Zenit Nr. 1, Februar 2023

Carl Elsener «Wenn es um unsere Marke geht, werde ich zum Kämpfer» 1|23 FEBRUAR Blick in die Geschichte Wie Mussolini die Schweiz angreifen wollte Enkeltrick-Telefonbetrug So perfid gehen die Betrüger vor Was macht eigentlich? Zu Besuch bei Angelica Ferroni SCHWERPUNKT: Digitalisierung – Chancen und Risiken

2 Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 Inserat lu.prosenectute.ch/Talk Pro SenectuteTALK Bereits die griechischen Philosophen beschäftigten sich intensiv mit der Frage, wann ein Mensch glücklich ist. Braucht es auch die Lebenstiefen um intensive Lebensfreude zu verspüren? Wie können wir ein anhaltendes Gefühl von Zufriedenheit erlangen und im Einklang mit uns selbst leben? Kurt Aeschbacher diskutiert mit seinen prominenten Gästen, was sie glücklich macht, wie sie aus schwierigen Momenten zurück zur Lebensfreude fanden und wann sie in ihrem Leben schon «Glück gehabt» haben. Moderation Kurt Aeschbacher Miƒwoch, 28. Juni 2023 17.00 Uhr, KKL Luzern, Konzertsaal Evelyne Binsack Beni Thurnheer Peach Weber Ludwig Hasler Partner Medienpartner «Glück und LebensfreudeŒ Was im Leben wirklich zählt! Preiskategorien: CHF 15.-/32.-/42.- Ihre Eintri’skarte erhalten Sie beim KKL Luzern, kkl-luzern.ch, Telefon 041 226 77 77 Gesprächsgäste: − Evelyne Binsack, Berufsbergführerin, Mentaltrainerin und Buchautorin − Beni Thurnheer, Moderator und Buchautor − Ludwig Hasler, Philosoph und Publizist − Peach Weber, Komiker Unterhaltung mit Komiker Peach Weber.

EDITORIAL «Digitalisierung – Chancen und Risiken» Geschätzte Leserinnen und geschätzte Leser, geschätzte Neupensionierte Mit dieser ersten zenit-Ausgabe des Jahres erhalten drei Jahrgänge von Neupensionierten zum ersten Mal das Magazin von Pro Senectute Kanton Luzern. Mit dem zenit informieren wir Sie vierteljährlich über alles Relevante rund ums Altern, bieten Hintergrund, Rat und viele persönliche Einblicke. Mit dem zenit werden Sie gut informiert älter. Das Magazin wird kostenlos versendet und ist eine von vielen Dienstleistungen, welche Pro Senectute den Seniorinnen und Senioren des Kantons bietet. Falls Sie kein physisches Magazin erhalten möchten, können Sie es mit einem Anruf oder einem Mail ganz einfach abbestellen. Vielleicht wäre dann unser monatlicher Newsletter etwas für Sie? Sind Sie bereit für die digitale Zukunft? Der momentane Digitalisierungsdruck und das Tempo sind für alle eine Herausforderung. Dass dabei die älteren Generationen nicht abgehängt werden, ist für uns zentral. Bei Victorinox war die Digitalisierung schon früh ein Thema. Im zenit erzählt Konzernchef Carl Elsener, dass bereits sein Vater, ein Tüftler und Perfektionist, die Automatisierung vorantrieb. Im Fachbeitrag blickt Kathrin Leitner von der Hochschule Luzern voraus, welche Chancen, aber auch Risiken die Digitalisierung für Seniorinnen und Senioren mit sich bringt. Fünf Persönlichkeiten berichten über ihre digitalen oder analogen Erfahrungen. Die heute 89-Jährige Katharina von Burg hat vor 15 Jahren einen PC-Kurs bei Pro Senectute besucht. Seit ihrem Umzug in die Residenz Sonnmatt ist der Computer für sie noch wichtiger geworden. Er sei ihr Kontakt zur Welt, sagt sie. Üben, üben, üben – so lautet der Tipp von SmartphoneKursleiterin Nicola Wyss. Pro Senectute Kanton Luzern bietet viele PC- und Handykurse für AnfängerInnen und Fortgeschrittene an. Lassen auch Sie sich vom vielfältigen Kursprogramm von Bildung+Sport inspirieren. Wir freuen uns auf Ihren Besuch. Ruedi Fahrni Vorsitzender der Geschäftsleitung Pro Senectute Kanton Luzern Impressum Zenit ist ein Produkt von Pro Senectute Kanton Luzern Erscheint vierteljährlich Redaktionsadresse Zenit, Pro Senectute Kanton Luzern Maihofstrasse 76 Postfach 6002 Luzern 041 226 11 88 info@lu.prosenectute.ch Redaktion Esther Peter (Leitung) Robert Bossart Astrid Bossert Meier Heidi Stöckli (publizistische Leitung) Layout/Produktion Media Station GmbH Inserate lu.prosenectute.ch/Zenit Druck und Expedition Vogt-Schild Druck AG Gutenbergstrasse 1 4552 Derendingen Auflage 57 000 Abonnemente Für Spendende und club-sixtysix-Mitglieder im Jahresbeitrag inbegriffen 04 IM ZENIT Im Gespräch mit Carl Elsener 8 SMART AGING Dr. Kathrin Leitner über die Chancen und Risiken der Digitalisierung. 10 HANDYKURSE Kursleiterin Nicola Wyss erklärt, worauf man im Umgang mit dem Smartphone achten muss. 12 PERSÖNLICHKEITEN Zwei Frauen und drei Männer verraten, wie die Digitalisierung ihr Leben beeinflusst. 16 DIGITALES ALPHABET Die wichtigsten Begriffe kurz erklärt. 19 WAS MACHT EIGENTLICH? Zu Besuch bei Angelica Ferroni. 20 BLICK IN DIE GESCHICHTE Wie Mussolini die Schweiz angreifen wollte. 25 BESUCHSDIENSTE Wie Freiwillige alleinstehenden Personen Zeit schenken. 27 RÜCKBLICK Impressionen aus den Neujahrskonzerten und ein Dankeschön für die Spenden 2022. 28 AGENDA Spannende Anlässe und Termine. 35 RATGEBER Andrea Ramseier, Leiterin Treuhanddienst, erläutert, was man bei Schenkungen beachten muss. 36 TELEFONBETRUG Eine Betroffene schildert, wie sie beinahe Opfer eines dreisten Betruges wurde. 39 GUT ZU WISSEN Wichtige Adressen von Pro Senectute. Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 3 inhalt

In vierter Generation führt Carl Elsener die Schweizer Traditionsmarke Victorinox. So zuvorkommend der Chef von 2100 Mitarbeitenden ist, manche Dinge machen selbst ihn wütend. Und wenn er dereinst in Rente gehen wird, will der heute 64-Jährige mehr jassen und mehr zaubern. VON ASTRID BOSSERT MEIER Der Boden vibriert, wenn gewaltige Maschinen mit 40 Tonnen Druck Messerklingen aus einem drei Millimeter dicken Stahlband ausstanzen. Es wird tropisch warm, wenn die Klingen bei 1050 Grad imOfen gehärtet werden. Es zischt und rattert, wenn in der Montageabteilung Maschinen und flinke Hände aus über 100 Einzelteilen ein Taschenmesser fertigen. Und egal, wo in der weitläufigen Produktion man sich befindet, überall hängt ein leicht metallischer Geruch in der Luft. Bei Victorinox in Ibach SZ entstehen tagtäglich 45 000 Taschenmesser und 90 000 Haushalt- und Berufsmesser. Das Unternehmen beschäftigt 2100 Mitarbeitende, davon 1200 in der Schweiz. Es unterhält unter anderemNiederlassungen in Polen, den USA, Mexiko, China und Indien und verkauft seine Produkte in über 120 Ländern. Das alles Der freundliche Mes weiss Marika Farkas, welche uns durch die riesige und verwinkelte Produktion führt. Der Rückweg führt über den Bürotrakt. «Und hier ist übrigens das Büro von Herrn Elsener», sagt Marika Farkas und weist auf eine halb offene Tür. Dieses schlichte Büro, das sich nicht imGeringsten von den anderen auf diesem Stockwerk abhebt, gehört dem Chef eines weltweit tätigen Unternehmens, das einen jährlichen Umsatz von über 400 Millionen Franken erwirtschaftet. Als Carl Elsener seinen Namen hört, hebt er den Kopf und kommt von seinem Stehpult lächelnd zur Tür. Der Victorinox-CEO sei bescheiden, verantwortungsvoll, verlässlich, ehrlich, menschlich. Mit diesen und ähnlichenWorten wird Carl Elsener in denMedien immer wieder beschrieben. Doch kein Adjektiv könnte ihn besser charakterisieren als das Bild des CEOs in seinem beschei4 Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 Fotos: Raphael Hünerfauth

Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 5 sermacher IM ZENIT denen Büro. Später, beim Interview mit dem Konzernchef, kann man es drehen und wenden, wie man will: Carl Elsener bleibt der Mensch mit Bodenhaftung, der die sieben Victorinox-Unternehmenswerte Offenheit, Vertrauen, Respekt, Dankbarkeit, Bescheidenheit, Mut und Verantwortung nicht nur predigt, sondern lebt. In vierter Generation führt Carl Elsener das Familienunternehmen Victorinox. Sein Urgrossvater Karl Elsener hat die Firma 1884 mit der Unterstützung seiner Mutter Victoria gegründet. Er eröffnete in Ibach einen Betrieb zur Herstellung von Messern und chirurgischen Instrumenten, aus dem sich die Messerfabrik Victorinox entwickelte. Carl Elsener wuchs auf demVictorinox-Fabrikareal auf. Über den damaligen Produktions- und Büroräumlichkeiten befanden sich die Wohnung der Familie sowie eine weitere Wohnung, in welcher die Grossmutter, Onkel und Tanten wohnten. Sein Vater Carl Elsener III. war als Einziger von sechs Geschwistern verheiratet. Vielleicht hatten er und seine Frau Elise aus diesem Grund eine besonders grosse Familie mit elf Kindern. An Spielkameraden mangelte es Carl Elsener IV. wohl nie. Und auch sonst hatte er eine gute Kindheit, bekräftigt er. «Nach der Schule waren wir oft in der Fabrik, das war für uns wie ein Spielplatz. Und manchmal füllten wir einen Korb mit Äpfeln und Orangen und boten den Mitarbeitenden die Früchte in der Pause für 20 Rappen an.» So verdiente der heutige CEO sein erstes Taschengeld. Geprägt wurde Carl Elsener vor allem von seinem Vater, einem Tüftler und Perfektionisten, der die Automatisierung und Rationalisierung der Fabrik vorantrieb und das Sortiment erweiterte – aber auch von seiner Grossmutter. Diese ging jeden Abend durch die Büros und sammelte aus den Papierkörben jene Blätter, die nur einseitig beschrieben waren. «Am Mittwochnachmittag hatte ich die Aufgabe, die beschriebenen Seiten durchzustreichen, damit die Rückseite als Notizpapier weiterverwendet werden konnte», erinnert sich Carl Elsener. Bescheidenheit und Sparsamkeit galten in der Familie schon damals als Tugenden. Eigentlich wollte Carl Elsener nach der Matura in St. Gallen Wirtschaft studieren. Doch sein Vater plante damals einen richtungsweisenden Neubau, der die gewachsenen Betriebsstrukturen optimieren und in einem «Die Fabrik war für uns Kinder fast wie ein Spielplatz.»

Apropos Mitarbeitende: Stimmt die Erzählung, dass Carl Elsener alle 1000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Ibach beim Namen kennt? Jetzt schmunzelt der CEO nicht nur leise, sondern lacht. «Als ich einstieg, kannte ich die meisten», sagt er. «Aber bei unserer Grösse ist das fast nicht mehr möglich.» Er bemühe sich jedoch, mehrmals jährlich durch alle Abteilungen zu gehen, damit er für die Mitarbeitenden wahrnehmbar sei. Und an der Weihnachtsfeier in der festlich geschmückten Stahlhalle dankt er allen Mitarbeitenden persönlich mit Handschlag und überreicht ihnen ein kleines Weihnachtsgeschenk. «Ich habe extrem Freude, dass ich für eine solch tolle Marke arbeiten darf, die für Schweizer Qualität und Zuverlässigkeit steht.» Doch selbst der friedfertige CEO wird zum Löwen, wenn Victorinox in Gefahr ist. Elsener schreckt selbst vor zermürbenden Markenstreitereien an amerikanischen Gerichten nicht zurück. «Wenn es um unser Unternehmen und um unsere Marke geht, werde ich zum Kämpfer.» Da trete er bestimmt auf und nehme auch harte Worte in den Mund. Ab und zu können ihn selbst Mitarbeitende wütend machen. Nämlich dann, wenn sie bürokratisch handeln, statt den Kunden ins Zentrum zu stellen. «Bei der Grösse unseres Unternehmens sind Guidelines unerlässlich», betont Elsener. «Dennoch sollte man den gesunden Menschenverstand nicht vergessen.» Familienzeit als Luxus Zum Glück findet Carl Elsener immer wieder den Ausgleich. Insbesondere bei seiner Frau Veronika, welche als Geschäftsleitungsmitglied und Marketingchefin ebenfalls eine wichtige Rolle im Unternehmen spielt, und bei seinen drei mittlerweile erwachsenen Kindern. Im November wurde er erstmals Grossvater. Elseners Augen leuchten, wenn er vom Grosskind erzählt. Erholung findet er zudem beim Yoga oder beim Langlaufen im Engadin. Familienerlebnisse seien für ihn der Luxus, den er sich Gebäude zusammenführen sollte. Also folgte der Sohn dem Wunsch des Vaters, trat ins Unternehmen ein, absolvierte erst einmal eine KV-Lehre und half mit, die VictorinoxProduktion der Zukunft zu planen. Schon damals machte die Firma einen Umsatz von 70 Millionen. Sein Vater führte das Unternehmen aber noch immer als Patron. «Wir hatten im ganzen Betrieb eine Gegensprechanlage», erinnert sich Carl Elsener. Wenn durch die Produktion hallte: «Ist der Junior da? Der soll zu mir ins Büro kommen», folgte man dem Ruf. Einen strukturierten Tagesablauf oder geplante Meetings, auf die man sich hätte vorbereiten können, gab es noch nicht. Wenn der heutige CEO an diese Zeiten zurückdenkt, kann er sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Während 34 Jahren arbeiteten Vater und Sohn im gleichen Büro. Eingeengt fühlte sich Carl Elsener nicht. Und es sei auch keine Flucht gewesen, als er ein halbes Jahr lang in Connecticut in den USA arbeitete und dort zudem eine Vertriebs- und Marketingausbildung absolvierte. Er erfuhr bei einem Importeur einiges über Marketing – «damals hatten wir noch gar kein Marketing» – und lernte im Kontakt mit den Endkunden, wie wichtig es ist, ein gutes Gespür für deren Wünsche zu entwickeln. Der Erfolg von Victorinox basiere auf den vier Säulen: Mitarbeitende, Kunden, Produkte und Marke. «Mein Vater pflegte zu sagen: Wenn man gut zu seinen Leuten schaut, eine enge Beziehung zur Kundschaft pflegt und sie begeistert, top Produkte herstellt und an der Ausstrahlung der Marke arbeitet, kann man nicht viel falsch machen.» Die Mitarbeitenden stehen bei Carl Elsener ganz besonders im Fokus. Langfristig Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten ist zentral – früher wie heute. Selbst in grössten Krisen, beispielsweise nach den Terroranschlägen von 9/11, als der Umsatz des Taschenmessers über Nacht um 30 Prozent einbrach, sprach Victorinox keine Kündigungen aus. Stattdessen gab es interne Umverteilungen beim Personal, und Mitarbeitende wurden in andere Betriebe ausgemietet. 6 Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 «Wenn es um das Unternehmen geht, dann werde ich zum Kämpfer.»

