KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2023

01 / 2023 FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 33 Lebensalter Syndromspezifische Beeinträchtigungen Ziele von Sprachförderung und Therapie 1. und 2. Lebensjahr orofaziale und Ernährungsprobleme; Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsstörungen, vor allem im auditiven Bereich; verzögerte präverbale Entwicklung; Verzögerung in der Entwicklung von Verstehen, Mitteilen und Sprechen Hilfen zur altersgemässen Ernährung, zum Mundschluss; Hörerziehung; Gebärden zur visuellen Unterstützung von Verstehen und zum ersten Mitteilen Kooperation mit den Eltern zur Förderung responsiver Kommunikationsangebote und zur Beratung bei Zweisprachigkeit 3. und 4. Lebensjahr Sprachentwicklungsverzögerung; Diskrepanz zwischen Verstehen, Mitteilungsbedürfnis und Mitteilungsfähigkeit; Probleme bei der Lautnachahmung – auch dyspraktische Beeinträchtigungen sprachliche Inputstrategien: dialogische und responsive Kommunikation; Gebärden zur Unterstützung von Verstehen und Mitteilen; evtl. Hilfen bei der Lautbildung (Taktkin); gezielte handlungsbezogene Wortschatzerweiterung – auch bei Zweisprachigkeit 4. und 5. Lebensjahr geringer verbaler Wortschatz; Probleme bei der Artikulation gezielte Wortschatzerweiterung – verbal und mit Gebärden (Sprachförderstrategien); evtl. weitere alternative Kommunikationsformen; differenzierte Hilfen zur Förderung verbaler Sprache, evtl. frühes Lesen 5. bis 7. Lebensjahr überwiegend Ein-Wort-Äusserungen; Probleme mit Syntax und Grammatik; undeutliche oder nicht verständliche Artikulation systematische Förderung von Satzbau und Grammatik, evtl. unterstützt durch Visualisierung mit Bildern und/oder Wörtern; Förderung der Artikulation, 7. bis 14. Lebensjahr Diskrepanz zwischen Kommunikationsbedürfnis und Verständigungsfähigkeit; oft schlecht verständliche Sprache; Sprechunflüssigkeit (Stottern, Poltern) Förderung von Satzbau, Grammatik und Artikulation – auch durch Lesen; evtl. Stottertherapie 14 Jahre und älter eingeschränkte syntaktische und grammatische Fähigkeiten; schlecht verständliche Aussprache Wortschatzerweiterung; Kommunikationsstrategien; ggf. alternative und ergänzende Kommunikationsformen; evtl. Stottertherapie Logopädie und Sprachförderziele bei kleinen Kindern mit Down-Syndrom Bei kleinen Kindern mit Down-Syndrom gibt es unterschiedlich ausgeprägte Probleme, die sich auf die frühe sprachliche Entwicklung auswirken können. Im Rahmen der üblichen ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen ist deshalb wichtig abzuklären, ob und welche dieser syndromtypischen Probleme bei einem Kind vorliegen. Sie können sich auf orofaziale Veränderungen beziehen (Veränderungen des Gaumens, der Zunge und Zungenlage, offene Mundhaltung, orofaziale Hypotonie, vgl. Castillo Morales 1991), auf motorisch-funktionale Fähigkeiten (Saugen, Kauen, Lippen- und Zungenbeweglichkeit, vgl. Wilken 2022a) und auf die emotionalen und kognitiven Grundlagen (referentieller Blickkontakt, Objektpermanenz, Symbolverständnis oder deklaratives Zeigen, ebd.). Das Kauen bereitet oft Schwierigkeiten und Nahrungsveränderungen in Bezug auf Konsistenz und Geschmack werden von den Kindern selten toleriert. Durch entsprechende therapeutische Angebote können solche primären und mögliche sekundäre Probleme vermindert werden. Zumeist genügt es, diese Massnahmen bei jüngeren Kindern in unregelmässigen Abständen entwicklungsbegleitend durchzuführen und den Eltern alltagsorientiert zu vermitteln. Bei Fragen zur Abklärung der Ernährungssituation hat sich zudem gezeigt, dass es sinnvoll ist, die Eltern danach zu fragen, was das Kind aktuell isst und nicht, ob es «altersgemäss» ernährt wird. Oftmals sind Eltern, vor allem wenn das Kind mit Down-Syndrom ihr erstes ist, verunsichert und wissen nicht, was sie ihrem Kind zutrauen und zumuten können. Dadurch können für das Lernen wichtige «Zeitfenster» verpasst werden. Das sprachtherapeutische Angebot bei Kindern im Alter von 0–3 Jahren richtet sich nach den individuellen Förderbedürfnissen und dient der Abklärung möglicher Probleme und erfolgt dann kriteriengeleitet den aktuellen Erfordernissen entsprechend. Bei 3–7-jährigen Kindern erfolgt die Therapie in der Regel über einen längeren Zeitraum als wöchentlich stattfindende entwicklungsbegleitende Massnahme. Dabei sollte das jeweils angestrebte Ziel jedoch möglichst klar definiert werden (nicht nur «Sprachförderung bei Entwicklungsverzögerung»). Satzbau und Grammatik kann bei den Kindern durch ergänzende Visualisierung mit entsprechendem Material oder technischen Hilfsmitteln gefördert werden (Bilder, Wortbilder, Sprachausgabegeräte). Für die allgemeine Sprachförderung ist bedeutsam, die emotional-sozialen und sprach- (nicht sprech-) gebundenen kognitiven Fähigkeiten differenziert zu fördern Tabellarische Übersicht über logopädische und sprachfördernde Ziele

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