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Bekannt war Miette Vonarburg in der Öffentlichkeit durch

ihre kritischen Voten und zahlreichen Vorträge über eine

aufgeschlossene Pfarreiarbeit und verschiedene Lebens-

themen, unter anderem über das Alter. Allerdings erfährt

sie das Älterwerden im eigenen Erleben anders, als sie sich

dies vorgestellt hatte. «Das Alter ist gar nicht lustig, ja oft

mühsam», meint die 87-Jährige mit dem Hinweis auf die

verschiedenen Einschränkungen. Die zehnfache Gross-

mutter und Urgrossmutter eines kleinen Mädchens schätzt

ihre gute Gesundheit, ist jedoch seit Kurzemwegen Gleich-

gewichtsstörungen auf einen Gehstock angewiesen. «Das

ist ein Zeichen gegen aussen, dass ich eine alte Frau gewor-

den bin», sagt sie und lacht.

Ihren Haushalt in der praktischen Dreizimmerwohnung

besorgt sie mit der Unterstützung einer Stundenfrau und

dem Mahlzeitendienst noch selbstständig. Gleichzeitig ist

sie froh um jede Hilfe, möchte jedoch ihre Familien-

angehörigen nicht ausnützen. Sie signalisiert, was sie

braucht, und ist dankbar für kleine Dienste. Kürzlich

wurde sie von ihrer Tochter an die Beerdigung einer Freun-

din begleitet, was sie enorm freute.

Als grössten Einschnitt in ihrem Leben bezeichnet sie

den Tod ihres Mannes vor rund zwei Jahren. Einerseits

schätzt sie den neuen Freiraum. Andererseits vermisst sie,

dass niemand mehr da ist, der ihr über den schmerzenden

Rücken streicht und dem sie erzählen kann, was sie

bewegt. Auch musste sie lernen, die Administrationsarbei-

ten selber zu erledigen.

Wie eh und je ist ihre Wohnung offen für Freunde,

Kinder und Enkel, die nicht selten auch bei ihr übernach-

ten. Sie schätzen die angeregten Diskussionen mit ihr, ist

sie doch nach wie vor breit interessiert und hält sich übers

Lesen auf dem Laufenden. Neben der Familie ist für Miette

Vonarburg ihr grosser Freundeskreis von Frauen und

Männern aller Altersgruppen das Wichtigste. Mit ihnen

Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 17

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tauscht sie sich regelmässig übers Telefon aus oder mit

Besuchen und freut sich über kleine Zeichen des Dran-

denkens wie z. B. ein «Schöggeli» imMilchkasten. Bei den

Gesprächen erfährt sie von viel Einsamkeit. Es liegt ihr

fern, anderen gute Ratschläge zu erteilen. Vielmehr hört

sie vor allem zu und zeigt Möglichkeiten auf, um sich aus

der Einsamkeit zu befreien.

Sie selber fühlt sich nicht einsam und blickt gerne auf

ihr intensives Leben zurück. Zudem ist sie seit Jahrzehn-

ten in zwei Gruppen aktiv. Die eine trifft sich jeden

Monat zu Diskussionen über aktuelle Fragen und an-

schliessendem gemütlichem Beisammensein. Die andere

ist eine Schreibwerkstatt von zehn Frauen. Für diese

schreibt sie Texte zu einem festgelegten Thema, die bei

den monatlichen Treffen vorgelesen und mit den anderen

Geschichten diskutiert werden.

Es ist ihr sehnlichster Wunsch, möglichst lange selbst-

ständig zu bleiben. Miette Vonarburg möchte nicht

jammern über das, was nicht mehr möglich ist. Vielmehr

nimmt sie jeden Tag mit allem, was er bringt, als

Geschenk und geniesst dankbar das, was sie hat.

MoniKa FiScher

Die Arbeit bei der Ehe- und Lebens-

beratungsstelle elbe in Luzern war

die einzige bezahlte Tätigkeit der

ausgebildeten Sozialarbeiterin Miette

Vonarburg-Marfurt. Danach engagierte

sich die fünffache Mutter ehrenamtlich

in verschiedenen Gremien.

WaS Macht eigentLich …?

Interessiert und offen

Foto: Peter Lauth