KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 4/2023

04 / 2023 JAHRESTAGUNG KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 27 Workshop Ärztinnen und Ärzte 8: Neuropädiatrie/pädiatrische Epileptologie Krampfanfälle und Epilepsie vom Neugeborenenalter bis in die Adoleszenz Unsere Aufgabe als Praxispädiater:innen, die Familien bei diesen einschneidenden Krankheiten gut zu begleiten und zu beraten, bedingt einen Koffer an Wissen. Videos und Fallbeschreibungen haben uns in diesem Workshop Krampfanfälle und Epilepsiesyndrome bildhaft vor Augen geführt. Mit Beispielen haben wir die verschiedenen Ansätze der Einteilung der Krampfanfälle (Klassifikation ILAE) besprochen: ■ durch Beschreibung der Anfallssemiologie ■ nach Ursache ■ Epilepsiesyndrome (Krankheitsbilder mit bestimmtem Muster von Anfällen und anderen Merkmalen z.B. Beginn in einem bestimmten Alter, charakteristische Anfallsformen, typischer Verlauf, typische EEG-Veränderungen) Anschaulich halfen uns die Darstellungen von Prof. Dr. med. Datta wie auch Bilder, die den empfehlenswerten Schulungskursen für Betroffene von Famoses entstammen, beim Verständnis. Was mir besonders geblieben ist: ■ Neugeborene: viele Anfälle nicht sichtbar ohne EEG (v. a. HIE = Hypoxic Ischemic Encephalopathy), keine REFERENT: PD PROF. DR. MED. ALEXANDRE DATTA Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Abteilungsleiter Neuro- und Entwicklungspädiatrie a.i., Co-Leiter Zentrum für Schlaf- und Chronomedizin der Basler Universitätskliniken, Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB) MODERATION UND AUTORIN: DR. MED. ALISON SOMERVILLE Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin, spez. Notfallmedizin, Praxis für Kinder- und Jugendmedizin Rennweg, Basel Korrespondenzadresse: alison.somerville@hin.ch In diesem Workshop erzählte Jürg Streuli, der als pädiatrischer Palliativmediziner ein Netzwerk in der Ostschweiz aufgebaut hat (https://pallivia.ch/de), aus seinem reichen Erfahrungsschatz: «Pädiatrische Palliative Care umfasst eine aktive, ganzheitliche Betreuung von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen mit einer potenziell lebensverkürzenden Krankheit. Dies schliesst die Familien und weitere Bezugspersonen ein und hat die Lebensqualität aller im Fokus. In den multiprofessionellen Teams werden körperliche, seelische, soziokulturelle und spirituelle Aspekte dem Entwicklungsalter der betroffenen Person entsprechend berücksichtigt. Die Betreuung über alle Lebensphasen hinweg kann bereits vor der Geburt beginnen. Die Trauerbegleitung der Angehörigen, Geschwister und erweiterten Familie ist von zentraler Bedeutung und geht über den Tod hinaus.» (https://www.palliative.ch). Der wichtigste Punkt für uns Praxispädiater:innen ist, dass wir uns Hilfe holen und Teil eines Netzwerks/Teams sein müssen, allein können wir eine solche Aufgabe nicht bewältigen. Wie weit wir uns engagieren können oder wollen, bleibt jedem und jeder selbst überlassen. REFERENT: PD DR. MED., DR. SC. MED. JÜRG STREULI Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin FMH mit Schwerpunkt Palliativmedizin, Leitender Arzt am Ostschweizer Kinderspital für das «Pädiatrische Advanced Care Team», Praxispädiater mit Fokus auf Kinder mit komplex chronischen Krankheiten, Kinderarztpraxis Papillon, Uznach MODERATION UND AUTORIN: DR. MED. FRANZISKA STAEHELIN BÜRGEL Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Kinderarztpraxis Lenzburg Korrespondenzadresse: franziska.staehelin@hin.ch Workshop Ärztinnen und Ärzte 9: Pädiatrische Palliativmedizin Wenn die Lebensqualität wichtiger als die Lebenszeit wird – Ein kleines Einmaleins der Palliativmedizin für die Kinderarztpraxis Die zentrale Frage ist immer: «Was sind die Wünsche und Vorstellungen der Eltern, was wünscht sich (je nach Alter) das Kind»? Jeder Fall ist anders, hilfreich sind immer der START-Fragebogen und ein Betreuungsplan (herunterladbar https://www.kispisg.ch/pact). Der Plan hält die Grundlagen (Diagnosen, Ansprechpartner etc.) und die Wünsche bzw. Möglichkeiten bezüglich der medizinischen Massnahmen fest. Ein wichtiger weiterer Baustein bildet der «Rundtisch», der Austausch zwischen allen Beteiligten ist von grösster Bedeutung. Zum Schluss packte Jürg Streuli seinen Medikamentenkoffer aus und gab uns Tipps aus der Praxis (z. B. wie hilfreich Morphintropfen 2% oder Fentanylpflaster sind). Der Workshop ermöglichte einen Einblick in die pädiatrische Palliativmedizin und zeigte uns, wie essenziell Kommunikation und Vernetzung auch hier sind! ■ Wir weisen alle interessierten Lesenden auch auf Jürg Streulis Artikel «Ein ethischer Notfallkoffer für die Kinderarztpraxis» hin, welcher in «Kinderärzte Schweiz NEWS Nr. 01/2021» erschienen ist. generalisierten Anfälle (Hirnhälften noch nicht genügend vernetzt) ■ Myoklonien: nie rhythmisch, bei Auftreten tagsüber im Wachzustand immer abklärungsbedürftig. Schlafmyoklonien meist beidseits, Unterbrechbarkeit muss mit richtigem Wecken aus dem Schlaf geprüft werden, ein einfaches Berühren reicht nicht ■ autonome Anfälle z.B. bei Neugeborenen können lediglich durch eine Blässe oder ein Rotwerden auffallen. ■ Bei nächtlichem Erbrechen auch an OccipitallappenEpilepsie (selbst-limitierte Epilepsie mit autonomen Anfällen) denken. ■ denke Janz-Syndrom (juvenile myoklonische Epilepsie) bei Jugendlichen, die beim Frühstück etwas fallen lassen ■ Hartnäckiger Pavor nocturnus (Schlafstörung «Nachtschreck»): Differentialdiagnose Epilepsie nicht vergessen! Im Unterschied zum Frontallappen-Anfall, welcher in der Regel immer semiologisch gleich abläuft, zeigt der Pavor einen wechselnden Ablauf. ■

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