IM ZENIT Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 7 leiste. Einmal war es ein gemeinsames Trekking auf dem kalifornischen John-Muir-Trail, wo das Essen für zehn Tage mitgeschleppt werden musste, ein anderes Mal sogar die Besteigung des Kilimandscharo mit Zeltübernachtungen. «Das liebe ich mehr als ein Fünfstern-Hotel.» Nächsten Sommer wird Carl Elsener 65. Die AHV hat er schon mal aufgeschoben. Er sei gesund, motiviert und noch immer offen für Entwicklungen. Deshalb wird er vorläufig weiterarbeiten. Bis 90 wie sein Vater? «Nein», winkt er ab. «Bei den heutigen Anforderungen ist es wichtig, irgendwann einen klaren Schnitt zu machen.» Aber vielleicht bis 70. Aktuell arbeiten zwei seiner Kinder im Unternehmen mit, dazu acht weitere Familienmitglieder. Eine familieninterne Nachfolge würde Carl Elsener gefallen. «Doch wir müssen sehr sorgfältig sein, wemwir diese verantwortungsvolle Aufgabe übertragen. Gefragt ist eine Person, die kann, die will und die auch die nötige Leidenschaft mitbringt.» Der heutige CEO verhehlt nicht, dass er sich freuen würde, wenn jemand aus der fünften Generation in Zukunft die Verantwortung übernehmen würde. «Aber auch diese Generation muss sich bewähren und sich bewusst sein, dass überdurchschnittliches Engagement und Einsatz gefragt sind.» Verborgene Talente ausleben Ob mit 70, etwas früher oder auch etwas später: Irgendwann wird Carl Elsener IV. die Führung des Unternehmens an einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin übergeben. Er traue sich zu, dann loslassen zu können. «Zudem habe ich eine Frau, die mich diesbezüglich unterstützt», sagt er augenzwinkernd. Dann wird es mehr Raum und Zeit für Träume geben. Er möchte beispielsweise Länder intensiver bereisen, die er auf seinen Geschäftsreisen nur oberflächlich kennengelernt hat. Mehr lesen, Biografien oder Geschichtsbücher, wofür bisher nur wenig Zeit bleibt. Ausserdem jasse er sehr gerne. Diesem Hobby möchte er etwas intensiver nachgehen. «Und dann möchte ich wieder mehr zaubern», sagt er und sorgt bei der Journalistin für Verwirrung. Zaubern? Seitdem er als Kind einen Zauberkasten geschenkt bekam, ist er davon fasziniert. Jahre später kaufte er sich an einemMessestand in Las Vegas ein paar Zaubertricks hinzu und zauberte dann leidenschaftlich gern für die Familie oder Freunde – und vor vielen, vielen Jahren auch für die Schulklasse seiner späteren Frau, die damals die erste bis dritte Klasse unterrichtete. An diese «Karriere» möchte er nach der Pensionierung wieder anknüpfen. Wer weiss, vielleicht legt der Victorinox-CEO dann jeweils das nur gerade 21 Gramm leichte Mini-Taschenmesser Classic SD in seinen Hut und zaubert den 340 Gramm schweren Work Champ XL mit elf Zentimetern Länge und 31 Funktionen wieder hervor. Carl Elsener hätte bestimmt seine Freude daran. Victorinox setzt sich zusammen aus «Victoria», dem Namen der Mutter des Firmengründers, und «Inox», der Abkürzung für rostfreien Stahl. Das Unternehmen ist heute die grösste Messermanufaktur Europas. Das Sortiment an Taschenmessern und Multifunktionstools umfasst über 400 Modelle mit bis zu 80 verschiedenen Funktionen. Das Haushalt- und Berufsmesser-Sortiment ist noch grösser und umfasst 600 verschiedene Modelle für Privathaushalte, Profiküchen oder Metzgereien. 36 Prozent des Umsatzes macht das Unternehmen mit Taschenmessern, 34 Prozent mit Haushalt- und Berufsmessern, 17 Prozent mit Reisegepäck, 10 Prozent mit Uhren und 3 Prozent mit Parfums. Seit der Gründung 1884 ist Victorinox ein familiengeführtes Unternehmen. Carl Elsener leitet die Firma als Konzernchef und Präsident des Verwaltungsrates in vierter Generation. Im Jahr 2000 gaben er und seine zehn Geschwister ihre Aktien unentgeltlich in eine Unternehmensstiftung ein. Mit diesem Schritt wollten sie den Fortbestand des Unternehmens auch bei wirtschaftlich ungünstigen Rahmenbedingungen sichern. Die Stiftung hält heute 90 Prozent der Victorinox-Aktien, die restlichen 10 Prozent befinden sich im Besitz der gemeinnützigen Carl und Elise Elsener-Gut Stiftung. Victorinox beschäftigt weltweit 2100 Mitarbeitende, davon 1200 in der Schweiz an den Standorten Ibach SZ und Delémont JU, und ist die zweitgrösste Arbeitgeberin im Kanton Schwyz. Die Messerschmiede

