Zenit Nr. 1. März 2024

Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 24 21 PERSÖNLICHKEITEN Im Verlauf der Jahre kauften Pereiras in Gondomar ein Haus mit dem Ziel, nach der Pensionierung hierher zurückzukehren. Diesen Traum machten sie 2022 wahr. Der Übergang ins neue Leben in der alten Heimat war nicht nur einfach. So vermissen sie noch heute das gut ausgebaute Schweizer Gesundheitssystem. Dafür geniessen sie das milde Klima, das nahe Meer und natürlich ihr schönes Haus. Wirklich schwierig ist hingegen, dass Sohn Tiago (37) und seine beiden Im neuen Zuhause angekommen Als Jules Barili seine Gedanken über den Umzug in eine Alterswohnung verschriftlichte, wählte er den markanten Titel: «Die Vertreibung aus dem Paradies». Ganz so ernst sei er nicht gemeint, fügt er augenzwinkernd an. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, wie anspruchsvoll es ist, Geliebtes loszulassen und sich auf etwas Neues einzustellen. Mit 65 hatten sich Jules und Romy Barili (heute beide 82) den Traum einer Eigentumswohnung erfüllt, in Obernau bei Kriens mit Panoramasicht in die Berge. Doch dann bekam Jules Barili die Diagnose Parkinson und Romy Barili Probleme mit den Augen. Vor fünf Jahren gaben sie deshalb das Autofahren auf. Die steilen Zugänge zum Haus und die Entfernung zum Einkaufen wirkten sich nun doppelt aus. Schon länger hatten ihre beiden Kinder den Eltern vorgeschlagen, sich für eine Alterswohnung anzumelden. Diesen ersten Schritt tat das Paar im Frühling 2023 ohne grosse Begeisterung und im Vertrauen darauf, dass es vielleicht Jahre dauern würde, bis etwas frei wäre. Doch bereits Ende August kam die Mitteilung, im Quartier Schweighof stehe per November eine 3,5-ZimmerWohnung zur Verfügung. «Der Anruf war fast ein Schock, dennoch haben wir die Wohnung besichtigt. Und was ich vor Ort antraf, gefiel mir auf Anhieb», erinnert sich Jules Barili. Moderner Neubau, hell, sonnig, ver- glaste Loggia, hochwertiger Ausbau und Dienstleistungen wie etwa ein Notruf. Doch Jules Barili sah die Gefühlslage seiner Gattin: «Sie war über die Tatsache, ihre geliebte Wohnung an prächtiger Lage nun abrupt für immer verlassen zu müssen, sehr traurig.» Romy Barili bestätigt ihre damalige Traurigkeit. Doch sie spürte auch, dass es Zeit war, einen Entscheid zu fällen. Nicht alles war perfekt am neuen Ort. «Eigentlich wollte ich nie in dieses Quartier ziehen, in Obernau hatten wir so wunderbare Spazierwege. Aber die Wohnung ist schön und wir hatten ja nur dieses Angebot. Also fanden wir, wir könnten uns arrangieren, und sagten zu.» Unter Mithilfe der Kinder mit Anhang bezog das Paar am 7. November 2023 sein neues Zuhause. Die ersten Wochen bleiben zwar als etwas chaotisch in Erinnerung. Doch es gab auch Schönes: Der Perserteppich passte zentimetergenau in die neue Stube, auch das Sofa und die Relax-Sessel. Zudem schätzen Barilis die Extras wie den offenen Dachgarten, die wöchentlichen Spiel- und Jassnachmittage und natürlich das Restaurant «Fratelli» im Erdgeschoss, wo sie sich mit ihrem Besuch gerne zum Mittagessen treffen. Und dann sind da auch die vielen Mitbewohnenden. «Vorher waren wir die Ältesten im Haus, fast alle anderen waren berufstätig und tagsüber auswärts. Hier treffen wir viel mehr Leute und mit allen besteht eine Du-Kultur. Das gefällt uns.» Nur noch selten wandern ihre Gedanken zurück zum alten Zuhause in Obernau. «Wir hatten das grosse Glück, ein Objekt zu finden, das uns gefällt», bilanziert Romy Barili. «Aber es braucht schon auch etwas Offenheit und Toleranz. Das hat uns geholfen, am neuen Ort anzukommen und heimisch zu werden.» Kinder nun 1900 Kilometer entfernt von ihnen leben. Als Fernando und Anna Rosa Pereira beim Video-Anruf davon erzählen, können sie die Tränen nicht zurückhalten. «Das ist sehr hart», sagt Anna Rosa Pereira. «Ich liebe meine Enkel und meinen Sohn. Er war immer für mich da.» Auch für Tiago Pereira ist die Situation schwerer als erwartet. «Ich wusste ja, dass meine Eltern zurück nach Portugal wollen. Aber ich hätte nicht gedacht, dass ich sie so vermissen werde.» Whatsapp-Videoanrufe müssen den persönlichen Kontakt ersetzen. Diese Möglichkeit nützt Familie Pereira rege, manchmal mehrfach täglich. Und Tiago besucht seine Eltern regelmässig in Portugal. War es richtig, in die Heimat zurückzukehren? «Sicher», sagt Fer- nando Pereira ohne Zögern. Bei seiner Frau hingegen sind leichte Zweifel zu spüren. «Aber ich kann ja meinen Mann hier nicht alleine lassen. Das ist viel zu gefährlich», sagt sie augenzwinkernd und lacht ihm zu.

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