Neben der Forschung setzte sich Prof. Dr. Gregor Schubiger
(1945), ehemaliger Chefarzt am Kinderspital Luzern, stets
auch mit medizinethischen Fragen auseinander. «Diese be-
treffen den Menschen von der Geburt bis zum Tod und
wurden für mich zunehmend wichtiger.» Deshalb gründete
er neben dem Engagement in verschiedenen Ethikkommis-
sionen am Luzerner Kantonsspital (LUKS) 2006 das Ethik-
Forum, das er zusammen mit der Leiterin der Spitalseel-
sorge, Brigitte Amrein, führt.
Das 16-köpfige interdisziplinäre Team erarbeitet im
Auftrag der Spitaldirektion Leitlinien für das Vorgehen in
ethischen Fragen. Dabei geht es etwa um späte Schwanger-
schaftsabbrüche, den Umgang mit Patientenverfügungen
und assistierten Suizid. Daneben bie-
tet das Forum den Teams im LUKS die
Moderation von Entscheidungspro-
zessen an. Wie etwa beimAbwägen, ob
eine hochbetagte Person noch operiert werden soll. Bei
Vorträgen zur Patientenverfügung betont Gregor Schubiger
die Bedeutung der Bezeichnung eine Person, die im Fall
von Urteilsunfähigkeit bei anstehenden Behandlungs-
und Betreuungsentscheiden im Sinne des Patienten oder
der Patientin angesprochen werden kann.
«Bis jetzt spürte ich keinen Einschnitt, eins hat sich ins
andere gefügt», freut sich Gregor Schubiger beim Rückblick
auf sein erfülltes Leben. Die Faszination für die Entwick-
lungsvorgänge bei Neugeborenen hatte den jungen Medizi-
ner ins Spezialgebiet der Neonatologie geführt. Zwischen
1976 und 2011 arbeitete der Facharzt FMH für Kinder- und
Jugendmedizin in verschiedenen Funktionen vom Ober-
Pro senectute Kanton luzern 1 | 17
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arzt bis zum Mitglied der Spitalleitung des LUKS. «Ich
wurde immer die Treppe hinaufgeschoben.» Interessiert
begleitete er die Veränderungen, die Technisierung und
Spezialisierung sowie den Weg von der stationären zur
ambulanten Medizin. Neben den erfreulichen Entwicklun-
gen bedauert er noch heute, dass der geplante Bau des Kin-
derspitals Zentralschweiz nicht realisiert wurde.
Ausgleich fand der dreifache Vater und vierfache
Grossvater beim Bergsteigen, was seinen Führungsstil be-
einflusste. «Gemäss dem Leitsatz ‹Die Tour beginnt auf
dem Gipfel› gilt es, immer das Ganze, also auch den Ab-
stieg, im Auge zu halten.» Zwar unternimmt er, der alle
Viertausender Schweiz bestiegen hat, keine Hochtouren
mehr, sondern wandert mit seiner
Frau «nur noch im grünen Be-
reich». Mit dem Älterwerden hat
er keine Mühe. «Ich nehme es, wie
es kommt, es ist eine Frage der Akzeptanz.» Er freut sich, das
Leben geniessen zu können, sei es bei der handwerklichen
Arbeit in seiner Werkstatt im Entlebuch, beim Joggen oder
beim Schneeschuhlaufen im verschneitenWinterwald.
Im Hinblick auf die Entwicklung des Gesundheits-
wesens macht er sich vor allem Gedanken über das enorme
Gefälle auf dieser Welt und meint: «Neben den zunehmen-
den medizinischen Möglichkeiten mit entsprechenden
Kostenfolgen kommen Selbstverantwortung und gesunder
Menschenverstand leider zu kurz.» Wichtig findet er des-
halb, dass wir Menschen in unserer Wohlstandsgesellschaft
offen bleiben für andere Lebensrealitäten und so die
Dimensionen nicht verlieren.
moniKa Fischer
Im «Netz» ist Gregor Schubiger einer-
seits über das Kinderspital Bethlehem,
andererseits über das Ethik-Forum des
Kantonsspitals Luzern LUKS zu finden.
1979 hat der Kinderarzt am Kinderspital
Bethlehem die Neugeborenen-Abteilung
eingerichtet. Seither reist er zur Unter-
stützung des Teams jährlich nach Paläs-
tina und arbeitet aktuell an einem Reor-
ganisationsprojekt des bisher allein von
Spendengeldern getragenen Spitals mit.
Was macht eigentlich …?
Die Tour beginnt auf dem Gipfel
Foto: Peter lauth
«Heute kommt im Gesundheits-
wesen der gesunde Menschen-
verstand leider oft zu kurz.»