KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2023

03 / 2023 DAS GUTE KINDERBUCH FÜR DIE PRAXIS KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 45 Ich sehe was, was Du nicht siehst! Ein blaues Nashorn. Aber nein, unmöglich. Hier gibt es keine Nashörner. Schon gar nicht im Zimmer von Ludwig. Das jedenfalls versucht der Vater dem Jungen zu erklären. Nicht unter dem Bett, nicht im Schrank, nicht hinter der Tür. Er hat überall ganz genau nachgeschaut. Doch Ludwig zeigt dem Vater, dass dies nicht so klar ist. Lässt sich denn beweisen, dass etwas NICHT da ist? Wo ist denn der Mond, wenn wir ihn nicht sehen? Nicht da? Eben! Genau wie das Nashorn! Die Argumente des kleinen Nashorn-Philosophen sind auch beim grossen Ludwig Wittgenstein zu finden – oder umgekehrt. So gibt das Bilderbuch einen Einblick in eine von Wittgensteins sprachphilosophischen Abhandlungen: «Es lässt sich schlechterdings nicht beweisen, dass KEIN Nashorn im Raum ist.» Nach der philosophischen Gute-Nacht-Geschichte von Noemi Schneider laden die letzten paar Seiten des Buches ein zu einem kurzen biografischen und theoretischen Teil über Wittgenstein und das Philosophieren allgemein. Die Illustrationen von Golden Cosmos (Doris Freigofas und Daniel Dolz) kommen mit nur drei Farben aus. Diese mischen sich durch Überdrucken im Siedruckstil zu DR. MED. NADIA SAUTER OES MITGLIED REDAKTIONSKOMMISSION, WINTERTHUR Korrespondenzadresse: nadia.sauter@oes.ch 400 Seiten, NordSüd Verlag, 2023 ISBN: 978-3-314-10631-6 Ludwig und das Nashorn Noemi Schneider, mit Illustrationen von Golden Cosmos Bild: NordSüd Verlag DR. MED. KERSTIN WALTER MITGLIED REDAKTIONSKOMMISSION, BERN Korrespondenzadresse: praxis@drwalter.ch Silberfunken – Plötzlich ist alles anders (aracari verlag, Zürich) Juliana Campos, mit Illustrationen von Daniela Costa «Silberfunken» ist ein Buch über eine unfallbedingte Wesensveränderung eines Elternteils, durch die das Familienleben abrupt komplett verändert wird. Die Ängste und Zweifel sowie die Enttäuschung nach der Rückkehr des Vaters aus dem Spital werden auf eine sehr feinfühlige Art und Weise angesprochen und auch die Wut, Hilflosigkeit und Trauer, die durch den endgültigen Verlust des «Vorher» entstehen, haben ihren Platz. Das Buch lässt ein Gefühl für die Ohnmacht entstehen, die daraus resultiert, dass man sicher geglaubte Tatsachen aufgeben und seine Wünsche und Träume für die Zukunft auf eine ungewünschte Art völlig neu definieren muss. Wie eine solche Krankheit selbst bietet das Buch keine einfache Lösung, sondern tröstet durch das Gefühl, mit diesem Problem nicht allein zu sein und dass auch die negativen Gefühle normal sind. Die Illustrationen sind sehr fein gezeichnet und passen gut zu diesem sensiblen Thema. sieben und schaffen einzigartig intensive Stimmungen. Ungewöhnliche Perspektiven, witzige Details und die Anordnung der Bilder schaffen zusätzlich Tempo, Verblüffung, Staunen, Ruhe, Innigkeit. Ich sehe was, was Du nicht siehst! Für Ludwig ist es ganz einfach. ■ Kurz vor Redaktionsschluss hat uns die Mitteilung erreicht, dass das Buch durch die Stiftung Buchkunst zu einem der 25 schönsten und innovativsten deutschen Bücher gekürt wurde. Wunderbar, finden wir!

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