Zenit Nr. 1, März 2022

Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 22 15 «Weil meinem Mann schwindlig wurde, stürzte er hier in der Wohnung und brach sich den Oberschenkelhals. Das war im Februar vor einem Jahr. Ich konnte ihn im Spital SANDRA JOLLER (50), KRIENS «Ich bin dankbar für diese Zeit» «Nach meinem neurologischen Ereignis musste ich mich selbst erholen, zudem kam Corona, sodass ich so oder so weniger zu tun hatte. Deshalb hatte ich Zeit, meine Mutter zu pflegen. Mein Vater starb an Weihnachten 2019. Da fing es an, dass ich mich mehr und mehr um meine Mutter kümmerte. Sie litt an verschiedenen Erkrankungen, zuerst an einem Lungenkarzinom, dann an Gallenstein und am Schluss hatte sie Metastasen. Im letzten April ist sie mit 77 gestorben. Die ersten Monate verliefen so, dass ich jeden Nachmittag zu ihr ging und wir gemeinsam eine Runde drehten, was mir auch guttat. Ich blieb oft zum Abendessen und kochte für sie. Dann zügelte sie in eine kleine Wohnung, das gab viel zu tun. Sie brauchte auch mehr Pflege, die Spitex kam zweimal pro Woche. Für mich wurde es anspruchsvoller, ich habe immer mehr im Haushalt gemacht und meine Mutter gepflegt. Ich kam selber an meine Grenzen, da ich in Rehabilitation war. Je schlechter es ihr ging, desto grösser wurde die Anspannung bei mir. Ich musste 24 Stunden bereit sein für sie und immer wieder auch in der Nacht ausrücken. Irgendwann kam die Palliativpflege der Spitex zum Einsatz, das hat mich entlastet. Aber es war oft mit einem INGRID HEER (81), KRIENS «Der Schlafmangel belastet mich am meisten» und in der Reha nie besuchen, das war hart. Dann riefen sie an und fragten, wie ich mir das vorstelle, wenn er nach Hause komme. Ich sagte, ‹Keine Ahnung, das müssen Sie mir sagen›. Seit April ist Louis wieder hier und kann sich in der Wohnung mit dem Rollator einigermassen fortbewegen. Aber weil ihm immer wieder schwindlig wird, ist es heikel. Er ist schon einige Male gestürzt. Morgens kommt die Spitex und zieht ihm die Kompressionsstrümpfe an, das ist für mich zu anstrengend. Den Rest schaffen wir selber. Ich helfe ihm beimUmkleiden und bei solchen Dingen. Ich bin aber immer angespannt, stehe unter Strom. Weil ich nie weiss, wann er das nächste Mal hinfällt. Ich gehe deshalb nur noch kurz einkaufen und bleibe möglichst wenig ausser Haus. Kürzlich sass er am Boden, bis ich nach Hause kam. Aber ansonsten geht es schon, wir kommen klar. Was mich am meisten belastet, ist der Schlafmangel. Louis muss in der Nacht ein paarmal auf die Toilette, dann wache ich jeweils auf. Und am Morgen müssen wir zeitig aufstehen, um für die Spitex bereit zu sein. Deshalb gibt es Tage, an denen ich oder wir nicht so gut zwäg sind. Mal Pause machen und ausspannen, das könnte ich nicht. Da hätte ich keine Ruhe.» RB schlechten Gewissen verbunden. Ich hatte wenig Freizeit, keine Ferien mehr, und es gab in den 16 Monaten kaum einen Tag, an dem ich nicht bei ihr vorbeiging. Sie hat sich immer mehr an mich geklammert. Als sie starb, war es für mich auch ein Aufatmen, aber ich bin dankbar für das Erlebte. Für mich war es eine wertvolle Zeit, mein Partner hat mich dabei sehr unterstützt, was sehr wichtig war.» RB Foto: zVg

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