

01 / 2017
BERUFSPOL I T I K
K I N D E R Ä R Z T E
.
SCHWEIZ
11
V
orerst ein herzliches Dankeschön an die Einsichti-
gen. Der Aufruf von KIS, die politische Arbeit von
mfe zu unterstützen, hat gefruchtet: 21 zusätzliche KIS-
Mitglieder sind neu auch Mitglied von mfe und ermögli-
chen somit Lobby-Arbeit auf nationaler Ebene, im Parla-
ment, bei Behörden und Verbänden und natürlich auch
in der FMH.
Verweigerung oder Kooperation
Die Politik wartet nicht auf die Ärzteschaft; nicht mit der
Gesetzgebung (erweiterte Kompetenzen der Apotheker,
Datenlieferung, elektronisches Patientendossier); nicht
mit ihren Strategien und Projekten (Gesundheit 2020, In-
terprofessionelle Zusammenarbeit) und auch nicht mit der
Tarifgestaltung. Die Ärzteschaft kann sich einbringen und
mitdiskutieren. Sie kann sich auch verweigern, dann wer-
den Entscheide ohne unser Zutun gefällt.
So sind in den Eidgenössischen Räten Bestrebungen
im Gang, dem Bundesrat freie Hand in der Tarifgestal-
tung zu geben, um den langjährigen Diskussionen un-
ter den Tarifpartnern ein Ende zu setzen. Der Bund setzt
auf Interprofessionalität, das Förderprogramm «Inter-
professionalität im Gesundheitswesen» ist jetzt ange-
laufen. Wir können mitdiskutieren und mitgestalten
oder das Feld anderen überlassen.
MAS/MARS
Die Lieferung unserer Betriebsdaten an die Behörden ist
eine gesetzliche Pflicht. Die Spitäler liefern seit wenigen
Jahren, andere Betriebe schon deutlich länger. Wir kön-
nen mit den Füssen stampfen und uns verweigern, nur
wird uns das letztlich nichts bringen, insbesondere dann
nicht, wenn Verweigerung aus Unkenntnis heraus ge-
schieht. Sowohl mfe wie FMH beschäftigen sich seit Lan-
gem mit den konkreten Fragen um die gesetzlich ver-
ankerten Datenlieferungen und konnten und können
weiterhin bei den Details mitgestalten. Es ist keineswegs
eine Überraschung, dass verschiedene kantonale Ärzte-
gesellschaften ihre eigenen Juristen in letzter Minute be-
schäftigen und zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen
gelangen. Fakt ist: Die MAS-Daten werden vollständig
anonymisiert, es sind keine Rückschlüsse auf bestimm-
te Leistungserbringer oder Leistungsbezüger möglich.
Die Daten werden nur vom Bundesamt für Statistik ver-
wendet und nicht ans Bundesamt für Gesundheit weiter-
geleitet. Welche Daten in Zukunft an das BAG geliefert
werden müssen, ist zurzeit noch Gegenstand von Diskus-
sionen, auch mit dem Datenschutzbeauftragten. Auch
wenn es lästig und aufwendig ist: Der Vorstand mfe
empfiehlt, die MAS-Daten zu liefern. Eine Verweigerung
ist nicht zielführend, sondern schafft nur zusätzlichen
Unmut gegenüber der Ärzteschaft.
Tarif
Demnächst wird der Bundesrat seine Vorstellungen für
einen zweiten Tarifeingriff in die Vernehmlassung schi-
cken. Per 1.1.2018 soll ein neuer Tarif in Kraft treten.
Eine zentrale Anforderung an einen neuen Tarif, ob
partnerschaftlich oder vom Bundesrat verordnet, ist die
Besserstellung der Grundversorger. Gleichzeitig haben
die Spitäler einen Aufholbedarf von 500 Mio. angekün-
digt und die Versicherer ein Sparpotenzial von 600 Mio.
postuliert. Und das BAG fordert immer noch eine kos-
tenneutrale Umsetzung der Tarifrevision, wohl wissend,
dass der Tarif auf über zwanzig Jahre alten Zahlen auf-
gebaut ist. Wir sind gespannt.
FMH-intern laufen die Tarifdiskussionen unter dem
Namen TARCO wieder auf Hochtouren. Ein Kompro-
miss für das leidige Thema «quantitative Dignität (Aus-
gleich eines möglichen Einkommensverlustes wegen
verlängerter Weiterbildung)» scheint gefunden, ande-
re Fragen sollen erneut angegangen werden (korrek-
te Berechnung von Handlungsleistungen), weitere de-
finitiv gelöst werden (Abgrenzungen von Positionen,
«qualitative Dignität»). Die SGP wird das Kapitel Kind
in eigener Regie überarbeiten. Zentral für uns Prakti-
ker ist der Kinderzuschlag, der den erhöhten Aufwand
im Umgang mit Kindern abgelten muss. Alle anderen
Kapitel werden im Auftrag der Fachgesellschaften SGP
und SGAIM von mfe vertreten werden. Mindestens ein
Teil der Spezialisten hat eingesehen, dass sich die offen-
sichtlich überhöhten Tarifpositionen nicht halten lassen.
Die Tarifunion ist von ihrer Verweigerungshaltung abge-
kommen und ist nun verhandlungs- und sogar kompro-
missbereit. Es jetzt vorstellbar, dass die Ärzteschaft zu
einem Kompromiss fähig ist.
■
DR. MED.
ROLF TEMPERLI,
VORSTAND HAUS- UND
KINDERÄRZTE SCHWEIZ