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Pro senectute Kanton luzern 1 | 18
In den 1940er- und 1950er-Jahren
wagten viele Familien aus verschiede-
nen Gründen im Ausland einen Neu-
start – so auch die damals 11-köpfige
Bauernfamilie Huber aus Kottwil. Die
Eltern und die älteren Brüder von
Magda Huber stellten für die ganze
Familie den Antrag auf einVisum zum
Auswandern nach Honduras. Die Kof-
fer standen bereit, die Kinder von der
Schule abgemeldet, doch das Visum
wurde in letzter Minute abgelehnt.
Aber die unternehmensfreudigen
Eltern von Magda Huber gaben nicht
auf. Im Februar 1950 war es für die
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-jährige Magda, ihre Geschwister
und Eltern soweit. 16 Tage dauerte
die Reise von der Einschiffung in
Genua bis nach Itapetininga in die
neue Heimat. «Ich freute mich, reali-
sierte aber nicht, dass ich Liebgewon-
nes zurücklassen musste. Dies ist mir
erst viel später bewusst geworden.
Das Einzige, was damals für mich
Ein Ort? Eine Kindheits-
erinnerung? Eine Tradition?
Eine Grenzerfahrung?
Heimat löst bei Magda Huber
und Hermenegild Heuberger
ganz unterschiedliche
Gefühle aus. Die beiden
erzählten Zenit-Redaktorin
Esther Peter, welche
Bedeutung für sie Heimat
aufgrund ihrer Lebens-
geschichte hat.
zählte, war, dass wir als Familie nicht
auseinandergerissen wurden.»
Der Start in der neuen, fremden
Heimat gestaltete sich schwierig. Die
Unterkunft auf kleinstem Raum in
einem Kuhstall, gemeinsammit einem
Ehepaar und einer alleinstehenden
Frau, ähnelte einem Ferienlager. Ein
halbes Jahr später konnte eine kleine
Liegenschaft gepachtet werden. Nor-
maler Alltag kam auf. Die älteren Brü-
der widmeten sich der Hofarbeit oder
suchten sich auswärts Arbeit. Die jün-
geren Geschwister durften zur
Schule. Magda half im Haushalt. Sie
interessierte sich für die Natur.
«Ich verliebte mich in die Blu-
men», erinnert sie sich an die An-
fangszeiten an ihrem neuen Lebens-
ort. Noch heute schwärmt sie davon
und bei jeder Rückkehr nach Brasi-
lien ist die Vorfreude auf die Schön-
heiten der Blumen, Vögel und Bäume
gross. So richtig angekommen fühlte
sie sich damals aber trotzdem (noch)
nicht. Sie lernte Portugiesisch, schloss
das Gymnasium ab und trat ins Klos-
ter ein, wo sie ihre Zukunft glaubte.
Doch auch hier spürte sie, dass es
nicht ihr Weg, ihre Heimat war. Sie
kehrte in die Schweiz zurück zum Ar-
beiten und «Schauen, was ich beruf-
lich machen wollte». Unterschlupf
fand sie bei Verwandten. Sie liess sich
zur Sozialarbeiterin ausbilden. Seit
1969 wohnt sie in Willisau, wo sie
22 Jahre in ihrem gelernten Beruf
arbeitete. Anschliessend widmete sie
sich mehr als ein Jahrzehnt dem bra-
silianischen Entwicklungsprojekt
Heimat ist auch
eine Herzenssache
Magda Huber, 80, Willisau
fotos: esther Peter