KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2023

FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL 01 / 2023 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 20 Gehörgangs sind häufig (40–50%) und können insbesondere im Neugeborenen-, Säuglings- und Kleinkindalter die Beurteilung des Hörvermögens erschweren. Empfehlung: Neugeborene bis 1. Lebensmonat: Neonatales Hörscreening mittels otoakustischer Emissionen (OAE) und auditorisch evozierter Hirnstammpotenziale (BERA). Das Trommelfell sollte einsehbar sein. Bei Nichtbestehen Erhebung eines kompletten fachbezogenen HNO-ärztlichen Untersuchungsbefundes, einschliesslich Durchführung einer pädaudiologischen Untersuchung. Im Alter von 3 Monaten sollte man sicher sein, ob ein Kind hört oder nicht! Auch bei normalem Befund Wiederholung des Hörscreenings im Alter von 6 und 12 Monaten ergänzt durch einen HNO-Status bei nicht einsehbarem Trommelfell. Die Hörprüfung sollte bis Ende des ersten Lebensjahres mittels objektiver Methoden (OAE/BERA) erfolgen, später können subjektive verhaltensaudiologische Tests verwendet werden. Bei etabliertem bilateralem Hörvermögen und einsehbarem Trommelfell regelmässige Kontrollen im Vorschulalter in 6- (AWMF), höchstens 12- (AAP) monatigen Abständen. Bei Verdacht auf das Vorliegen einer Hörstörung engmaschigere Kontrollen ergänzend HNO-ärztlichen Untersuchungen. Ab dem Schulkindalter Kontrollen alle 1 (AWMF, AAP) bis 3 Jahre bis zum Erreichen des Erwachsenenalters. Augenmanifestationen Kinder und Jugendliche mit DS haben häufig Augenprobleme. Eine gute Sehfunktion ist wesentlich für eine optimale Lebensqualität. Augenuntersuchungen sollten regelmässig und lebenslang durchgeführt werden, da Manifestationen nach Alter variieren, wobei die Prävalenz mit dem Alter ansteigt. Häufige Augenprobleme sind: Brechungsfehler und Akkommodationsschwierigkeiten, Schielen, Nystagmus, Blepharitis, Tränengangstenosen, kongenitaler und juveniler Katarakt, retinale Hypopigmentation, Opticus- und Makulahypoplasie, Irisanomalien (brushfield spots) und andere. Empfehlung: Anamnese Sehprobleme. Postnatal: Ärztliche Untersuchung mit Fragestellung Fundusleuchten, Leukokorie (kongenitaler Katarakt, Retinoblastom), Ptosis? Falls möglich zusätzlich primär augenärztliche Untersuchung postnatal. Bei unauffälligen Befunden oder falls postnatal keine augenärztliche Untersuchung durchgeführt wird, Empfehlung für eine augenärztliche Kontrolle vor dem 6. Lebensmonat. Kontrolle auch bei bis anhin unauffälligen Befunden im Alter von 9–12 Monaten mit Fragestellung nach Brechungsfehlern und Schielen. Im weiteren Verlauf Kontrollen alle ein bis zwei Jahre, bis zum Erreichen des Erwachsenenalters mit der Fragestellung Brechungsfehler, Strabismus, Nystagmus. Infektionen, Atemwege, Impfung Kinder mit DS haben ein erhöhtes Risiko vor allem für Atemwegsinfektionen. Ursächlich hierfür scheinen anatomische Besonderheiten der oberen Luftwege, die muskuläre Hypotonie, gastroösophagealer Reflux (GER) mit Aspirationen und immunologische Besonderheiten mit qualitativer und quantitativer Veränderung des Immunsystems zu sein. Bisher konnte keine der immunologischen Besonderheiten alleine die vermehrte Infektneigung bei Kindern mit DS erklären. Die Infekthäufigkeit nimmt im Rahmen des Wachstums aufgrund der veränderten anatomischen Gegebenheiten häufig ab. Empfehlung: Anamnese nach Infektionen, im Jugendlichen- und Erwachsenenalter auch niederschwellig nach sexuell übertragbaren Krankheiten, insbesondere Hepatitis B. Kinder und Jugendliche sollten gemäss den allgemeinen Empfehlungen geimpft werden. Zusätzlich Verabreichung der saisonalen Grippeimpfung. RSV-Prophylaxe gemäss aktuellen Empfehlungen bei Komorbiditäten (z. B. Herzfehler). Suche nach behandelbaren Ursachen (z. B. Mikroaspirationen im Rahmen eines GER). Die Indikation für eine immunologische Abklärung besteht nur in seltenen, ausgewählten Fällen. Diese sollte anhand der individuellen Befunde interdisziplinär gestellt werden. Obstruktive Schlafapnoen (OSA) OSA finden sich in unterschiedlicher Ausprägung bei bis zu 97 % der Kinder und Jugendlichen mit DS. Risikofaktoren für Schnarchen und Schlafapnoe bei Kindern sind grosse Tonsillen und/oder Adenoide, Übergewicht, Mittelgesichtshypoplasien, Disproportionen im Mund/Kiefer-Bereich sowie eine allgemeine muskuläre Hypotonie, wodurch es im Schlaf zu einem Kollaps des Pharynx kommt. Die Folge ist ein gestörter Nachtschlaf mit einem erhöhten Muskeltonus sowie Erhöhung der Herzfrequenz und des Blutdrucks. Unbehandelt können Patientinnen mit ausgeprägten Formen eine pulmonalarterielle Hypertonie und im Verlauf ein Cor pulmonale entwickeln und die allgemeine Entwicklung kann beeinträchtigt sein. Durch eine abweichende autonome Regulation können auch zentrale Apnoen auftreten. Fehlende Symptome schliessen obstruktive Schlafapnoen jedoch nicht aus. Mehr zu diesem Thema im Artikel von Dr. med. Andreas Jung auf Seiten 36–38. Empfehlung: Anamnese Schlafprobleme, Schnarchen, Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten. Bei Symptomen, die hinweisend auf OSA sein können, soll unabhängig vom Alter zeitnah eine nächtliche Polygrafie oder Polysomnografie erfolgen. Bei Nachweis von OSA sollte immer eine anschliessende HNO-ärztliche Untersuchung erfolgen. Bei asymptomatischen Kindern sollte eine Polygrafie/Polysomnografie in den ers-

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