Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 17
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Granny auPair
Mitglied bei Granny Aupair an und besuchte später eine
Informationsveranstaltung mit Workshop in Hamburg.
Immer wieder schaute sie sich die Familien an, die eine
Leihoma suchten, und bekam eines Tages eine Anfrage
aus Malaysia. «Es war genau das, was ich damals brauchte»,
erinnert sie sich. Sie tauschte sich per Mail oder Skype mit
der Familie aus und lernte diese bei einem Zwischenstopp
auf dem Flughafen Kloten sogar per-
sönlich kennen.
Nach Rücksprache mit ihren bei-
den Töchtern, die sie voll und ganz un-
terstützten, setzte sich Ruth Widmer
intensiv mit dem Land auseinander
und flog am 1. März 2016 ans andere
Ende der Welt. Ihre Gastfamilie, eine
deutsche Frau mit einem 13-jährigen
Jungen und einem 9-jährigen Mäd-
chen, hatte bereits Granny-Aupair-Erfahrung. Ruth Wid-
mer wurde herzlich empfangen, bekam ihr eigenes Zim-
mer mit Bad, betreute die Kinder, half im Haushalt mit,
hatte aber auch viel Freizeit, die sie für Entdeckungs-
touren nutzen konnte. Sie freundete sich zudem mit zwei
anderen Grannies an, die in der Nähe stationiert waren.
Nach fünf Monaten kam sie für einen Kurzurlaub zu-
rück in die Schweiz, doch schon Anfang September flog
sie für weitere vier Wochen wieder zu «ihrer» Familie nach
Kuala Lumpur; in ein Land, das sie sehr berührt und we-
gen seiner verschiedenen Kulturen beeindruckt hatte. Die
aufgestellte Granny Aupair erzählt mit Begeisterung vom
Leben in der asiatischen Metropole, von der Familie und
ihrem Einsatz, den sie gerne verlängert hätte, weil es für
beide Seiten zu 100 Prozent passte. Leider zog die Frau mit
den Kindern aber wieder nach Deutschland. «Es war eine
fantastische Zeit», bilanziert Ruth Widmer. Kein Wunder,
dass der Abschied für alle Beteiligten tränenreich war.
Kaum zu Hause, durchstöberte Ruth Widmer erneut
die Angebote auf der Granny-Aupair-Plattform. Diesmal
war es eine deutsche Hochseekapitänin, die ihr Interesse
weckte. Die alleinerziehende Mutter lässt sich in der Graf-
schaft Kent zur Lotsin ausbilden und suchte von Februar
bis im Sommer eine Betreuung für ihre zweijährige Tochter.
Ein interessantes Thema, fand die jung gebliebene Leih-
oma, die auch eine eigene Enkelin hat. Ein Besuch in der
englischen Hauptstadt zeigte schliesslich, dass hier die
Wellenlänge ebenfalls stimmte. Sie sagte zu und wird dort
wieder in einem eigenen Zimmer auf dem dritten Deck
wohnen, wie ihre Gastfrau es in der Seemannssprache
ausdrückte. «Ich freue mich sehr», sagt Ruth Widmer.
Doch dann kam es anders als vorgesehen. Ende De-
zember ging eine Anfrage von der Agentur in Hamburg
ein, ob sie nicht schon Anfang Januar einen Einsatz in
London übernehmen könne. Ruth Widmer sprang ins
kalte Wasser, nahm spontan an und reiste Anfang Januar
für sechs Wochen nach London. Und wenns nicht klappt?
Das Schöne bei Granny Aupair sei, sagt sie, dass man
keinen Vertrag habe, «aber man wird als Familienmitglied
aufgenommen.» Sicher werde die Sprache eine Herausfor-
derung sein, meint sie. Aber für den Notfall habe sie im-
mer ein Wörterbuch dabei.
Für Ruth Widmer ist jetzt schon
klar, dass sie als Granny Aupair unter-
wegs sein möchte, solange sie sich fit
fühlt. Sie mag Kinder und hat eine so-
ziale Ader, wie sie einräumt. Traum-
ziele wären Australien und Neusee-
land. Allerdings ist ein dreimonatiger
Sprachaufenthalt dort Bedingung.
Möglich gemacht werden solche
Abenteuer vom international bekannten Onlineportal
Granny Aupair, das lebenserfahrene Frauen ab 50 als
Leihomas, Gesellschafterinnen, Housesitterinnen oder
Freiwillige in sozialen Projekten vermittelt. Gegründet
wurde die Agentur 2010 von Michaela Hansen, sozusagen
aus einem verpassten Lebenstraum heraus. Der Wunsch,
in jungen Jahren als Aupair ins Ausland zu gehen, platzte,
als sie mit 19 heiratete, mit 20 das erste und mit 21 das
zweite Kind bekam. Nach einer Ausbildung zur Büro-
kauffrau, einem Studium in Kriminologie und Soziologie
gründete sie mit ihrem Mann eine PR-Agentur und rief
schliesslich Granny Aupair ins Leben.
Ihre Idee schlug ein, entwickelte sich zu einem Erfolgs-
modell und wurde mit etlichen Preisen ausgezeichnet. In
den vergangenen sieben Jahren reisten mehr als tausend
Grannies zu Familien und in soziale Projekte – in über 50
Länder. Kontinuierlich sind rund 80 Grannies und etwa
60 Familien über das Portal auf der Suche, 40 Prozent da-
von sind Wiederholerinnen. Darüber hinaus sind circa
20 000 Personen/Familienkostenlos registriert.
”
Man wird als
Familienmitglied
aufgenommen.
Das ist schön.
”
In DreI SchrItten zum erSten eInSatz
Wer sich für einen Einsatz im Ausland interessiert, kann sich
auf
www.granny-aupair.comregistrieren und dann Mitglied
werden. Ist dieser zweite Schritt vollzogen und das Profil
erstellt, kann man mit den Familien Kontakt aufnehmen
oder bekommt eine Anfrage von Suchenden.
Per Mail, Telefon, Skype oder durch ein persönliches Treffen
lernen sich die beiden Parteien kennen. Stimmt es für
beide, gilt es nur noch, die Modalitäten des Aufenthalts zu
klären. Granny Aupairs bekommen keinen Lohn, haben
aber freie Kost und Logis. Oft wird auch ein Teil der Reise
von der Familie übernommen.