KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2023

FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL 03 / 2023 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 28 Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Autismus und ihr Umfeld brauchen kein Mitleid. Sie brauchen stattdessen einen kompetenten, tatkräftigen Partner, der ihre Herausforderungen kennt, sie versteht, ernst nimmt und aktiv Hindernisse aus dem Weg schafft. Dieser Partner ist autismus deutsche schweiz (www.autismus.ch). «Ich verstehe das Verhalten meines Kindes nicht, irgendetwas stimmt nicht?» – solche und ähnliche Fragen stellen sich viele Familien. Sie wenden sich mit ihren Sorgen an die Mitarbeitenden der Beratungsstelle von autismus deutsche schweiz (ads). Die Eltern sind überfordert und angewiesen auf Pädiaterinnen, welche das Wissen und die Offenheit haben, in solchen Momenten auch an Autismus zu denken. Sie erhoffen sich Erklärungen von ihren Kinderärzten. Diese sind oft die wichtigsten Ansprechpersonen für Familien mit einem Kind mit Verdacht auf Autismus – sie nehmen eine essenzielle Rolle im Erkennen von Anzeichen von Autismus ein. REGULA BUEHLER GESCHÄFTSLEITERIN AUTISMUS DEUTSCHE SCHWEIZ, ZÜRICH Korrespondenzadresse: regula.buehler@autismus.ch «Was braucht es, damit der Besuch beim Kinderarzt gelingen kann?» autismus deutsche schweiz – der Verein für Angehörige, Betroffene und Fachpersonen Stimmt es denn, dass Autismus-Diagnosen immer häufiger werden? Es ist offenkundig, dass es weltweit immer mehr erkannte Personen mit Autismus-Spektrum-Störungen gibt. Über die Gründe wird in der Wissenschaft jedoch kontrovers diskutiert. In erster Linie dürften die erhöhte Aufmerksamkeit für das Thema, verbesserte Diagnoseverfahren und genauere Definitionen für die steigenden Zahlen verantwortlich sein. Sven Bölte, Leiter des Zentrums für Neuroentwicklungsstörungen und der Abteilung für Neuropsychiatrie am Karolinska-Institut in Stockholm, erklärt im Rahmen einer aktuellen Studie in der Fachzeitschrift «Pediatrics»: «Ungefähr seit dem Jahr 2000 ist weltweit eine steigende Prävalenz von Autismus-Spektrum-Störungen zu verzeichnen, von vormals Promille- zu heute Prozentbereich. Dabei gibt es teils grosse Unterschiede beim Tempo in den verschiedenen Regionen, aber es ist ein internationales Phänomen.» Weltweit, so der Wissenschaftler, liege die Rate mittlerweile bei etwa ein bis drei Prozent.1 In der Schweiz werden keine Zahlen zu Betroffenen mit Autismus erhoben – ads geht aktuell immer noch von ca. 1% autistischer Personen aus. In Bezug auf die von Sven Bölte erwähnten 1–3 % muss in der Schweiz mit 850 bis 2500 Kindern gerechnet werden, welche jedes Jahr mit Autismus geboren werden. Autismus deutsche schweiz – der Verein für Angehörige, Betroffene und Fachpersonen 1975 wurde ads als Eltern-Selbsthilfeorganisation gegründet. Hauptziel des Vereins war und ist es, die Lebenssituation von Menschen mit Autismus, deren Eltern und Angehörigen zu verbessern. Neben der dringend benötigten Beratung der Betroffenen und ihres Umfeldes ist eines der grossen Ziele, eine adäquate Schulbildung und den Übergang ins Berufsleben für autistische, durch ihre Behinderung sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche zu ermöglichen. Erwachsene Betroffene sollen einer Erwerbsarbeit nachgehen und ihr Potenzial in die Arbeitswelt einbringen können. Autismus deutsche schweiz ist heute die bedeutendste Organisation im Bereich Autismus in der Schweiz. «Hilft, vermittelt und verbindet» – dieser Claim bringt zum Ausdruck, was der Verein für Angehörige, Betroffene und Fachleute erreichen will. Die Entwicklung der letzten fünf Jahre war von einer starken Professionalisierung der Leistungen und einem gesteigerten Angebot geprägt. Sie hat aber auch gezeigt, dass der Bedarf bei allen Stakeholdern noch viel höher ist als das, was mit den aktuellen Ressourcen abgedeckt werden kann. www.autismus.ch

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