Zenit Nr. 3, September 2023

Pro Senectute Kanton Luzern 3 | 23 11 ALTERSARMUT Nach neusten Berechnungen von Pro Senectute beziehen jedoch gut 16% der Rentnerhaushalte mit Anspruch auf Ergänzungsleistungen zur AHV diese Leistung nicht; sei es wegen fehlenden Wissens über ihre Rechte oder sei es aufgrund von Schamgefühlen, sozial abhängig zu werden. Frauen sind häufiger in einer Situation des EL-Nichtbezugs als Männer. Daneben sind Rentner und Rentnerinnen ausländischer Nationalität doppelt so häufig in einer Situation des Nichtbezugs als Schweizer Staatsangehörige. Den stärksten Effekt auf ein Nichtbeantragen von Ergänzungsleistungen zur AHV hat allerdings das Bildungsniveau. Etwas mehr als ein Drittel der Pensionierten mit einzig obligatorischem Schulabschluss beantragt keine EL, obschon sie einen klaren Anspruch aufweisen. Die Aufklärung älterer Menschen über ihre Rechte bleibt deshalb eine wichtige Aufgabe. Die Armutsbetroffenheit – in der reichen Schweiz – variiert regional wie sozial. So sind die Armutsquoten im Rentenalter in ländlichen Regionen der Schweiz – trotz teilweise geringerer Wohnkosten – höher als in städtischen Regionen. Im interkantonalen Vergleich zeigen sich die höchsten Armutsquoten im Tessin (2022: fast 30% einkommensarme AHV-Rentner und AHV-Rentnerin- – Fakten und Ursachen nen). Sozial betrachtet haben vor allem Bildungsniveau, ehemalige berufliche Position und Lebensform einen wichtigen Einfluss auf die wirtschaftliche Lage im Alter: Menschen ohne nachobligatorische Ausbildung weisen im Alter ein höheres Armutsrisiko auf als solche mit einem Abschluss auf Tertiärstufe. Personen mit tiefer Bildung profitieren im Rentenalter von deutlich weniger gesunden Lebensjahren als besser ausgebildete Gleichaltrige. Daneben sind alleinlebende ältere Menschen häufiger einkommensschwach als Menschen, die als Paar leben, sei es, weil Paare sich finanziell gegenseitig unterstützen können, oder sei es, weil Scheidung oder Tod des Ehepartners zur Verschlechterung der finanziellen Lage beitragen. Gleichzeitig zeigen sich weiterhin ausgeprägte geschlechtsbezogene Unterschiede. Frauen beziehen seltener Renten aus der zweiten Säule als Männer (50% versus 71%) und wenn sie dies tun, sind diese durchschnittlich rund 47% tiefer als jene der Männer. Dies hat mit familienbedingten Erwerbsunterbrüchen und häufiger Teilzeitarbeit, teilweise aber auch mit früheren Karriere- und Lohndiskriminierungen von Frauen zu tun. 1. Säule als wichtigste Einkommensquelle Sozialpolitisch zentral ist die Feststellung, dass weiterhin gut drei Viertel der Einkommen im Rentenalter auf Renteneinkommen (AHV, BV) basieren. Vermögenserträge oder Lohneinkommen im Rentenalter spielen nur für eine geringe Gruppe (von eher wohlhabenden Personen) eine Rolle. Für 80% der alleinstehenden Altersrentner und Altersrentnerinnen ist die 1. Säule (AHV) die weitaus wichtigste Einkommensquelle und bei älteren Paaren gilt dies für 60%. Insgesamt gesehen ist die wirtschaftliche Absicherung im Alter somit stark von sozialpolitischen Regelungen abhängig. Daran hat sich in den letzten Jahrzehnten kaum etwas verändert. Auch für die nächsten Jahre ist – unabhängig von einer eventuellen Zunahme an erwerbstätigen AHV-Rentnern und AHV-Rentnerinnen –keine grundsätzliche Veränderung absehbar. Literaturhinweis Bundesamt für Sozialversicherung (2023), Wirtschaftliche Situation der Alleinlebenden in der Schweiz, Bern. Bundesamt für Statistik (2020), Armut im Alter, BFS-Aktuell, Oktober 2020, Neuchâtel. Bundesrat der Schweiz (2022), Erfassung des Gender Overall Earnings Gap und anderer Indikatoren zu geschlechtsspezifischen Einkommensunterschieden. Bericht des Bundesrats in Erfüllung des Postulats 19.4132, Marti Samira vom 25. Sept. 2019, Bern (7. Sept. 2022) Meuli, Nora; Knöpfel, Carlo (2021) Ungleichheit im Alter. Eine Analyse der finanziellen Spielräume älterer Menschen in der Schweiz, Zürich: Seismo.

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