Die meisten wünschen sich ein möglichst selbstbestimmtes Leben im Alter. Welche Chancen und Risiken bieten sich durch die Digitalisierung? Alterspolitik im digitalen Wandel 8 Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 Foto: Adobe Stock VON KATHRIN LEITNER * Die Transformation der Digitalisierung betrifft alle Bevölkerungsgruppen, auch diejenige von 65plus stark. Ihre Lebensbereiche werden von diesem tiefgreifenden Veränderungsprozess in Wirtschaft und Gesellschaft und den immer leistungsfähigeren Informations- und Kommunikationstechnologien stark tangiert. Und auch sie sind darauf angewiesen, auf diesen Wandel gut vorbereitet zu sein, um an ihm teilhaben zu können. Umso wichtiger ist daher ein Blick auf aktuelle Entwicklungen auf der politischen Ebene. Wie viel wissen wir über die digitalen Kompetenzen von Schweizer Seniorinnen und Senioren? Und wie sind etwa die Gemeinden aufgestellt, um «Smart Aging», also die digitale Teilhabe von älteren Menschen, zu fördern? Nehmen wir als Basis die «Strategie Digitale Schweiz 2023», die seit 2018 Leitlinien für das Handeln der Schweiz im Bereich der digitalen Transformation definiert. Ziel dieser Strategie ist, die Chancen des digitalen Wandels so zu nutzen, dass alle nachhaltig davon profitieren. Interessanterweise steht in dieser Leitlinie weniger die Technologie, sondern der Mensch im Mittelpunkt: Gemäss des «Digital first»-Prinzips der Strategie sollen daher digitale Angebote, die den Menschen nützen, konsequent priorisiert werden. D. h., man priorisiert digitale Lösungen, wann immer möglich und so weit sinnvoll. Wenn aber nötig, bietet man auch nicht-digitale, also analoge, Lösungen an. Dadurch unterscheidet sich «Digital First» vom Prinzip «Digital Only», das ausschliesslich auf digitale Lösungen setzt (Digitale Schweiz, 2022). Ein guter Mix zwischen digital und analog, abgestimmt auf die Bedürfnisse der Zielgruppen, könnte daher ein zielführender Ansatz für altersgerechte digitale Lösungen sein. Digitale Kompetenzen erweitern Es ist davon auszugehen, dass ältere Personen sehr wohl besser verstehen wollen und auch können, wie Informations- und Kommunikationstechnologien funktionieren, um sie selbstbestimmter anwenden zu können. Gerade weil die Transformation umfassend ist und viele Angebote (sei es E-Banking, online einkaufen usw.) nur online zur Verfügung stehen, sind sie auch darauf angewiesen, damit umgehen zu können. Sie wünschen sich und brauchen auch mehr Unterstützung beim Erlernen und Bedienen der Anwendungen. Aber es gibt Hürden. Viele, die ihre digitalen Kompetenzen erweitern möchten, trauen sich das Erlernen aber nicht zu. Im Gegensatz zu Deutschland hat sich die strategische Alterspolitik in der Schweiz noch weniger mit den Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung auseinandergesetzt. Ersichtlich wird dies auch darin, dass die erste gesamtschweizerische Bestandesaufnahme zur strategischen Altersarbeit in den Schweizer Gemeinden die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung für die ältere Bevölkerung noch nicht explizit adressiert. Schweizer Gemeinden stehen vor strategischen Herausforderungen, wenn es darum geht, ein Umfeld zu schaffen, das den Bedürfnissen der älteren Generationen gerecht wird und deren Gesundheit, Partizipation und selbstbestimmtes Handeln fördert. Viele Gemeinden erkennen in der Digitalisierung grosse Chancen, sehen in der eigenen Gemeinde aber erheblichen Nachholbedarf (Myni Gmeind», 2021; Tillessen, 2021). Eine altersgerechte Digitalisierungsberatung bzw. Technologieberatung als Baustein der kommunalen Dr. Kathrin Leitner, Hochschule Luzern – Soziale Arbeit – Institut für Soziokulturelle Entwicklung. Im Rahmen des Interdisziplinären Themenclusters (ITC) «Raum & Gesellschaft» forschen Teams der Hochschule Luzern zum Fokusthema Smarte Soziale Infrastrukturen im Bereich Digitalisierung und Alter: https://sites.hslu.ch/itc/raum-gesellschaft/

Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 9 SMART AGING Daseinsvorsorge und sozialen Infrastruktur ist für Schweizer Gemeinden noch kaum vorzufinden. Teilweise schliessen Gemeinden digitale Dienstleistungen in ihr Altersleitbild ein. Jedoch nehmen entsprechende Module einen vergleichsweise kleinen Fokus ein. Es ist zudem kaum validiert, ob entsprechende Umsetzungsmassnahmen von älteren Menschen akzeptiert werden und ob sie somit von diesen digitalen Dienstleistungen tatsächlich profitieren. Die offenen Bedürfnisse nach altersgerechten, niederschwelligen und flächendeckenden Angeboten zur Vermittlung von digitalen Kompetenzen müssen adressiert werden durch individualisierte Bildung für Personen ab 65 Jahren – gefördert durch eine Alterspolitik, welche die Bedürfnisse des Menschen im digitalen Wandel in den Mittelpunkt stellt und auch finanziell unterstützt. Das wird wegweisend sein für die kommenden Jahre. Dass die bestehenden Risiken minimiert und die vielfältigen Chancen der Digitalisierung auch in der älteren Bevölkerungsgruppe nachhaltig genutzt werden können, liegt in der gemeinschaftlichen Verantwortung und im andauernden Dialog mit den Individuen, den Zivilorganisationen, mit Bund/Kanton/Gemeinden und den Unternehmen. Hierfür müssen vermehrt Gefässe geschaffen werden durch eine selbstbewusste Alterspolitik, die eine (erweiterte) digitale Kompetenzentwicklung und altersgerechte Digitalisierungsberatung auf unterschiedlichen Ebenen aktiv fördert. Anliegen berücksichtigen und Dialog stärken Eine Chance zur Förderung von offenen Dialogen liegt auch in der Eigenverantwortung und einem politischen Engagement. Dies zeigt die erfolgreiche Seniorenkampagne «Ich bin alt, aber kein Idiot», initiiert vom 78-jährigen Carlos San Juan in Spanien auf «Change.org». Er startete eine Unterschriftenaktion gegen die totale Digitalisierung der Banken, weil er noch nicht gut mit Maschinen und Apps umgehen konnte. Wie viele seiner Unterstützenden fordert er nur, «würdig und persönlich» behandelt zu werden. Die Anliegen dieser immer grösser werdenden Altersgruppe müssen berücksichtigt werden und ihre Kompetenzen in einem offenen und transdisziplinären Dialog, der die Betroffenen wahr- und mitnimmt, gestärkt werden. Herausforderung digitale Welt: Ältere Menschen brauchen mehr Unterstützung.

Nicola Wyss, ist es wirklich nötig, dass sich auch Menschen über 70 oder 80 mit demHandy auskennen? Ja, es ist nötig, weil es so vieles vereinfacht. Die Bargeld- und Billettautomaten sind Auslaufmodelle. Der Abfallkalender der Stadt Luzern ist schon heute nur noch digital aufgeschaltet, ansonsten muss er speziell bestellt werden. Das sind nur zwei von vielen Beispielen. Ich weiss, dass das bei vielen Seniorinnen und Senioren für Unmut sorgt. Andererseits geht mit dem Handy vieles tatsächlich einfacher und es entstehen ganz neue, tolle Möglichkeiten. Das möchte ich in den Kursen aufzeigen. Worauf achten Sie beimUnterrichten ganz besonders? Ganz wichtig ist, den Teilnehmenden die Angst vor diesem «Knochen» zu nehmen. Kinder oder Enkelkinder betonen immer, wie einfach die Anwendung des Smartphones ist. Doch für Einsteigerinnen und Einsteiger ist das eine ganz neue Materie, mit der man sich erst vertraut machen muss. Schwierige Begriffe versuche ich mit einfachenWörtern zu umschreiben. Da wird der Home-Button, die kreisrunde Taste am unteren Rand des Bildschirms, schon mal zum «Tschüss-Knopf», weil man damit eine App beenden kann. 10 Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 Welches sind die wichtigsten Inhalte, die Sie im Kurs vermitteln? Im Grundkurs tasten wir uns langsam an das Gerät heran, betrachten es erst von aussen, lernen, wo man den Ton lauter oder leiser oder gar auf lautlos stellen kann, wo die Kamera ist, der Lautsprecher und so weiter. Ausserdem lernen wir die Anwendungsarten kennen, die es beim Smartphone gibt, mit dem Finger tippen oder über den Bildschirm wischen zum Beispiel. Das üben wir mit einfachen Aufgaben wie Wecker oder Stoppuhr ausprobieren. Mit den ersten Erfolgen verfliegen auch die Ängste. Ein wichtiger Inhalt im Grundkurs ist zudem das Telefonieren, inklusiv Speichern von Nummern als Kontakte. Im Aufbaukurs wird das Wissen vertieft, wir lernen, Apps herunterzuladen und diese zu organisieren. Welchen wichtigen Ratschlag geben Sie den Kursteilnehmenden mit auf denWeg? Das Wichtigste ist, dass man das Handy tatsächlich mitnimmt, wenn man aus der Wohnung geht. Ebenso wichtig ist, dass man telefonieren kann. Das gelingt nur, wenn man übt. Dutzende von Handykursen für Seniorinnen und Senioren hat Nicola Wyss (59) in den letzten Jahren geleitet. Ihr wichtigster Ratschlag an die Kursteilnehmenden: Das Handy nicht zu Hause lassen, wenn man die Wohnung verlässt, und immer wieder üben, wie man im Notfall jemanden anruft. Smartphone: Dank Kurs Foto: Astrid Bossert Meier Ein grosser Bildschirm dominiert den Schreibtisch im Büro von Katharina von Burg. Mit flinken Handgriffen ruft die 89-Jährige auf ihrem Computer das Grafikprogramm «Microsoft Paint» auf und öffnet eine Datei. Das Dokument beinhaltet schön gestaltete, Mit 89 Jahren immer noch tä Katharina von Burg ist oft zu Hause. Umso wichtiger ist für die 89-Jährige der Computer. Sie schaut auf Youtube Vorträge, schreibt E-Mails oder gestaltet mit einer Grafiksoftware kleine Büchlein mit Lebensweisheiten. Manchmal fühlt sie sich dennoch überfordert von der Technik. philosophische Gedanken zur Welt der Bäume. Diese druckt Katharina von Burg aus und bindet sie mittels Spiralbindung zu kleinen Büchlein. Über 500 Büchlein zu unterschiedlichen Themen hat sie in den letzten Jahren geschaffen.

Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 11 SMARTPHONE-KURS vom Feind zum Freund glich am Computer Wer einMusikinstrument lernt, sollte täglich üben, sagt man. Ist es beimHandy auch so? Natürlich wäre es gut, das Smartphone jeden Tag in die Hand zu nehmen und ein bisschen auszuprobieren – jemanden mit dem Handy anzurufen, die Wetter-App zu studieren oder sich Handyfotos anzuschauen. Aber ich Vor fünf Jahren ist Katharina von Burg in eine Wohnung der Residenz Sonnmatt oberhalb der Stadt Luzern gezogen. Seither ist der Computer noch wichtiger geworden. «Er ist mein Kontakt zur Welt.» Sie schreibt E-Mails, schaut sich interessante Vorträge auf Youtube an, liest im Internet Hinterartikel oder zahlt ihre Rechnungen per E-Banking. «Das alles würde ich ohne die Computerkurse, die ich vor Jahren bei Pro Senectute besucht hatte, nie schaffen.» Früher hatte Katharina von Burg eine Schreibmaschine. Irgendwann fand sie, es sei Zeit für einen Computer. Also kaufte sie einen. Als sie das Gerät jedoch zu Hause auspackte, realisierte sie: «Ich weiss ja nicht einmal, wie man es einschaltet.» Im Pro-Senectute-Basiskurs lernte sie die Grundlagen der Anwendung. In Aufbau- und Wiederholungskursen vertiefte sie ihr Wissen. «Das verlangte Hartnäckigkeit», erinnert sich Katharina von Burg. «Nach jeder Schulung musste ich das Gelernte zu Hause wiederholen.» So kam sie mit dem Computer immer besser zurecht. Doch auch Katharina von Burg hat ihre Probleme mit der Technik. «Wenn etwas nicht funktioniert, werde ich schnell nervös und fühle mich überfordert.» Wer hilft ihr in solchen Momenten? «Teure Leute für hundert Franken pro Stunde», antwortet die Seniorin und lacht kopfschüttelnd. Manchmal sei sie auf fremde Hilfe angewiesen. «Doch mittlerweile kenne ich mich recht gut aus und kann mir auch selber helfen.» Das Wichtigste dabei: nicht aufgeben, immer interessiert und immer neugierig bleiben. ASTRID BOSSERT MEIER zwinge niemanden. Es gibt auch viel Schönes in der realen Welt. Ein Smartphone-Kurs ist eine tolle Sache. Doch oft braucht man auch später noch etwas Unterstützung. Soll man Kinder oder Grosskinder umHilfe bitten? Warum nicht? Es bedingt aber, dass Kinder oder Grosskinder Geduld haben und bereit sind, etwas bei Bedarf auch mehrmals zu erklären. Ausserdem brauchen sie ein gutes Gespür dafür, auf welchem Niveau sie ansetzen müssen. Man muss sich in die andere Person hineinversetzen können. Manchmal klappt das sehr gut und es ist für beide Seiten bereichernd, wenn die Enkelkinder den Grosseltern etwas erklären. Auf welche App auf Ihrem Handy möchten Sie persönlich auf keinen Fall mehr verzichten? Da muss ich vorausschicken, dass ich eine technikaffine Person bin und vieles mit dem Smartphone erledige. Auf keinen Fall möchte ich auf die Anwendung «Fairtiq» verzichten. Dank dieser App löse ich mein Bus- oder ZugTicket mit einem einzigenWisch nach rechts beim Einsteigen und einem Wisch nach links beim Aussteigen. Das ist wirklich praktisch. Ausserdem habe ich die App «Stocard», wo ich sämtliche Kundenkarten digital speichere. Und auch auf «Twint» möchte ich nicht mehr verzichten, weil ich damit beispielsweise die Parkuhr ohne Münz bedienen kann. Interview: Astrid Bossert Meier KURSPROGRAMM B+S Möchten auch Sie einen Digitalkurs bei Bildung+Sport besuchen? Das gesamte Kursprogramm finden Sie auf der Website www.lu.prosenectute.ch/Freizeit. So melden Sie sich via QR-Code an: 1. QR-Code unter www.lu.prosenectute.ch/Freizeit auswählen 2. Handy-Kamera öffnen 3. QR-Code scannen 4. Angebote entdecken. Über den jeweiligen QR-Code finden Sie auch die Detailprogramme der offenen Sportgruppen inkl. Durchführungsentscheide. Persönliche Beratung: Telefon 041 226 11 99, E-Mail: bildung.sport@lu.prosenectute.ch Foto: zVg

12 Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 PERSÖNLICHKEITEN Ist es wichtig, sich in Zukunft mit Smartphones und Co. auszukennen? Ist es in der heutigen Zeit überhaupt noch möglich, analog zu leben? Fünf Persönlichkeiten erzählen von ihren Erfahrungen mit der Digitalisierung. TEXT UND FOTOS: ASTRID BOSSERT MEIER (AB) UND ROBERT BOSSART (RB) Tagesmilchmenge: 1027 Kilogramm. Durchschnittlicher Kraftfutterverbrauch: 3,05 Kilo. Gestrige höchste Milchleistung: «Roka», 50,25 Kilo. Diese und viele weitere Daten liest Hans Holzmann auf seinem Handy ab. Er bedient sein Smartphone ganz selbstverständlich und findet sich auf der App des Melkroboter-Herstellers DeLaval problemlos zurecht. Das war vor eineinhalb Jahren ganz anders. Im Zusammenhang mit dem Stallneubau und dem anstehenden Generationenwechsel auf dem 20 Hektaren grossen Hof im Weiler Krumbach entschieden Sohn Adrian (29) und Vater Hans (59) Holzmann, einen Melkroboter anzuschaffen. «Ich war skeptisch», gibt der Landwirt unumwunden zu: Die diffizile Robotertechnik im Kuhstall, wo es auch einmal dreckig oder staubig ist, das konnte er sich nicht recht vorstellen. Dazu die Frage, ob er die Programme auch bedienen könne. Denn bis dahin hatte er am Computer nur gemacht, «was unbedingt sein musste». Doch mit Unterstützung seines Sohnes wagte er den Schritt. Seit eineinhalb Jahren ist der Melkroboter nun im Einsatz. «Das veränderte meinen Tagesablauf grundlegend», sagt Hans Holzmann. «Seit der Primarschule habe ich morgens und Melkroboter: Erst skeptisch, jetzt fasziniert Vor- und Nachteile der Digitalisierung abends die Kühe gemolken. Nun gehe ich zuerst zum Computer, um die Statistiken zu studieren.» Dank modernster Messtechnik sehen Holzmanns sogar, welche Kuh stierig wird oder wie es um die Eutergesundheit der Tiere steht. Wenn ihn seine Kollegen necken, er liege jetzt bestimmt bis neun Uhr im Bett, kontert er: «Die Arbeit ist einfacher, aber man muss viel mehr kontrollieren und beobachten.» Spricht Hans Holzmann vom Melkroboter mit all den neuenMöglichkeiten, spürt man seine Begeisterung. Als Freak würde er sich dennoch nicht bezeichnen. «Ich wusste, entweder lerne ich das jetzt, oder ich muss mir eine andere Arbeit suchen.» Hans Holzmann hat sich für Ersteres entschieden und seinen Mut bis heute nicht bereut. (AB) Hans Holzmann (59), Geuensee

Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 13 «Wir wollen Älteren die Angst nehmen» «Es geht halt alles sehr schnell und niemand erklärt dir, wie es genau funktioniert.» Christine Jordi, 65, ist imVerein «Computeria-Innerschwyz» tätig und organisiert Workshops für Seniorinnen und Senioren zu Themen wie Fotobearbeitung, Excel-Anwendungen, aber auch Basisthemen wie E-Mails schreiben. Die Erwachsenenbildnerin hat auch früher schon PC-Kurse gegeben und macht dies nun nur noch hobbymässig. Sie betont, dass es viele ältere Menschen gibt, die sich im digitalen Bereich sehr gut auskennen und entsprechend fit sind. «Es gibt aber auch solche, die sich seit der Pensionierung nicht mehr damit befassen und irgendwann merken, dass sie vieles vergessen haben, und dann wieder frisch anfangen, sich in die digitale Welt einzuleben.» Meist ist es mit einem Workshop am Mittwochnachmittag nicht getan. «Die Leute gehen nach Hause, und dann funktioniert beispielsweise das Mailprogramm nicht. Es geht darum, dass man die Anwendungen immer wieder üben und benutzen muss und dass es keinen Grund zur Panik gibt, wenn mal ein Fenster verschwindet. Diese Angst wollen wir ihnen nehmen.» (RB) Christine Jordi (65), Rickenbach SZ «Eigentlich bin ich erst mit der Pensionierung in die digitale Welt eingetaucht. Mir war vorher zu wenig bewusst, welche Dimensionen das Ganze annimmt», sagt Egon Babst, 73, der zusammen mit seinem Bruder Besitzer der Firma Wellis und der Möbelmarke Team by Wellis ist. Im Betrieb hatte er immer EDV-Verantwortliche, darum befasste er sich lange Zeit nicht mit diesem Bereich, sondern fokussierte sich auf Design und Marketing. Kurz vor der Pension besuchte er einen Word- und einen Excel-Kurs. Warum? «Mir ist bewusst geworden, dass ich in diesem Bereich etwas tun muss, damit ich als Pensionär aktiv am Leben teilnehmen kann.» Nebst Grosskinder hüten und Sport treiben wollte Egon Babst noch weitere Aufgaben wahrnehmen können. Ohne ein minimales digitales Know-how war das aber nicht möglich. Und so begann er vor etwa zehn Jahren damit, einen Stammbaum seiner Familie zu erarbei- «Mit der Pension in die Digitalisierung ten. Es folgten weitere Fotobuchprojekte in der Familie – alles mit Hilfe des Computers. Als die Pfadi Willisau vor drei Jahren ihren 90. Geburtstag feierte, machte sich Egon Babst daran, das ganze umfassende Archiv zu digitalisieren. Zusammen mit sechs Kollegen half er mit, Hunderte von Seiten einzuscannen und ein digitales Archiv anzulegen. Bereits ist ein nächstes Vorhaben geplant: Egon Babst wird mit Kollegen das Projekt für ein neues Pfadiheim aufgleisen. Dadurch sind auch viele neue Freundschaften entstanden. «Solche Arbeiten machen mir Spass und dazu brauche ich gewisse digitale Fähigkeiten.» Er betont, dass er «nur» Anwender sei. Aber er hat gelernt, wie er mit den raschen Veränderungen umgehen kann. «Ich mache mir eine Liste mit allen Fragen und bespreche diese dann mit jemandem aus der Familie.» (RB) Egon Babst (73), Willisau

14 Pro Senectute Kanton Luzern 1 I 23 In Kooperation mit Luzerner Kantonsspital | marketing@luks.ch | luks.ch/goz Öffentlicher Vortrag: «Gsond ond zwäg is Alter» Brustkrebs: Auch beim Mann ein Thema Dienstag, 4. April 2023, 18.30 bis 20.00 Uhr, Hörsaal, LUKS Luzern und als Livestream Der Eintritt ist frei. Bitte melden Sie sich auf luks.ch/goz an. Gerne laden wie Sie im Anschluss zu einem gesunden Apéro ein. Infos zum Thema: Rund ein Prozent der Krebsfälle betreffen Männer. Da es für Männer keine Früherkennungsprogramme gibt, wird die Krebserkrankung erst deutlich später als bei Frauen diagnostiziert 106_22_0052_Inserate_Gsond_ond_zwaeg_180x59.indd 1 23.01.2023 09:56:18 In Kooperation mit Luzerner Kantonsspital | marketing@luks.ch | luks.ch/goz Öffentlicher Vortrag: «Gsond ond zwäg is Alter» Schlafstörungen – Ursachen und Behandlung Dienstag, 2. Mai 2023, 18.30 bis 20.00 Uhr, Hörsaal, LUKS Luzern und als Livestream Der Eintritt ist frei. Bitte melden Sie sich auf luks.ch/goz an. Gerne laden wie Sie im Anschluss zu einem gesunden Apéro ein. Infos zum Thema: Ältere Menschen ab 60 Jahren leiden besonders häufig unter Schlafstörungen. Häufige Ursachen für Schlafstörungen sind mangelnde körperliche Bewegung und fehlende geistige Beschäftigung. 106_22_0052_Inserate_Gsond_ond_zwaeg_180x59.indd 2 23.01.2023 09:56:20 Jetzt informieren www.srk-luzern.ch 041 418 74 44 Rotkreuz-Fahrdienst mehr «Dank dem Fahrdienst bleibe ich mobil und komme sicher ans Ziel.» Menschlichkeit macht mobil. Wir fahren Sie im ganzen Kanton. Im Privatwagen oder mit dem Rollstuhlauto. Unsere Dienstleistungen: Beratung Besuchsdienst Entlastungsdienst Fahrdienst Hilfsmittel Kinderbetreuung Notruf Patientenverfügung Inserate

Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 15 PERSÖNLICHKEITEN Seit 44 Jahren sitzt Kari Emmenegger, 71, imRollstuhl, er arbeitete bis zu seiner Pensionierung im ParaplegikerzentrumNottwil als Berufs- und Laufbahnberater und war Leiter des Instituts für berufliche Wiedereingliederung von querschnittgelähmten Menschen. Heute hat er eine eigene Firma und berät Menschen mit einer Behinderung zu IV-Fragen, auch in Nottwil ist er noch Teilzeit tätig. «Zu Weihnachten habe ich mir ein neues iPhone gekauft, und auch sonst bin ich digital immer noch mitten im Leben», sagt Kari Emmenegger. Hingegen fehlt er auf sämtlichen SocialMedia-Kanälen – eine bewusste Entscheidung. «Da wird meine Zeit gestohlen, diesen Luxus des NichtDabeiseins kann ich mir leisten.» Für Rollstuhlfahrer gibt es viele digitale Hilfsmittel; etwa eine App, mit der man Zugang zu BehindertenToiletten im öffentlichen Raum hat. Kari benutzt sie aber kaum, da er trotz Rollstuhl sehr selbstständig unterwegs ist. Mit der zunehmenden Geschwindigkeit in der digitalen Welt kann er noch gut mithalten. «Wenn ich einen neuen PC brauche und etwas nicht verstehe, frage ich einen Kollegen.» Aber auch er tut sich mit den immer rascheren Veränderungen schwer. «Manchmal, wenn ich stundenlang versuche, eine neue Software zum Laufen zu bringen, frage ich mich, ob sich der Aufwand lohnt.» Aber grundsätzlich sei er sehr interessiert an der künstlichen Intelligenz. «Und ich glaube, dass sich die EDV-Branche bewusst ist, dass sie die ältere Generation als zahlungskräftige Kundschaft nicht verlieren darf. Ich vertraue darauf, dass in Zukunft vermehrt digitale Angebote für unsere Generation auf den Markt kommen.» (RB) «Künstliche Intelligenz interessiert mich» Kari Emmenegger (71), Eich Die 90-jährige Silvia Bossart hat zwar ein Handy und ein Tablet, sie kann telefonieren und E-Mails lesen. Aber die Bedienung der Geräte bereitet ihr Mühe. «Oft reagiert das Tablet nicht, wenn ich draufdrücke, oder dann passiert etwas, das ich gar nicht wollte.» Wenn ein Update verlangt wird und sie sich durchklicken müsste, ist sie «Ich komme einfach nicht mehr mit» ratlos. Die ehemalige kaufmännische Angestellte und Hausfrau musste in ihrem Berufsleben nie mit einem Computer umgehen. «Damals habe ich noch mit der elektrischen Schreibmaschine gearbeitet.» Während vieler Jahre störte es sie kaum, dass sie praktisch komplett analog unterwegs war. «In den letzten Jahren merkte ich immer mehr, dass es zunehmend schwierig ist, den Alltag so zu bestreiten.» Seit Jahren besitzt sie ein GA, obwohl sie nur noch selten Zug fährt. Ein Billett am Automat lösen kann Silvia Bossart nicht mehr, und bediente Bahnschalter gibt es nur noch wenige. Ihre Rechnungen zahlt sie auf der Post, auch Bargeld bezieht sie am Schalter. Aber das Leben ohne digitalen Zugang wird von Jahr zu Jahr umständlicher. Krankenkassenrechnungen, Bankbelege, Steuern – Behörden, Firmen und Institutionen möchten immer öfter auf digitalen Kanälen kommunizieren. «Ich bekomme zum Glück weiterhin alles per Post», sagt Silvia Bossart. «Wie lange das noch so bleibt, ist ungewiss. Manchmal denke ich, dass es schon toll wäre, wenn ich das alles auch könnte. Aber ich komme da einfach nicht mehr mit.» (RB) Silvia Bossart (90), Zürich

App Abkürzung für das englische Wort «application» (Anwendung/ Programm). Die kleinen Programme kann man sich auf Smartphone, Tablet oder auf den Computer laden. Ein bekanntes Beispiel ist «WhatsApp» zum Versenden von Nachrichten und Bildern. Bluetooth Bluetooth verbindet zwei Geräte über Funk miteinander und ermöglicht den kabellosen Austausch von Daten. So kann man zum Beispiel mit BluetoothKopfhörern ganz ohne Kabel Musik vom Smartphone hören. Cloud Englischer Begriff für Wolke. Normalerweise speichern wir Texte oder Fotos direkt auf unserem Computer. Wenn wir etwas in die Cloud laden, meinen wir damit, dass wir die Daten auf einem weit entfernten Server (sozusagen in den Wolken oben) speichern. Die Daten werden über das Internet auf den Server eines Cloud-Anbieters hochgeladen. Praktisch daran ist, dass wir damit Speicherplatz auf den eigenen Geräten sparen. Bekannte Cloud-Anbieter sind zum Foto: zVg 16 Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 Damit die Digitalisierung Lust und nicht Frust ist, gilt es, sich mit einigen Begriffen und Anwendungen vertraut zu machen. Digitales Alphabet Die Digitalisierung läuft rasant, und so begegnen wir oft technischen Begriffen und Herausforderungen. Mit diesem ABC möchten wir Ihnen Durchblick verschaffen. VON ANDREA HURSCHLER Beispiel Dropbox, iCloud oder Onedrive. Cookies Wenn Sie eine Website aufrufen, wird meistens zuerst ein Cookie-Hinweis eingeblendet. Bei Cookies handelt es sich nicht um schädliche Software oder ein Virus. Es sind kleine Textdateien, die im Internetbrowser des Nutzers oder der Nutzerin gespeichert werden können. Der Websitebetreiber erkennt anhand der Cookies, wie viele Personen die Website gerade besuchen oder an welchem Punkt die Besuchenden die Website verlassen haben. DAB+ DAB+ ist der moderne Radiostandard und damit der digitale Nachfolger der analogen UKWVerbreitung. DAB bedeutet Digital Audio Broadcasting, was so viel heisst wie digital versendeter Ton. DAB+ verursacht deutlich weniger Elektrosmog und braucht weniger Strom als die UKW-Verbreitung. Die UKWVerbreitung wird Ende 2024 einstellen. Bis dann hat man also Zeit, sein UKW-Radio durch ein DAB+ taugliches Gerät zu ersetzen. Mehr dazu finden Sie unter www.dabplus.ch E-Banking/Online-Banking Darunter wird die elektronische Abwicklung der Bankgeschäfte verstanden. Man kann Überweisungen vornehmen, Daueraufträge einrichten oder Kontoauszüge einsehen. Voraussetzung dafür sind ein Computer, Tablet oder Smartphone, mit denen man online gehen kann, sowie die Registrierung fürs Online-Banking/E-Banking bei der Finanzinstitution, bei der man ein Konto hat. E-Mail Mail bedeutet Post, das «E» steht für «electronic», also elektronisch. Ein E-Mail ist nichts anderes als ein elektronischer Brief. Um ein E-Mail versenden zu können, brauchen Sie eine

Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 17 E-Mail-Adresse (z. B. GMX, Bluewin, Gmail etc.) und einen Internetanschluss. E-Book Ein E-Book ist ein Buch in elektronischer Form. E-Books können auf dem Tablet (handlicher Kleincomputer) oder auf E-Book-Readern gelesen werden. Die E-Book-Reader verwenden keine Hintergrundbeleuchtung. Deren Bildschirme sind matt und spiegeln nicht, was augenfreundlich ist. Wer gerne verreist und viele Bücher verschlingt, kann auf einem E-Book-Reader diverse Bücher speichern, ohne schwer schleppen zu müssen. Facebook Facebook ist ein bekanntes soziales Netzwerk (Social Media). Sie können auf dieser Website Ihr persönliches Profil erstellen und sich mit Menschen verbinden, die Sie kennen. Sie können auf Facebook Fotos, Texte, TV-Beiträge, Newsartikel und vieles mehr mit Ihrem Netzwerk teilen. So ist auch Pro Senectute Kanton Luzern auf Facebook zu finden! Weitere bekannte soziale Netzwerke sind Instagram, LinkedIn oder TikTok. Google Wird als «guugl» ausgesprochen und ist die beliebteste InternetSuchmaschine – entwickelt vom gleichnamigen Grossunternehmen aus den USA. Wenn Sie im Internet nach etwas suchen, können Sie auf www.google.ch gehen und ein Suchstichwort eingeben. Das Wort «googeln» hat es sogar in den Duden geschafft, weil so viele Menschen dieses Wort für das Suchen im Internet benutzen. RATGEBER Hilfsmitteln aufhalten und bewegen kann. Die VR-Brille ist das bekannteste Mittel, um die virtuelle Realität erleben zu können. Wenn man mit der VRBrille den Kopf bewegt, kann man sich in der künstlich geschaffenen Welt umsehen. YouTube YouTube ist ein Videoportal (www.youtube.com), auf dem Sie unzählige Videos finden – nicht nur zur Unterhaltung, sondern auch Erklärvideos zu diversen (technischen) Problemen. Eine ausführliche Version des ABCs finden Sie unter www.lu.prosenectute.ch/ Digitalisierung Pro Senectute Kanton Luzern ist es ein Anliegen, dass Seniorinnen und Senioren in digitalen Belangen nicht abgehängt werden, und setzt sich regelmässig dafür ein, dass immer auch analoge Alternativen aufrechterhalten werden. Wir möchten ältere Menschen aber auch befähigen, die Vorteile der Digitalisierung nutzen zu können. In unserem Kursprogramm «impulse» finden Sie verschiedene Angebote dazu. Auf Sie persönlich zugeschnittene Hilfe erhalten Sie im «à la carte-Angebot»: Privatunterricht moderne Kommunikation. Anmeldung auf www.lu.prosenectute.ch/ Freizeit oder über Telefon 041 226 11 99. Newsletter Elektronisches Rundschreiben per E-Mail, das allen Personen zugestellt wird, die den Newsletter abonniert haben. In Newslettern werden Informationen zu Unternehmen oder Angeboten geliefert. Pro Senectute Kanton Luzern versendet einmal im Monat einen Newsletter – abonnieren können Sie ihn auf www.lu.prosenectute.ch/newsletter QR-Code Inzwischen sieht man die schwarz-weissen Quadrate mit den abstrakten Mustern überall (siehe rechte Spalte unten). QR kommt aus dem Englischen und steht für «Quick Response», was auf Deutsch «schnelle Antwort» bedeutet. Sie können den Code mit der Smartphonekamera scannen und werden dadurch direkt auf die hinterlegte Website geführt. Seit 2022 ist auf allen Einzahlungsscheinen der Swiss QR-Code zu finden. Dieser muss via Online-Banking-App eingescannt werden. Twint Mit der Schweizer App «Twint» können Sie von Smartphone zu Smartphone Geld in Echtzeit überweisen oder in Geschäften bargeldlos bezahlen. Sie können Twint entweder in der PrepaidVersion nutzen, wo Sie im Vorfeld Geld darauf laden oder dieses direkt mit Ihrem Bankkonto verbinden. Hilfsorganisationen wie Pro Senectute nehmen auch Spenden via Twint entgegen. VR – Virtual Reality Die virtuelle Realität bezeichnet eine durch einen Computer erzeugte Umgebung, in der man sich mit Hilfe von technischen

18 Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 Inserate Grand Casino Luzern | Haldenstrasse 6 | 6006 Luzern | grandcasinoluzern.ch Luzerns Logenplatz ür Geniesser Exquisite Gaumenfreude und imposante Aussicht auf den Vierwaldstättersee. Fine Dining mit 16 GaultMillau-Punkten Mediterraner Hochgenuss

RUBRIK Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 23 19 WAS MACHT EIGENTLICH ... Lachend erzählt Angelica Ferroni, wie sie als Mädchen im katholisch-konservativen Dorf Bonaduz gemäss dem Di-dadü-Dreiklang (dienen-danken-dürfen) aufgewachsen ist. «Das Individuum hatte wenig Bedeutung, nur die Gemeinschaft zählte. Aber wir hatten als Kinder sehr viel Raum und Freiheit, gehörte doch der ganze Wald in der Umgebung des Dorfes uns.» Gemäss demVater, «sie heirate ja doch», absolvierte sie eine Handelsschule und liess sich danach auf eigene Initiative zur Physiotherapeutin ausbilden. Im Tessin sammelte sie wie ihr Partner auch erste Berufserfahrungen, bis die Familie nach der Geburt der Tochter 1982 nach Luzern zog, wo knapp zwei Jahre später der Sohn folgte. Nach der herausfordernden Familienphase begann Angelica Ferroni mit der Ausbildung zumMaster of Advanced Studies in Business Administration MBA, die sie 2007/2008 mit einem Upgrade an der Hochschule Luzern Wirtschaft ergänzte. Die Studien schafften die Basis für ihre Führungsarbeit in einer Zeit grosser Veränderungen im Bereich der Gesundheits- und Sozialberufe. Parallel zur Leitung der Schule für Physiotherapie (2002–2009) trug sie zuerst als Prorektorin, dann als Rektorin am Berufsbildungszentrum Gesundheit und Soziales Luzern (BBZG) mit viel Überzeugungsarbeit und Ausdauer wesentlich zur Entwicklung u. a. der neuen Berufe Fachfrau/-mann Gesundheit FaGe und Fachfrau/-mann Betreuung FaBe bei. Zu ihrer Freude bilden diese Berufe heute eine unverzichtbare Basis im Gesundheits- und Sozialbereich. Gewohnt zu arbeiten, übernahm sie nach ihrer Pensionierung das Präsidium des Forums Luzern60plus (www.luzern60plus.ch). Dieses besteht aus 60 Mitgliedern mit verschiedensten Lebenserfahrungen in unterschiedlichen Lebenssituationen. Vom Stadtrat eingesetzt, vertritt es die Interessen der älteren Menschen, greift deren Anliegen auf, nimmt Stellung und berät den Stadtrat bei relevanten Themen. Bei ihrem Rücktritt Ende 2022 freute sich Angelica Ferroni: «Das Forum wird mit seinen Anliegen ernst genommen. Diese Form der Partizipation ist eine wirkungsvolle Ergänzung zu den politischen Prozessen.» Angeregt von einem Projekt in Deutschland realisierte sie in jahrelanger, schwieriger Aufbauarbeit mit Gleichgesinnten vor zehn Jahren die genossenschaftliche Nachbarschaftshilfe «Zeitgut Luzern» (www.zeitgut-luzern.ch). «Im Zentrum stehen der Aufbau von Sozialkontakten und die unterstützende Begleitung imAlltag. Wer sich aktiv beteiligt, kann ein Zeitguthaben aufbauen, mit dem die Person zu einem späteren Zeitpunkt bei Bedarf selber Hilfe in Anspruch nehmen kann und diese mit ihrer Zeitgutschrift ausgleicht.» Während der Pandemie erlebte «Zeitgut» einen echten Boom, auch jüngere Menschen meldeten sich. Die mit vielen Partnerorganisationen vernetzte Genossenschaft umfasst aktuell rund 675 Mitglieder. Bisher wurden 821 Tandems gebildet, wovon 519 abgeschlossen und 302 weiterhin aktiv sind. 2022 wurde «Zeitgut» vom Regierungsrat mit dem Anerkennungs- und Förderpreis des Kantons Luzern ausgezeichnet: für Angelica Ferroni eine höchst erfreuliche Bestätigung und der Motor zumWeitermachen. Überglücklich ist sie auch als zweifache Grossmutter: «Es ist ein Geschenk, nochmals mitzuerleben, wieMenschwerdung passiert, was es braucht, damit ein Mensch in die Gesellschaft hineinwachsen kann, was alles gelernt und geübt sein will. MeinWirkungsgrad als Grossmutter ist dabei mindestens so gross wie jener, den ich als Rektorin hatte.» MONIKA FISCHER Foto: Monika Fischer Als Rektorin der Schule für Gesundheitsberufe Luzern hatte Angelica Ferroni (70) zur Schaffung neuer Berufsfelder im Gesundheitswesen beigetragen. Mit derselben Ausdauer engagiert sie sich ehrenamtlich als Präsidentin der genossenschaftlichen Nachbarschaftshilfe «Zeitgut Luzern» und des Vereins «Freunde der Music-Box». Mit Engagement und Ausdauer Angelica Ferroni Heggli betont die Bedeutung der Freiwilligenarbeit: «Sie ist ebenfalls eine Quelle unseres Reichtums und muss zum Bruttosozialprodukt hinzugerechnet werden.»

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