Previous Page  15 / 46 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 15 / 46 Next Page
Page Background

K I N D E R Ä R Z T E

.

SCHWEIZ

15

FORTB I LDUNG

1-Nahrung hat es neben Laktose wenig Stärke und Maltodextrin.

 Folgenahrungen (Typ 2,3):

sind Säuglingsmilchen, die für die be-

sondere Ernährung von gesunden Säuglingen bestimmt sind ab Ein-

führung einer angemessenen Beikost bzw. ab ca. sechs Monaten.

Sie stellen den grössten flüssigen Anteil einer nach und nach ab-

wechslungsreicheren Kost dieser Säuglinge dar. Folgenahrungen

können auch nach dem ersten Lebensjahr gefüttert werden.

 Beachte:

Säuglingsanfangsnahrungen können aber auch nach

Beginn der Beikosteinführung bis zum Ende des 1. Lebensjahres

weitergefüttert werden. Folgenahrungen sollen erst angeboten

werden, wenn der Säugling bereits Beikost bekommt.

Unterschied Anfangs- und Folgenahrungen:

Biologisch lässt sich die Unterscheidung von Säuglingsanfangs- und

Folgenahrung nicht begründen. Muttermilch verändert sich zwar im

Laufe der Laktationsperiode (so fällt z.B. der Proteingehalt), aber eine

wesentliche Änderung nach 4–6 Monaten tritt nicht auf, welche den

Einsatz von Folgenahrungen als Produkt rechtfertigen. Folgenahrun-

gen (2- und 3-Nahrung) enthalten mehr Kohlenhydrate (Laktose und

Stärke), einen etwas höheren Eiweissgehalt und mehr Vitamine und

Mineralstoffe als Anfangsnahrung. Der Grund für die Unterscheidung

dieser Säuglingsnahrungen sind die Möglichkeiten der Werbung und

Vermarktung und weniger eine physiologische Notwendigkeit.

Was steckt hinter den verschiedenen von der Industrie

angepriesenen Säuglingsmilchen:

Pre- und Probiotika:

Die Zusammensetzung der Darmflora von gestill-

ten und nichtgestillten Säuglingen unterscheidet sich deutlich: Ge-

stillte Kinder haben mehrheitlich Bifidusbakterien und Laktobazillen

im Stuhl, während nichtgestillte eine Mischflora aufweisen. Detaillier-

te Untersuchungen der Kohlenhydrate der Muttermilch haben erge-

ben, dass in der Muttermilch neben dem Hauptkohlenhydrat Lakto-

se noch ca. 1%Oligosaccharide enthalten sind. Es handelt sich dabei

um galaktosehaltige kurzkettige Kohlenhydrate, die als Galakto-Oli-

gosaccharide (GOS) bezeichnet werden. Es gibt Hinweise, dass diese

Oligosaccharide eine wichtige Rolle bei der Bildung der Darmflora

spielen bzw. bifidogen wirken und daher prebiotisch aktiv sind. Für

die Gesundheit des Säuglings wird die Entwicklung einer prädomi-

nanten Bifidusflora als wichtig erachtet, da sie sowohl die gramposi-

tiven als auch gramnegativen pathogenen Bakterien inhibiert und ei-

nen immunstimulierenden Effekt hat. Um sich den oben erwähnten

Vorteilen der Muttermilch anzunähern, werden von verschiedenen

Herstellern die Säuglingsmilchen entweder mit prebiotisch aktiven

Oligosacchariden oder direkt probiotischen Bakterien (Bifidobakte-

rien, Laktobazillen) angereichert. Die Zusätze in den auf dem Markt

befindlichen Säuglingsnahrungen gelten für gesunde Säuglinge als

sicher; ein klinisch relevanter Nutzen hingegen ist unklar [7].

Omega-Fettsäuren:

Langkettige mehrfach ungesättigte Fettsäu-

ren, Omega-3, Omega-6 (LC-PUFA): LC-PUFA sind von zentraler

Bedeutung für die Entwicklung und Funktion des Gehirns sowie

des Nervensystems. Eine ausreichende Versorgung mit Omega-3-

und Omega-6-Fettsäuren (DHA, EPA, AA) ist daher für die norma-

le Entwicklung während des fetalen Wachstums und für die visu-

ellen und kognitiven Funktionen bei Neugeborenen unentbehrlich.

