KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2023

FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL 02 / 2023 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 34 Ab welchem Alter sollten Kinder zum Augenarzt, wenn die Eltern eine Brille tragen? Wenn die Eltern eine relevante Fehlsichtigkeit oder ein Schielen haben, sollte man eine Kontrolle im Alter zwischen sechs und zwölf Monaten durchführen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass einige Sehprobleme bei Kindern nicht offensichtlich sind und auch durch die Tests beim Kinderarzt nicht auffallen. Die frühe Erkennung und Behandlung von Sehproblemen im Kindesalter sind wichtig, um lebenslängliche Spätfolgen zu verhindern. Daher ist es ratsam, bei allen Kindern zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr eine augenärztliche sowie orthoptische Untersuchung durchzuführen. Grundsätzlich gilt: Je früher ein Sehproblem erkannt wird, desto leichter lässt es sich therapieren. Welche Voruntersuchungen sollten durchgeführt werden, bevor ein Kind mit Sehstörung an Sie überwiesen wird? Für die optimale Triage ist es für uns hilfreich zu wissen, um was für eine Art Sehstörung es sich handelt, wie lange diese bereits vorhanden ist und was die objektiven Auffälligkeiten sind. Zudem sind die Angaben, ob die Sehstörung schleichend oder plötzlich aufgetreten ist, sowie ob und welche Augenprobleme innerhalb der engen Familie vorliegen, wichtig. Der Fern- und optimalerweise auch Nahvisus monokular sowie Angaben zum Stereosehen sind als Orientierung ebenfalls aufschlussreich. Was gilt es bei Kleinkindern bezüglich Sehtests zu beachten und wie können sie zum Mitmachen animiert werden? Kleinkinder haben oft eine begrenzte Aufmerksamkeitsspanne, daher ist es wichtig, dass der Sehtest kurz und präzise ist. Da diese Tests eine Zusammenarbeit mit dem Kind erfordern, ist Geduld gefragt. Die Motivation kann gesteigert werden, wenn z. B. das mitgebrachte Plüschtier ebenfalls «mitschauen» und auf spielerische Art den Sehtest durchführen darf. Kinder sind oft motivierter, wenn sie Spass haben und Belohnungen wie Aufkleber oder Süssigkeiten erhalten. Beim Lang-Stereotest oder beim LEA-Sehtest ist es hilfreich, die Motive vorab auf einem Bild zu zeigen und sie benennen zu lassen. Wenn ein Kind nicht sprechen möchte, kann ein Sehtest auch nonverbal durchgeführt werden. Hier kann man dem Kind beispielsweise beim E-Snellen-Test ein E in die Hände geben und es kann das E in die gleiche Richtung halten, wie das, welches ihm gezeigt wird. Beim LEAFRAGEN VON ALINA MANCINONE MPA, QUELLENPRAXIS USTER ANNA BITTEL DIPL. ORTHOPTISTIN HF, AUGENÄRZTE STÄFA – ZENTRUM BAHNHOF UND AUGENÄRZTE ZÜRICH – ZENTRUM SCHAFFHAUSERPLATZ Korrespondenzadresse: a.bittel@outlook.com Fragen zu Augenuntersuchungen in der Praxis für Kinder und Jugendliche Wir haben bei einer Orthoptistin nachgefragt Sehtest kann dem Kind eine Tafel auf den Schoss gelegt werden, damit es die Zeichen, welche ihm gezeigt werden, mit dem Finger auf seiner Tafel zeigen kann. Welcher Sehtest ist besser geeignet: Der E-Snellen-Test oder einer mit Symbolen? Die Wahl des Sehtests hängt von verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel dem Alter und der Fähigkeit des Patienten, Buchstaben oder Bilder zu erkennen. (Anmerkung der Red.: Auch die Raumgrösse muss beachtet werden bei der Auswahl.) Wichtig ist, dass ein genormter Sehtest gewählt wird. Bei jüngeren Kindern kann ein Sehtest mit Symbolen (ideal ist der LEA-Test) durchgeführt werden. Sobald der E-Snellen-Test verstanden wird – meistens ab einem Alter von ca. vier Jahren – sollte dieser durchgeführt werden. Sobald die Kinder die Zahlen kennen, sollte ein Sehtest mit Zahlen verwendet werden. Der Sehtest sollte wenn möglich monokular durchgeführt werden. Zum Abdecken eines Auges sollte nicht die Hand des Kindes verwendet werden, da hierbei die Gefahr besteht, dass das Kind zwischen den Fingern hindurch guckt und schummelt. Zudem üben die Kinder beim Zuhalten mit der Hand oft Druck auf das Auge aus, was das Sehen vorübergehend beeinträchtigen kann und das Resultat verfälscht. Zum Abdecken empfiehlt sich eine Piratenklappe, ein Augenpflaster oder eine dafür vorgesehene Brille mit Mattscheiben. Damit eine Visusstufe als «voll» gewertet Foto: Anna Bittel Gut zu wissen: ■ Liegt bei einem Kleinkind nach dem vierten Lebensmonat ein Schielen vor, muss es unverzüglich an eine Augenarztpraxis mit Orthoptistin überwiesen werden. ■ Liegt bei den Eltern eine hohe Fehlsichtigkeit oder ein sonstiges relevantes Sehproblem vor, sollte eine augenärztliche sowie orthoptische Untersuchung zwischen dem sechsten und zwölften Lebensmonat durchgeführt werden. Bei anderen Kindern ist eine Vorsorgeuntersuchung bis zum voll- endeten dritten Lebensjahr empfehlenswert. ■ Bei Kindern mit AD(H)S, Legasthenie und sonstigen schulischen Auffälligkeiten ist eine augenärztliche und orthoptische Untersuchung unabdingbar.

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