KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2024

FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL 01 / 2024 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 20 und eine einfühlsame, nicht verurteilende Grundhaltung. Da der Konsum für viele Jugendliche praktisch Teil ihrer Lebenswelt ist, hilft eine vertrauensvolle Atmosphäre, um offen über Erfahrungen und Bedenken zu sprechen. Fragen, die Interesse vermitteln, ermöglichen eine umfassende Beurteilung des Konsumverhaltens, einschliesslich Menge, Häufigkeit und damit verbundener Probleme im Hinblick auf Gesundheit, psychische Verfassung und soziales Umfeld. Oft sind Jugendliche bereits über die Risiken und Nebenwirkungen des THC-Konsums informiert, neigen jedoch dazu, diese zu bagatellisieren und identifizieren sich mit dem Konsumverhalten. Es ist hilfreich, gemeinsam über die Gründe für den Konsum (z. B. Leistungsprobleme, Stress, Konflikte, Sorgen usw.) und dessen mögliche Konsequenzen nachzudenken. Bevor die Jugendlichen Änderungsbereitschaft entwickeln, erlebt das soziale Umfeld, insbesondere die Eltern, oft anfangs einen höheren Leidensdruck aufgrund der schädlichen Folgen des Konsums. Die Motivation zur Veränderung entwickeln Jugendliche oft erst mit Verzögerung. In diesem Kontext können Gesprächstechniken wie das Motivational Interviewing (MI) hilfreich sein, um eine Reflektion über den Konsum anzuregen und die Bereitschaft zur Veränderung zu initiieren und dabei die eigenen Motivationen und Gründe für den THC-Konsum zu erkennen (siehe Infobox 1). Gleichzeitig helfen solche Techniken bei der Entwicklung eines konkreten Plans zur Reduzierung oder Beendigung des Konsums. …auf dem therapeutischen Weg Die Diskussion über verfügbare Behandlungsoptionen sollte Beratung, Therapie und gegebenenfalls Medikamente umfassen. Beratung und Verweis an geeignete Fachstellen oder Einrichtungen sollten in Absprache mit jugendlichen Patient:innen und Eltern erarbeitet werden, um einen individualisierten Behandlungsplan zu entwickeln. Falls eine weiterführende Therapie für problematischen oder abhängigen Cannabiskonsum notwendig und/oder gewünscht ist, wäre eine Psychotherapie indiziert. Kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze haben sich als effektiv erwiesen, um Gewohnheiten zu ändern, negative Denkmuster und Verhaltensweisen im Zusammenhang mit dem THC-Konsum zu erkennen und alternative Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Therapiemanuale wie das modular aufgebaute CANDIS-Programm von Hoch & Bühringer können dabei unterstützenden Input liefern (2011). Oft ist eine medikamentöse Behandlung von Begleiterkrankungen wie Angst, Depressionen, Psychose oder ADHS notwendig. Allerdings sollten potenzielle Wechselwirkungen oder Überdosierungen aufgrund eines gleichzeitig weiterbetriebenen Substanzkonsums berücksichtigt werden, was Ärzt:innen zu einer zurückhaltenden Vorgehensweise veranlassen könnte. Eine Nutzen- Infobox 3: Door Opener und Cannabis-Talk: «Über Gras reden» Deine Sichtweise: ■ «Wie ist deine Erfahrung mit Cannabis?» ■ «Hast du bereits negative Effekte erlebt, über die du sprechen möchtest?» Nachdenken und verstehen: ■ «Wie denkst du über mögliche Risiken des Kiffens nach?» ■ «Bist du offen dafür, darüber zu sprechen, oder brauchst du Unterstützung?» Einfluss auf dein Leben: ■ «Welche Auswirkungen hat der Cannabiskonsum auf dein tägliches Leben und deine Ziele?» ■ «Machst du dir Gedanken über langfristige Konsequenzen?» Einfühlsames Verständnis zeigen: ■ «Es ist nicht einfach, solche Themen anzusprechen.» ■ «Wie kann ich dich unterstützen?» ■ «Überleg mal, könnte es hilfreich sein, professionelle Hilfe in Betracht zu ziehen?» Foto: Daniel Ramos (www.unsplash.com)

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