Zenit Nr. 1, Februar 2023

Apropos Mitarbeitende: Stimmt die Erzählung, dass Carl Elsener alle 1000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Ibach beim Namen kennt? Jetzt schmunzelt der CEO nicht nur leise, sondern lacht. «Als ich einstieg, kannte ich die meisten», sagt er. «Aber bei unserer Grösse ist das fast nicht mehr möglich.» Er bemühe sich jedoch, mehrmals jährlich durch alle Abteilungen zu gehen, damit er für die Mitarbeitenden wahrnehmbar sei. Und an der Weihnachtsfeier in der festlich geschmückten Stahlhalle dankt er allen Mitarbeitenden persönlich mit Handschlag und überreicht ihnen ein kleines Weihnachtsgeschenk. «Ich habe extrem Freude, dass ich für eine solch tolle Marke arbeiten darf, die für Schweizer Qualität und Zuverlässigkeit steht.» Doch selbst der friedfertige CEO wird zum Löwen, wenn Victorinox in Gefahr ist. Elsener schreckt selbst vor zermürbenden Markenstreitereien an amerikanischen Gerichten nicht zurück. «Wenn es um unser Unternehmen und um unsere Marke geht, werde ich zum Kämpfer.» Da trete er bestimmt auf und nehme auch harte Worte in den Mund. Ab und zu können ihn selbst Mitarbeitende wütend machen. Nämlich dann, wenn sie bürokratisch handeln, statt den Kunden ins Zentrum zu stellen. «Bei der Grösse unseres Unternehmens sind Guidelines unerlässlich», betont Elsener. «Dennoch sollte man den gesunden Menschenverstand nicht vergessen.» Familienzeit als Luxus Zum Glück findet Carl Elsener immer wieder den Ausgleich. Insbesondere bei seiner Frau Veronika, welche als Geschäftsleitungsmitglied und Marketingchefin ebenfalls eine wichtige Rolle im Unternehmen spielt, und bei seinen drei mittlerweile erwachsenen Kindern. Im November wurde er erstmals Grossvater. Elseners Augen leuchten, wenn er vom Grosskind erzählt. Erholung findet er zudem beim Yoga oder beim Langlaufen im Engadin. Familienerlebnisse seien für ihn der Luxus, den er sich Gebäude zusammenführen sollte. Also folgte der Sohn dem Wunsch des Vaters, trat ins Unternehmen ein, absolvierte erst einmal eine KV-Lehre und half mit, die VictorinoxProduktion der Zukunft zu planen. Schon damals machte die Firma einen Umsatz von 70 Millionen. Sein Vater führte das Unternehmen aber noch immer als Patron. «Wir hatten im ganzen Betrieb eine Gegensprechanlage», erinnert sich Carl Elsener. Wenn durch die Produktion hallte: «Ist der Junior da? Der soll zu mir ins Büro kommen», folgte man dem Ruf. Einen strukturierten Tagesablauf oder geplante Meetings, auf die man sich hätte vorbereiten können, gab es noch nicht. Wenn der heutige CEO an diese Zeiten zurückdenkt, kann er sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Während 34 Jahren arbeiteten Vater und Sohn im gleichen Büro. Eingeengt fühlte sich Carl Elsener nicht. Und es sei auch keine Flucht gewesen, als er ein halbes Jahr lang in Connecticut in den USA arbeitete und dort zudem eine Vertriebs- und Marketingausbildung absolvierte. Er erfuhr bei einem Importeur einiges über Marketing – «damals hatten wir noch gar kein Marketing» – und lernte im Kontakt mit den Endkunden, wie wichtig es ist, ein gutes Gespür für deren Wünsche zu entwickeln. Der Erfolg von Victorinox basiere auf den vier Säulen: Mitarbeitende, Kunden, Produkte und Marke. «Mein Vater pflegte zu sagen: Wenn man gut zu seinen Leuten schaut, eine enge Beziehung zur Kundschaft pflegt und sie begeistert, top Produkte herstellt und an der Ausstrahlung der Marke arbeitet, kann man nicht viel falsch machen.» Die Mitarbeitenden stehen bei Carl Elsener ganz besonders im Fokus. Langfristig Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten ist zentral – früher wie heute. Selbst in grössten Krisen, beispielsweise nach den Terroranschlägen von 9/11, als der Umsatz des Taschenmessers über Nacht um 30 Prozent einbrach, sprach Victorinox keine Kündigungen aus. Stattdessen gab es interne Umverteilungen beim Personal, und Mitarbeitende wurden in andere Betriebe ausgemietet. 6 Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 «Wenn es um das Unternehmen geht, dann werde ich zum Kämpfer.»

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