Zenit Nr. 4, November 2022

VON WALTER STEFFEN * Der Verkauf der St. Anna-Klinik 2005 an die HirslandenGruppe und die schon vorher vollzogene Aufgabe der Kliniken von Sorengo bei Lugano und Fribourg waren wichtige Weichenstellungen für die Schwesterngemeinschaft: Sie erlaubten ihr eine Neubesinnung auf ihre Grundwerte und auf neue Aufgaben. Die Gründung des St. AnnaVereins im Jahr 1909 steht im Zusammenhang mit der politischsozialen Neuorientierung des Schweizer Katholizismus um 1900. Katholische Priester und Laien besannen sich auf ihre Verantwortung im sozial-karitativen Feld. Der Kolping-Verein, die Vinzenz- und Elisabethenvereine, das Seraphische Liebeswerk für die Kinder24 Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 22 fürsorge und der Schweizerische Katholische Frauenbund sind Beispiele dafür. Die heute als veraltet geltende Bezeichnung «Schwester» für eine Pflegefachfrau deutet darauf hin, dass die Krankenpflege bis weit ins 20. Jahrhundert hinein Sache von Ordensfrauen war. Papst Leo XIII. verbot diesen aber im Jahre 1900 aufgrund ihres Keuschheitsgelübdes die Geburtshilfe und Wöchnerinnenpflege. Dies veranlasste Wilhelm Meyer, den Luzerner Regens des Priesterseminars 1909 dazu, den St. Anna-Verein zu gründen – zusammen mit Marie Estermann, Maria Anna Strübich und Josefina Bachmann. 1910 zählte der neue Verein bereits 39 Schwestern. Es war kein Orden, sondern eine «fromme Vereinigung von Töchtern», die dem Bischof von Basel unterstellt war. Das war eine raffinierte Umgehung des päpstlichen Erlasses: Im Unterschied zu Mitgliedern von Orden legten sie kein Gelübde ab. An der Aufnahmezeremonie gaben sie ein Versprechen ab, erhielDas Spital St. Anna gehört zur neueren Luzerner Geschichte, und die Geschichte der Luzerner St. Anna-Schwestern widerspiegelt die Entwicklung des Pflegeberufes in den letzten 100 Jahren. «Hilfreich und glücklich» – Werbebroschüre aus den 1960er-Jahren. Die St. Anna-Gemeinschaft im Jahr 1919 (oben). Emilie Dormann (rechts) war die Pionierin der Krankenpflege im Sanatorium St. Anna. Die St. Anna-Schwestern arbeiteten in unzähligen Krankenstationen, Sanatorien, Kinderheimen, Gefängnissen, Gemeinden, Pfarrhaushalten, in der Gassenarbeit sowie in den eigenen Kliniken in Luzern, Lugano, Freiburg und Zürich. Die St. Anna-Schwestern Bildquelle: «Die St. Anna-Schwestern» – Geschichte einer Gemeinschaft, Furrer Daniel u. a., Luzern 2015. Zu beziehen im Generalsekretariat, Tivolistr 21, 6006 Luzern.

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