und Offenheit gegenüber Andersdenkenden und an-

deren Religionen. In der Politik stehen für sie stets die

Menschen im Zentrum; sie betont: «Offenes und ehrliches

Politisieren sind mir wichtig. Es stimmt für mich nicht,

wenn Fakten verdreht und die Politik von Macht, vom Ego

und der Wirtschaft bestimmt werden.» Dasselbe gilt für

sie in der Kirche, wo sie wie in der Politik gleiche Rechte

und Möglichkeiten für Frau und Mann fordert. Obwohl

sie sich an manchem stört, ist sie aus der katholischen Kir-

che nicht ausgetreten, weil sich nichts ändert, wenn sich

alle davonmachen. An Ostern freute sie sich, als Papst

Franziskus Leiden und Tod von Jesus Christus mit demje-

nigen der unzähligen Menschen verglich, die zurzeit welt-

weit vor Gewalt, Krieg und Hunger flüchten müssen.

Weltweite Einblicke durch Europarat

Vielfältige Einblicke gewann Rosmarie Zapfl durch ihre

Tätigkeit im Europarat und in der aussenpolitischen

Kommission des Nationalrates. «Allein darüber könnte

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