KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2023

FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL 02 / 2023 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 36 Wieso sind Augen anfangs immer blau und bis wann hat sich die Augenfarbe etabliert? Eine wunderbare Frage, aber ist sie nicht bedeutungslos? Nur aus nüchtern medizinischer Sicht. Nicht alle Babyaugen sind anfangs immer blau. Gerade Nicht-Kaukasier können bereits bei Geburt eine deutliche Pigmentierung haben, welche aber meist noch etwas Blau erahnen lässt. Die Iris besteht aus zwei Strukturen unterschiedlicher embryologischer Herkunft: Hinten aus dem Pigmentblatt, das wie Netzhaut und Gehirn seinen Ursprung vom Neuroektoderm hat, und vorne aus dem Stroma, das von embryonalem Bindegewebe, dem Mesenchym der Neuralleiste, abstammt. Bei Geburt haben die Melanozyten des Pigmentblatts bereits ganze Arbeit geleistet: Es ist tief dunkelbraun und lichtdicht. Fehlt wie beim okulären Albinismus das Pigment, so scheint das vom Augeninnern reflektierte rötliche Licht durch. Das radiär-faserige Stroma der Iris ist ein zartes, weissliches, durch Krypten strukturiertes Gewebe, das auch die beiden Muskeln, den Dilatator und Sphincter pupillae, enthält. Etwa in der Irismitte verläuft ausgesprochen irregulär als dickste Stelle des Stromas die Collarette: der Ansatz der embryologischen Epipupillarmembran. Auch das Stroma enthält genetisch festgelegt mehr oder weniger zahlreiche Melanozyten. Erst nach den ersten ein bis zwei Lebensjahren ist deren Melaninproduktion und damit die eigentliche Färbung der Iris abgeschlossen. Warum sind Augen denn blau? Kurzwellige, blaue Lichtanteile werden von den feinen Fasern des Stromas gestreut, langwellige absorbiert: Das dunkle Pigmentblatt wirkt – wie oberflächliche Venen unter der Haut – durch das weissliche Stroma betrachtet blau. Himmelblau, sozusagen. Die eigentliche Augenfarbe resultiert durch Maskierung, quasi Übermalen der blauen Grundfarbe mit mehr oder DR. MED. PHILIPP AUGUST FACHARZT FÜR OPHTHALMOLOGIE FMH, AUGENARZTPRAXIS AM MARKTPLATZ, BASEL Korrespondenzadresse: philipp.august@hin.ch Drei exemplarische Fragen hat das Redaktionsteam der «Kinderärzte Schweiz NEWS» dem Augenarzt gestellt. Die Ausführlichkeit der Antwort korreliert nicht mit der Praxisrelevanz … oder doch? «Here’s looking at you kid»: Was wir schon immer einen Augenarzt fragen wollten weniger Pigment. Weiss man obendrein, dass es zwei Varianten des Melanins gibt, das schwarzbraune Eumelanin und das hell orange-braune Phäomelanin zu je genetisch festgelegten Anteilen, so erklärt sich die Palette von fast schwarz (Eu-) zu bernsteinfarben (Phäo-) bis grün. Die Pigmentdichte ist im Gegensatz zur Haut unbeeinflusst vom UV-Licht. Weder ist die Augenfarbe entgegen landläufiger Meinung monogenetisch bedingt, noch sind blaue Augen per se licht- oder blendempfindlicher als dunkle. Sonnenbrand bekommt die Hornhaut, nicht die Iris. Wieso ist bei der Fundoskopie bei Neugeborenen der Retinareflex oft nicht gut darstellbar, besonders wenn es Babys anderer Ethnien sind (dunkelhäutig, oft aus Afrika oder Indien / Sri Lanka)? Wie geht man damit um, wenn man hier einen Katarakt nicht ausschliessen kann? Mindestens vier Faktoren beeinflussen die Helligkeit und damit die Beurteilbarkeit des Fundusreflexes: Umgebungshelligkeit: Licht aus, Vorhänge zu. Im Spital nicht immer einfach. Pupillendurchmesser: Kind satt – Pupille klein. Es kommt nicht mehr Licht raus als rein, und das im Quadrat: Pupillendurchmesser × 2 = Licht × 4. Oft stört auch der Hornhautreflex des Ophthalmoskops. «Here’s looking at you kid»: Rick (Humphrey Bogart) in Casablanca Bild: Warner Bros.

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