KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2023

FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL 02 / 2023 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 32 Die weniger stark ansteckenden HAdV Typen 3, 4 und 7 verursachen bei Kindern ebenfalls häufig eine Konjunktivitis. Diese ist jedoch weniger ansteckend und weniger stark symptomatisch verglichen mit der EKC. Typischerweise bestehen gleichzeitig grippale Symptome wie Fieber, Pharyngitis und Lymphadenopathie. Bei diesem Krankheitsbild spricht man von pharyngokonjunktivalem Fieber (PCF). PCF und weitere im Rahmen eines allgemeinen viralen Infektes auftretende virale Konjunktivitiden werden auch als «Begleitkonjunktivitis» bezeichnet. Die Konjunktivitis ist hier weniger ansteckend und die Isolation ist von der Kontagiosität der Grunderkrankung abhängig. Eine Krankschreibung aufgrund der Konjunktivitis ist bei EKC gerechtfertigt. Diese Überlegungen können helfen, die sehr ansteckende EKC zu erkennen: Ein sehr ansteckendes Adenovirus macht stärkere Symptome mit sehr starker Rötung und viel wässrigem Ausfluss. Die hohe Kontagiosität zeigt sich darin, dass meist das zweite Auge innert weniger Tage bereits mitbetroffen ist und andere Kinder in der KiTa oder Familienmitglieder ebenfalls betroffen sind. Wenn ein bereits betroffenes Umfeld die hohe Kontagiosität beweist, würde ich das Kind zu Hause behalten. Ein PCR-Abstrich kann die Diagnose bestätigen, ist jedoch wegen der Zeit, die man auf das Resultat wartet, nicht praktikabel. Die ebenfalls erhältlichen Schnelltests sind wegen ihrer nicht optimalen Sensitivität bei starkem klinischem Verdacht nicht hilfreich. handeln lassen. Für viele von uns gehören befeuchtende Augentropfen dann wie die Handcreme zur täglichen Pflege dazu. Bei Kindern ist das anders. Der Tränenfilm ist bei gesunden Kindern sehr gut und selbst in klimatisierten Räumen oder auf Langstreckenflügen haben sie keine trockenen Augen. Genauso wie gesunde Kinder sich nicht zweimal am Tag die Hände eincremen müssen, brauchen sie auch keine befeuchtenden Augentropfen. In meiner Erfahrung ist es falsch, bei Kindern eine primäre Trockenheit anzunehmen, um diese mit Befeuchtungstropfen zu behandeln. Klagt ein Kind über trockene, brennende oder juckende Augen, muss nach einer zugrundeliegenden Erkrankung (meist chronische Keratokonjunktivitis) gesucht werden. Bei milden allergischen Konjunktivitiden (milde VKC) oder als zusätzliche Behandlung bei Blepharitis (BKC) können Befeuchtungstropfen hilfreich sein. Man darf Keratokonjunktivitis Sicca (trockene Augen) bei Kindern aber nie als Diagnose werten; meistens steht eine entzündliche chronische Keratitis im Hintergrund (VKC, BKC, AKC). Hier besteht die Gefahr, dass wichtige Diagnosen verpasst werden. Sind die Augen oft gerötet und das Kind hat keine Beschwerden oder fasst sich typischerweise ans Auge, muss an eine neurotrophe Keratitis oder eine chronische Herpeskeratitis gedacht werden. Wieso hilft die Therapie mit Floxal Augentropfen, auch wenn wir eine virale Genese vermuten, trotzdem? Manchmal hilft die Befeuchtung in den Tropfen und nicht der antibiotische Wirkstoff, die Beschwerden zu lindern. Vielleicht wäre der spontane Verlauf genauso schnell gewesen? Ebenfalls möglich ist es, dass doch Abb 1. Bakterielle Konjunktivitis Foto: Irmela Heinrichs Für eine EKC und damit Krankschreibung spricht: ■ Ausgeprägte okuläre Symptome (starke Rötung, viel wässriger Ausfluss) ■ Erst ein Auge, wenige Tage später das zweite Auge (weniger stark als das erste) betroffen ■ Keine grippalen Begleitsymptome, die der Konjunktivitis vorausgehen ■ Umfeld / Familie / KiTa ebenfalls betroffen Immer wieder wünschen Eltern befeuchtende Augentropfen für ihre Kinder – ist das zu empfehlen? Nicht ohne ophthalmologische Beurteilung. Bei Erwachsenen sind trockene Augen extrem häufig. Im Verlaufe des Lebens verändert sich die Aktivität der verschiedenen (akzessorischen) Tränendrüsen (Tränendrüse, Meibomdrüsen, Zeiss/Moll-Drüsen) und die Anzahl Becherzellen nimmt im Verlaufe des Lebens ab. Dies führt zu zunehmender Trockenheit. Arbeiten am Bildschirm verringert den Lidschlag und in klimatisierter Umgebung ist die Luftfeuchtigkeit zu gering. Dies führt dazu, dass bei erwachsenen Patienten sehr viele Augenbeschwerden auf eine primäre Befeuchtungsstörung zurückzuführen sind und sich gut mit befeuchtenden Augentropfen be-

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx