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Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 17
Elsa Brugger (Name erfunden) leidet seit Jahren an
Krebs. Immer wieder musste sie sich Operationen un-
terziehen und bekam kürzlich die Schreckensdiagnose,
dass sich der Krebs nicht mehr aufhalten lasse. Man
empfahl Elsa Brugger, die auf ihr Ableben hin notwendi-
gen Schritte zu unternehmen.
Elsa Brugger ist seit dem frühen Unfalltod ihres Ehe-
mannes alleinstehend, ihre Ehe blieb kinderlos. Als
gesetzliche Erben leben noch eine Schwester und zahl-
reiche Neffen und Nichten, die zu ihr aber keinen
Kontakt pflegen. Sollte Frau Brugger nun ohne Testa-
ment versterben, dann würden ihre Schwester und ihre
Neffen und Nichten den Nachlass erhalten. Das will sie
nicht. Die Schwester hat genug zum Leben, und die
Neffen und Nichten sollen nichts erhalten, weil sie sich
ja auch nie um ihre Tante gekümmert haben. Also will
Elsa Brugger ein Testament verfassen. Da sie keine
Kinder hatte, der Ehemann und ihre Eltern vorver-
storben sind, hat Elsa Brugger auch keine Pflichtteils-
erben und kann frei über ihren Nachlass verfügen.
Doch was geschieht, wenn Frau Brugger verstirbt?
Wer findet ihr Testament, und wer handelt danach? Wer
macht ihre letzte Steuererklärung für die Zeitperiode
vom 1. Januar bis zum Tage ihres Ablebens? Was soll mit
der Wohnung geschehen? Wer löst den Mietvertrag, die
Versicherungen auf? Wer sorgt für die Verteilung von
Mobiliar und Inventar?
Natürlich kann sich Elsa Brugger darauf verlassen,
dass dies irgendwer tut. Aber es ist ihr nicht einerlei,
wer das sein könnte. Ihre Schwester kommt wegen ihres
hohen Alters nicht infrage, die Neffen und Nichten aus
Ein Testament und die Benennung eines Willensvollstreckers helfen, über den Tod hinaus
klare und faire Verhältnisse zu schaffen. Anwalt Urs Manser erläutert anhand eines
Fallbeispiels, weshalb es wichtig ist, dem eigenen Willen rechtzeitig Ausdruck zu geben.
Was ist, wenn ich
nicht mehr bin?
erwähntem Grund schon gar nicht. Da Frau Brugger
ohnehin sicherstellen will, dass nach ihremAbleben alles
so funktioniert, wie sie es sich vorstellt, fragt sie ihren
Hausjuristen, seit Jahren eine enge Vertrauensperson,
um Rat.
Willensvollstrecker einsetzen
Frau Brugger erfährt, dass es in ihrem Fall ratsam wäre,
testamentarisch einen Willensvollstrecker oder eine
Willensvollstreckerin einzusetzen und ihn/sie mit der
Vollstreckung ihres letzten Willens zu beauftragen.
Nebst der Aufgabe, den testamentarischen Wünschen zu
folgen, ist der Willensvollstrecker von Gesetzes wegen
insbesondere beauftragt, die Erbschaft zu verwalten, aus
dem Nachlass die Schulden des Erblassers zu bezahlen,
die Vermächtnisse auszurichten und die Teilung nach
den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach
Vorschrift des Gesetzes auszuführen (Art. 518 Abs. 2
ZGB).
Diese Aufzählung ist nicht abschliessend. Daneben
sind mit dem Auftrag zur Willensvollstreckung auch die
gewöhnlichen Handlungen verbunden, die das Gesetz
nicht besonders hervorhebt. Dazu gehört etwa auch das
Ausfüllen der letzten Steuererklärung, weil diese die
Basis bildet für die letzte Steuerschuld, die dem Erb-
lasser bis zu seinem Todestag noch entstanden ist und
die durch den Willensvollstrecker zu begleichen ist. Zu
denken ist weiter an die Kündigung der Wohnung, der
Zeitungsabonnemente, des Telefon- und Fernseh-
anschlusses, die Postumleitung bzw. -rückleitung.
Der Auftrag des Willensvollstreckers kann aber
schon früher beginnen – etwa wenn Frau Brugger
möchte, dass ihr Willensvollstrecker die Trauerfeier
organisiert und dafür besorgt ist, dass beispielsweise ein
Leidessen stattfindet. Damit der Willensvollstrecker
aber überhaupt erfährt, dass Frau Brugger nicht mehr
lebt, muss das Testament natürlich umgehend zum
Vorschein kommen, und das tut es nicht unbedingt,
Urs Manser
(1961) ist rechtsanwalt und
notar, mediator sowie Supervisor für media
tion. Seine Schwerpunkte sind u.a. alle
angelegenheiten des Zivilrechts, namentlich
ehe- und erbrecht, Sachenrecht, arbeits-
und auftragsrecht, Werkvertragsrecht und
gesellschaftsrecht sowie vertragsrecht.