KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2023

02 / 2023 MPA SEITEN KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 21 Im Rahmen der Fortbildung «Gastroenterologie in der Praxis» trafen sich dreissig interessierte MPAs im Stadtsaal Wil. Gespannt lauschten wir den spannenden Ausführungen von Frau Andrea Mathis, Ernährungsberaterin am Ostschweizer Kinderspital St. Gallen, und Dr. George Marx, leitender Arzt Kindergastroenterologie am Ostschweizer Kinderspital St. Gallen. Das Thema Trinken und Essen im 1. Lebensjahr wurde anhand einer neu erarbeiteten Elternbroschüre erläutert (siehe QR Code). Auch wenn sich das erste Kapitel der Broschüre dem Thema Stillen widmet, ist es nicht selbstverständlich, dass es mit dem Stillen in jedem Fall klappt. Wichtig zu erwähnen ist, dass sich die Muttermilch in ihrer Zusammensetzung fortlaufend verändert und sich dadurch der Entwicklung des Säuglings anpasst. Kann ein Kind nicht gestillt werden, stehen uns heute eine Vielzahl an Säuglingsmilchen zur Verfügung. Für die ersten sechs Monate eignet sich eine Säuglingsmilch mit der Bezeichnung Pre, Start oder der Ziffer 1. Ein Wechsel ab dem 6. Monat auf eine Folgemilch mit der Ziffer 2 oder 3 ist kein Muss, sondern sollte nur stattfinden, falls das Kind mit der Anfangsmilch nicht mehr satt wird. Mit dem Zufüttern von Brei soll je nach Entwicklung des Kindes zwischen dem 5. und 7. Monat (ab dem Alter von 4 bzw. 6 Monaten) begonnen werden. Frau Mathis weist darauf hin, dass Gemüse vor Früchten eingeführt werden soll, damit sich das Kind nicht an den süssen Geschmack von Obst gewöhnt. Bei der Einführung von Brei soll mit kleinen Portionen begonnen werden. Die Umstellung vom Saugen auf das Löffeln erfordert für den Säugling Übung. So sind Zeit, Geduld und Ruhe das A und O einer guten Einführung von Beikost. Wichtig ist, dass mit der Einführung von Breimahlzeiten zusätzlich Wasser oder ungezuckerter Tee angeboten wird, um eine Verstopfung zu verhindern. Je nach Entwicklung des Kindes kann mit 8 Monaten mit Fingerfood begonnen werden. Andrea Mathis erläutert, wann ein Kind mit Gastroenteritis ärztlich untersucht werden soll. Sie erwähnt die Rehydratation als Sofortmassnahme. Der Säugling soll weiter gestillt oder mit der gewohnten Säuglingsmilch ernährt werden. Das Verabreichen einer oralen Rehydratationslösung, z. B. Normolytoral, kann erforderlich sein. Ein Kleinkind kann mit einer einfach herzustellenden Lösung rehydriert werden: 1 Liter Wasser, ½ Teelöffel Salz und 6 Teelöffel Zucker werden vermischt und löffelweise verabreicht. Danach soll ein langsamer Nahrungsaufbau beachtet werden. Fettarme, leicht verdauliche Kost, Gemüse und Früchte nur gekocht, ausser CORINA SOGNO, MPA, SCHLOSSBERG ÄRZTEZENTRUM, FRAUENFELD Korrespondenzadresse: corina.sogno@gmail.com Erfahrungsbericht MPA Teil «Gastroenterologie in der Praxis» vom 17. März 2023 Bananen und geriebenen Äpfeln, die roh verabreicht werden dürfen. Karottengemüse und Kartoffelstock ergänzen nach und nach den Nahrungsplan. Zu jeder Zeit sei auf genügend Flüssigkeitszufuhr zu achten. Den interessanten Ausführungen von Frau Mathis folgte ein ausführliches Referat für Ärztinnen, Ärzte und MPAs von Dr. med. George Marx. Darüber informiert Sandra Sentelers Erfahrungsbericht auf Seite 47. Nach einer Pause, die rege für den Austausch genutzt wurde, erläutert Andrea Mathis die gesunde Ernährung von 1- bis 3-Jährigen. Nach der Still- und Trinkphase und der Brei- und Fingerfoodphase findet ab dem Alter von einem Jahr ein langsamer Übergang zum Essen am Familientisch statt. Das Kind lernt zu kauen und setzt seine Sinnesorgane bezüglich Farbe, Form, Konsistenz, Geruch und Geschmack ein. Es lernt durch Nachahmen, weshalb es besonders wichtig ist, gemeinsam am Tisch zu essen; deshalb soll dem Kind auch ein eigener Teller zur Verfügung gestellt werden. Es isst so viel, wie es braucht. Druck und Zwang seien immer kontraproduktiv. Zusammen einkaufen, zusammen kochen, schmecken, riechen, tasten und ausprobieren fördern lustvolles und kreatives Essen. Die Bausteine des Lebens und die erforderlichen Mengen der Bausteine erläutert Andrea Mathis anhand des «Tellers» von Nestlé. Auch Ernährungserziehungsregeln sind wichtig. Es sind die Eltern, die bestimmen, was es zu essen gibt, wann es zu essen gibt und wo es zu essen gibt. Das Kind entscheidet, wovon und wie viel es dann davon isst. Ein spezielles Augenmerk verschreibt Frau Mathis dem Thema Zucker. Er versteckt sich überall: in Süssigkeiten, Saucen, Süssgetränken, Fruchtsäften und in Fertigprodukten, auch in scheinbar gesundem Joghurt und Müesli. Sie verrät Tricks, wie der Zuckerkonsum einfach reduziert werden kann. Das Verdünnen von Süssgetränken mit Wasser ist eine Variante, Fruchtjoghurt mit Naturejoghurt zu strecken ebenso. Sie regt an, Süsses vermehrt zu etwas nicht Alltäglichem zu machen und Kinder nicht mit Süssigkeiten zu belohnen. Eine interessante Frage- und Antwortrunde fand ihren Abschluss mit grossem Applaus für die Referierenden und die Kursleiterin Dr. med. Antje Hugi Maier, welche mit ihrem süssen Mitbringsel bei allen für ein Schmunzeln sorgte. ■ Trinken und Essen im 1. Lebensjahr – Elterninformation

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