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Pro senectute Kanton luzern 1 | 18

M

ittlerweile bin ich bald fünf Jahre in einer Lang-

zeit-Pflegeinstitution tätig. Als Seelsorgerin

besuche ich die Bewohnerinnen und Bewohner,

manchmal in ihrem Zimmer, manchmal in den öffent-

lichen Räumen und bin da für Gespräche. Es gehört zum

Wesen der Seelsorge, dass sie nicht die Themen vorgibt,

die zur Sprache gebracht werden sollen. Es sind meine

Gesprächspartnerinnen und -partner, die entscheiden,

worüber sie reden möchten – wenn überhaupt.

Die Menschen, die hier leben, haben vieles hinter sich

gelassen. Meist haben sie Spital- und Kuraufenthalte hinter

sich, bis es schliesslich zur Wohnungsaufgabe gekommen

ist. In der Regel ist dies ein Vernunftentscheid und kein

Herzenswunsch gewesen. Der Eintritt in ein Pflegeheim

bedeutet darum einen tiefen Einschnitt ins Leben, ver-

gleichbar mit der Pensionierung, einer Scheidung oder dem

Umzug in eine unbekannte Gegend – und dies erst noch bei

schlechter Gesundheit. Im Heim gilt es, fremde Gesichter,

neue Örtlichkeiten und andere Strukturen kennenzulernen

und wieder einen Platz in einem sozialen Gefüge zu finden.

Man muss sich im Leben neu arrangieren. Verständlich,

dass einige Menschen aufgrund solch grosser Herausforde-

rungen in eine Krise geraten. In dieser Situation suchen sie

nach Vertrautem, das ihnen Halt geben kann. Aus diesem

Grund geht es in seelsorglichen Gesprächen oft darum,

Heimatgefühle zu ergründen.

Selten habe ich deutlicher gespürt, was Entwurzelung

heisst, als kürzlich bei einem Besuch. Ich klopfe an die Tür

bei einemHerrn, der wenige Tage zuvor ins Pflegeheim ein-

getreten ist, ummich nach seinem Befinden zu erkundigen.

Er bittet mich freundlich herein, um dann lange Zeit in

Schweigen zu fallen. Ich will die Stille mit ihm aushalten,

blicke mich im Zimmer um und versuche, anhand der

Einrichtung etwas von der Geschichte dieses Mannes zu er-

fassen. Schliesslich sage ich nach einer Weile zu ihm: «Sie

haben eine schöne Aussicht hier» und freue mich selbst

über den Fernblick in die winterlichen Berge bei strahlen-

dem Sonnenschein. Der Mann schüttelt den Kopf und sagt

in verzweifeltem Ton: «Das stimmt schon. Und ich weiss ja

auch, dass es hier schön ist. Sie haben es gut gemeint. Aber

trotzdem….» Es stellt sich heraus, dass seine Angehörigen

nicht länger zusehen wollten, wie er abnahm und sich sel-

ber immer schlechter versorgen konnte. Sie haben für ihn

eines der schönsten Einerzimmer gemietet und geschmack-

voll eingerichtet. Der Mann jedoch fühlt sich nicht entlas-

tet, sondern überrumpelt – für ihn geht alles zu schnell. Die

Argumente seiner Angehörigen erreichen seinen Kopf, aber

nicht sein Gefühl. Verloren und fühlbar heimatlos sitzt er

im Stuhl. Ich frage ihn: «Fühlen Sie sich wie ein Vogel im

goldenen Käfig?» Er blickt vom Boden auf und nickt

bestimmt. «So ist es! Das ist einfach nicht mein Zuhause

hier. Sie haben ja fast alles weggegeben.»

Nach dem Gespräch bin ich nachdenklich. Mir geht die

Frage nach: Inwiefern ist Heimat mit Materiellem, mit

Gegenständen, mit Handfestem verbunden? Bisher hielt ich

Heimat vor allem für ein Gefühl, das nicht an Dingen fest-

zumachen ist. Doch auch ich würde mich heimatlos fühlen,

wenn ich von heute auf morgen nichts mehr hätte: kein

Buch, mit dem ich mich auseinandergesetzt habe, keine

Ist Heimat vor allem ein Gefühl, das nicht an Dinge

mit Materiellem verbunden? Ein Essay von The

Heimatgefühle

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