KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2023

02 / 2023 FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 33 eine bakterielle Konjunktivitis oder eine bakterielle Superinfektion bei initial viraler Genese vorlag. Wie vorsichtig müssen wir mit cortisonhaltigen Augentropfen sein? Man kann damit nicht vorsichtig genug sein. Cortisonhaltige Augentropfen und periokuläre Steroidtherapie mit Salben (z. B. bei dermatologischer Indikation) haben zwei wichtige okuläre Nebenwirkungen. Erstens entsteht bei hoher Dosierung und längerem Gebrauch eine Katarakt, die dann oft eine Operation notwendig macht, welche den Verlust der Akkommodation zur Folge hat. Die zweite wichtige Nebenwirkung ist die Erhöhung des intraokulären Druckes. Über verschiedene Mechanismen erhöht sich bei einigen Menschen unter lokaler Steroidtherapie der intraokuläre Druck. Bei Kindern und Jugendlichen kommt es leider besonders schnell zu dieser sogenannten «Steroid Response». In Ländern, in denen steroidhaltige Augentropfen frei verfügbar sind, nimmt auch die Rate an «Steroid induziertem Glaukom» zu. Steroidhaltige Augentropfen und periokuläre Steroide sollten deshalb nur verwendet werden, wenn der intraokulare Druck überwacht wird. Wie lange, wenn überhaupt, sollen wir ein Hordeolum mit antibiotischer Augensalbe behandeln? Die meisten Hordeola verheilen spontan mit oder ohne antibiotischer Therapie. Meist dauert das aber viel länger, als wir (und die Eltern) Geduld haben, zuzuschauen. Die Kinder dagegen sind oft wenig gestört. Wärmeapplikation (warmer Waschlappen 2×/d) und antibiotische Salben können das Abheilen beschleunigen. Man kann hier gut mit antibiotischen Salben (Hordeolum externum) oder Tropfen (Hordeolum internum) unterstützen. Ist die Sehachse betroffen oder ist die Schwellung nicht mehr gut abgrenzbar, braucht es eine ophthalmologische Beurteilung. Entwickelt sich aus dem Hordeolum eine akute Phlegmone, muss eine systemische antibiotische Therapie begonnen werden. Bei der Behandlung chronischer Hordeola muss unbedingt beachtet werden, dass rezidivierende Hordeola oft das einzige Zeichen einer Blepharokeratokonjunktivitis (BKC) sind. Die BKC ist eine Erkrankung, die ihren Ursprung in einer Dysfunktion der Meibomdrüsen hat, welche ebenfalls mit dem Hordeolum internum assoziiert sind. Sie wird häufig erst nach Jahren erkannt und kann wegen ihres chronischen Verlaufs zu Vaskularisationen und Narben der Hornhaut und auch zu Hornhautperforationen führen. Rote Augen bei Kindern müssen weiter abgeklärt werden, wenn: ■ die Rötungen rezidivieren, auch wenn es jeweils «nur wenig rot» ist ■ zusätzlich wiederholt Hordeola auftreten ■ Allergien oder atopische Erkrankungen bekannt sind ■ das periokuläre Integument verändert ist ■ rheumatologische Erkrankungen bekannt sind (z. B. Uveitis bei JIA) ■ wenn die Sehschärfe reduziert ist Abb. 2. Virale Konjunktivitis oder Tränenwegstenose Foto: Stefanie Gissler Wyss Welche Kinder mit roten Augen sollten zum Augenarzt? ■ Alle Neugeborenen mit Konjunktivitis sollten vor Therapiebeginn einen Abstrich bekommen und dann ophthalmologisch vorgestellt werden. ■ Alle Kinder mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA). Auch wenn die Rötung nur gering ist und kaum Symptome macht. Die mit JIA assoziierte Uveitis kann schwere Komplikationen haben und verläuft oft oligosymptomatisch. ■ Kinder mit sehr stark geröteten Augen, auch bei akutem Auftreten, zum Ausschluss von Pseudomembranen oder Hornhautbeteiligung bei EKC. ■ Bei starker Blendeempfindlichkeit (Photophobie), verschwommenem Sehen oder Verdacht auf eine Trübung der Hornhaut oder Vorderkammer muss eine Uveitis ausgeschlossen werden. ■ Bestehen chronische oder chronisch rezidivierende Augenrötungen, brennende Augen, gerötete Lidränder, verklebte Wimpern oder rezidivierende Hordeola sollte eine behandlungsbedürftige Blepharokeratokonjunktivitis (BKC) ausgeschlossen werden. ■ Bei Juckreiz, Schwellung der Oberlider oder Trübungen im Bereich des Limbus muss an eine Keratokonjunktivitis vernalis (VKC) gedacht werden. ■ Hat ein Kind zusätzliche atopische Erkrankungen, insbesondere atopische Dermatitis oder eine Veränderung des periokulären Integuments, sollte an eine atopische Keratokonjunktivitis (AKC) gedacht werden. ■

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