Muttermilch enthält, im Gegensatz zu Kuhmilch, langkettige mehr-

fach ungesättigte Fettsäuren (LC-PUFA). Die Zugabe von LC-PUFA

wie Docosahexaensäure (DHA) zu Säuglingsnahrungen scheint sich

günstig auf die Reifung des kindlichen Sehvermögens und hinsicht-

lich der kindlichen Entwicklung auszuwirken [2].

Kuhmilch – wieso ungeeignet im 1. Lebensjahr

Säuglinge, die mit reiner Kuhmilch ernährt werden, erhalten eine

inadäquate Versorgung mit Eisen, essenziellen Fettsäuren und Vi-

tamin E und eine zu hohe Zufuhr an Protein, Natrium und Kali-

um. Während Muttermilch bzw. Säuglingsnahrung ca.15 / 30 mg

Na/100 ml enthalten, liegt der Na-Gehalt der Kuhmilch bei 55 mg

Na/100 ml. Wird der Säugling anstelle von Muttermilch/Säuglings-

nahrung mit Kuhmilch ernährt, besteht eine erhebliche Na-Überla-

dung. Dies führt im Zusammenhang mit der noch nicht vollständig

entwickelten Ausscheidungsfunktion der Säuglingsniere zu einer er-

höhten Wasserausscheidung, da durch die osmotisch wirksame Na-

Ausscheidung freies Wasser verloren geht [8]. In Situationen mit ver-

minderter Flüssigkeitszufuhr, Erbrechen oder Diarrhoe bedeutet dies

für den Säugling ein Dehydratationsrisiko, da durch die Kuhmilch zu

wenig freies Wasser geliefert wird. Beim gesunden Säugling scheint

eine leicht höhere renale Belastung kaum nachteilige Folgen zu ha-

ben. Kleinere Mengen an Kuhmilch können daher bedenkenlos ab

dem 6.–7. Lebensmonat bei der Zubereitung der Beikost verwen-

det werden. Ab dem 2. Lebensjahr kann die Säuglingsanfangs- oder

Folgenahrung durch Kuhmilch (Vollmilch) ersetzt werden.

 Kommentar:

Der Hauptgrund für eine restriktive Einführung von

Kuhmilch ist die Vermeidung eines Eisenmangels, da Kuhmilch eisen­

arm ist. Zudem weisen einige Studien darauf hin, dass das frühe

Einführen von Kuhmilch beim jungen Säugling mikroskopische in-

testinale Blutungen hervorrufen kann. Als Getränk sollte Kuhmilch

daher erst ab dem 2. Lebensjahr gegeben werden, wenn das

Kind aus der Tasse trinken kann. Vollmilch (3,5% Fett) eignet sich

aber bereits nach Einführung der Beikost als Bestandteil des Milch-

Getreide-Breis zur Protein- und Mineralstoffversorgung [9].

Allergieprävention

Betreffend der Allergieprävention wird auf die gemeinsamen Emp-

fehlungen der SGP, SGE (Schweiz. Gesellschaft für Ernährung) und

EEK (Eidg. Ernährungskomission) 2017 hingewiesen, welche dem-

nächst publiziert werden.

Einführung Beikost

Zeitpunkt Beikosteinführung

Die Einführung der Beikost ist ein wichtiger Schritt bei der Transition

von der ausschliesslichen Milchnahrung zur Familienkost. Vorausset-

zung zur Toleranz der Beikost ist der physiologische Reifungsprozess

der Niere, des Gastrointestinaltraktes und neurologischen Funktionen.

Die Beikost sollte nicht vor dem Alter von 17 Wochen (Beginn 5. Le-

bensmonat) und nicht später als mit 26 Wochen (Beginn 7. Lebens-

monat) eingeführt werden. Der Zeitpunkt der Einführung der Beikost

bzw. die Umstellung von flüssiger auf feste Nahrung zwischen dem

5. und 6. Monat ist allerdings vom Entwicklungsgrad des Kindes ab-

hängig, welcher sehr variabel ist. Beikost sollte mit dem Löffel ange-

boten werden und nicht aus der Flasche oder dem Becher getrunken

werden.