01 / 2023 FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 21 ten zwei Lebensjahren (AWMF) bzw. im Alter von 3–5 Jahren (AAP) durchgeführt werden, da klassische OSASymptome fehlen können. Angeborene Herzfehler, pulmonal-arterielle Hypertonie, Gefässmissbildungen Herzfehler kommen häufig und in unterschiedlichen Varianten vor. Die häufigsten Formen sind der atrioventrikuläre Septumdefekt (AVSD) in 50 % der Fälle und der Ventrikelseptumdefekt in ca. 1/ 3 der Fälle. Andere isolierte Herzfehler treten seltener auf oder in Kombination mit oben Genannten. Eine persistierende pulmonal-arterielle Hypertonie (PPHN) tritt bei Neugeborenen gehäuft auf (Weijerman 2010). Ob Kinder und Jugendliche mit DS grundsätzlich ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer primären pulmonal-arteriellen Hypertonie haben, bleibt unklar. Sekundäre Formen z. B. im Rahmen eines schweren OSAS oder einer Pneumopathie (z. B. im Rahmen von gastroösophagealem Reflux) kommen vor. Gefässanomalien wie Abgangsvarianten der Kopf-Halsgefässe (A. lusoria) und Gefässringe können vorkommen. Empfehlung: Jedes Neugeborene mit DS muss klinisch auf das Vorliegen eines Herzfehlers untersucht werden. Ergänzend zur Untersuchung ist unabhängig vom Untersuchungsbefund eine Echokardiografie innerhalb der ersten Lebenswochen nach Geburt durchzuführen. Weitere Kontrollen sind abhängig vom Vorliegen eines kongenitalen Herzfehlers und etwaiger Komorbiditäten. Da sich der Kreislauf des Neugeborenen nach der Geburt noch nicht vollständig umgestellt hat, wird zur endgültigen Beurteilung häufig eine kardiologische Kontrolle im Alter von 2–3 Monaten durchgeführt. Symptome wie verminderte körperliche Leistungsfähigkeit oder Prä-/Synkopen können im Verlauf auf eine pulmonalarterielle Hypertonie hindeuten; Schluck- und Atembeschwerden auf eine Gefässmalformation mit Kompression des Ösophagus oder der Atemwege. Hier sollte niederschwellig eine kinderkardiologische Abklärung in die Wege geleitet werden. Betreffend der Durchführung von regelmässigen kardiologischen Kontrollen (auch bei asymptomatischen Patienten) im Verlauf des Lebens besteht kein Konsens. Es wird aber empfohlen, auch bei asymptomatischen Patientinnen eine kardiologische Standortbestimmung vor Transition im Jugendlichen-/Erwachsenenalter, meist im Alter von 18 Jahren, durchzuführen. Schilddrüsenfunktion Eine Hypothyreose, angeboren oder erworben, findet man bei Kindern mit DS wesentlich häufiger als in der Allgemeinbevölkerung. Man geht davon aus, dass im Alter von 45 Jahren ca. 50% der Menschen mit DS eine abnormale Schilddrüsenfunktion aufweisen, wovon ca. 20 % der Fälle mit Hypothyreose vor dem Alter von 6 Monaten diagnostiziert werden. Empfehlung: Anamnese betreffend Symptome einer Schilddrüsenüber- oder -unterfunktion. Nach der Geburt muss das Neugeborenen-Screening durchgeführt werden. Zusätzlich soll eine Kontrolle der TSH-Konzentration bei Neugeborenen im Blut erfolgen. Bei auffälligem Screening oder auffälligen Werten für das TSH soll das TSH nochmals kontrolliert und bei bestätigt erhöhtem Wert umgehend ein erweitertes Screening sowie eine weiterführende Diagnostik in die Wege geleitet werden. Da Kinder mit einer angeborenen Hypothyreose erst im Verlauf symptomatisch werden können, sollen Kontrollen von TSH und fT4 im Alter von 3, 6 und 12 Monaten und im Anschluss jährlich erfolgen, sowie ergänzend bei Symptomen einer Unter- oder Überfunktion der Schilddrüse. Ergänzende Untersuchungen (Sonografie SD, SD-Antikörper) und Verlaufskontrollen erfolgen bei Bedarf. Autoimmunerkrankungen Zöliakie (Häufigkeit 4–7 %), Autoimmunthyreoiditis (5– 54 %), Diabetes mellitus Typ 1 (1 %), Alopecia areata (2–9 %), juvenile idiopathische Arthritis und Vitiligo zeigen bei Kindern mit DS eine erhöhte Inzidenz. Empfehlung: Bei Symptomen hinweisend auf eine Zöliakie (geringe Wachstumsrate, Inappetenz, Verstopfung, Diarrhoe, unklares Erbrechen und abdominelle Symptomatik) niederschwellige Bestimmung der Zöliakie-spezifischen Antikörper (Gewebetransglutaminase und Endomysium-Antikörper zusammen mit Abnahme des Gesamt-IgA zum Ausschluss eines IgA-Mangels). Bei asymptomatischen Kindern Screening auf Zöliakie im 3.–4. Lebensjahr. Gastroenterologie und Ernährungsprobleme Gastroösophagealer Reflux, chronische Obstipation (häufig funktionell) und Ernährungsprobleme einschliesslich Dysphagie treten häufig bei Kindern mit DS auf und beruhen vermutlich auf einem reduzierten Muskeltonus und einer erniedrigten Motilität der glatten Muskulatur des Magen-Darm-Kanals sowie Bewegungsarmut. Hinzu kommen diätetische und anatomische Faktoren wie eine relative Makroglossie, eine verhältnismässige Enge der Mundhöhle sowie eine reduzierte Kontrolle der Zunge und herabgesetzte Kraft der Kiefermuskulatur. Bis zu 90 % der Kinder mit DS, die aspirieren, sind oligo- oder asymptomatisch. Unbehandelt können Aspirationen zu rezidivierenden respiratorischen Symptomen führen. Wichtig ist es, funktionelle Störungen von angeborenen Fehlbildungen des Gastrointestinaltraktes abzugrenzen (Ösophagusatresie, Duodenalstenose/-atresie, Analstenose/-atresie,
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