Ralph Wicki «Ich wollte immer Neues entdecken» 4|25 NOVEMBER Blick in die Geschichte Tessin, Teil 1 Sonntags-Treffs Gemeinsam Zeit verbringen und Kontakte knüpfen Was macht eigentlich? Zu Besuch bei Jürg Lauber SCHWERPUNKT: Träume MIT KURSPROGRAMM BILDUNG+SPORT
Grand Casino Luzern | Haldenstrasse 6 | 6006 Luzern | grandcasinoluzern.ch Luzerns Logenplatz für Geniesser Exquisite Gaumenfreude und imposante Aussicht auf den Vierwaldstättersee. Fine Dining mit 16 GaultMillau-Punkten Mediterraner Hochgenuss
EDITORIAL Träume – Fenster zu uns selbst Träume begleiten uns ein Leben lang als nächtliche Bil- der, als Hoffnungen, als Visionen für die Zukunft. Sie sind Ausdruck unserer Wünsche, Ängste und Sehnsüchte, manchmal auch Spiegel unserer Lebensphasen. Was wir träumen, verändert sich: Mit dem Älterwerden werden Träume kürzer, weniger bunt und doch sind sie oft beson- ders wertvoll: Sie helfen, Vergangenes zu verarbeiten, neue Perspektiven zu gewinnen und Brücken zwischen den Generationen zu bauen. Wie unterschiedlich Träume erlebt werden, zeigt das Drei- Generationen-Gespräch mit der Familie Häfliger. Hier wird deutlich: Kleine Wünsche können ebenso bedeutend sein wie grosse Lebensträume. Eines kommt in diesem Artikel klar zum Ausdruck: Träume verbinden, geben Kraft und Orientierung – unabhängig vom Alter. Auch im Glauben spielen Träume eine Rolle. Theologin Veronika Kanf erinnert daran, dass Träume in der Bibel immer wieder Schlüsselmomente markieren, als Zeichen von Hoffnung, Veränderung und Gottesnähe. Sie lädt dazu ein, Träumen Raum zu geben, auch wenn Skepsis erlaubt ist. Mit dieser Ausgabe erscheint zudem das neue Halb- jahreskursprogramm «impulse»: Es lädt ein, Neues zu entdecken, sich weiterzubilden und gemeinsam aktiv zu bleiben, vielleicht auch, um dem einen oder anderen Traum ein Stück näher zu kommen. Das Magazin zenit feiert dieses Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Wir haben dieses Jubiläum zum Anlass genommen, am Design des Magazins zu arbeiten. So erscheint die nächste Ausgabe im März 2026 in einem leicht angepassten Layout. Da Vorfreude bekanntlich die schönste Freude ist, dürfen Sie gespannt sein auf das «neue – alte» zenit-Magazin. Lassen Sie sich in der vorliegenden Ausgabe von den vielfältigen Träumen, Erfahrungen und Perspektiven inspirieren. Vielleicht entdecken auch Sie Ihren eigenen Traum (wieder) neu. Ruedi Fahrni Geschäftsleiter Pro Senectute Kanton Luzern Impressum Zenit erscheint vierteljährlich und ist ein Produkt von Pro Senectute Kanton Luzern Maihofstrasse 76 6006 Luzern 041 226 11 93 kommunikation@ lu.prosenectute.ch Redaktion Esther Peter (Leitung) Robert Bossart Astrid Bossert Meier Heidi Stöckli (publizistische Leitung) Michèle Albrecht (Bildung+Sport) Layout/Produktion Media Station GmbH Inserate lu.prosenectute.ch/Zenit Druck und Expedition Vogt-Schild Druck AG Gutenbergstrasse 1 4552 Derendingen Papier Perlen Value Auflage 64 000 Abonnemente Für Spendende und Mitglieder des Gönnervereins Pro Senectute Kanton Luzern im Jahresbeitrag inbegriffen 4 IM ZENIT Im Gespräch mit Radiomoderator Ralph Wicki. 8 BIBLISCHE TRÄUME Theologin Veronika Kanf über Jakobs Engel und Gotteserfahrungen im Schlaf. 10 TRÄUME IM ALTER Was unsere nächtlichen Bilder beeinflusst. 12 LEBENSTRÄUME Drei Generationen im Gespräch. 16 TRAUMFILME Sechs Personen verraten, welches ihr Lieblingsfilm ist und was er für sie bedeutet. 18 20-JAHR-JUBILÄUM Vor zwei Jahrzehnten wurde das Magazin zenit lanciert – ein Rück- und Ausblick. 21 WAS MACHT EIGENTLICH? Zu Besuch bei Jürg Lauber. 22 STEUERERKLÄRUNG ONLINE Was sich durch eSteuren.LU verändert und welche Unterstützung zur Verfügung steht. 25 HERBSTSAMMLUNG Jubiläen und ein herzliches Dankeschön. 26 SONNTAGSTREFF Guido Portmann über das neue Angebot, das einlädt, gemeinsam Zeit zu verbringen. 29 RATGEBER Wie man fit durch den Winter kommt. 31 RÄTSEL 32 BLICK IN DIE GESCHICHTE Tessin, Teil 1. 34 AGENDA Was wann wo los ist. 38 BÜCHERECKE 39 ADRESSEN VON PRO SENECTUTE Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 3 inhalt
Er ist Resonanzkörper für Tausende von Nachtmenschen: Ralph Wicki moderiert seit elf Jahren den Nachtclub im Radio SRF 1, bei dem ihm, fasziniert von seiner Stimme und seiner einfühlsamen Art, unzählige einsame oder sorgengeplagte Seelen ihr Herz ausschütten. Für den Luzerner ist sein grosses Herz Fluch und Segen zugleich. 4 Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 Fotos: Raphael Hünerfauth «Solange ich träume, VON ROBERT BOSSART Dass er zuhören kann, weiss fast die ganze Schweiz. Hunderttausende verfolgen mit, wenn er am späten Abend die Sorgen und Nöte anderer Menschen erzählt bekommt. Nun kehren wir den Spiess um und lassen ihn reden. Um es vorwegzunehmen: Auch das kann er. Bei unserem Besuch im Radiostudio im Zürcher Leutschenbach beantwortet er alle Fragen detailliert, ehrlich, ungefiltert. Er schüttet sein Herz aus. So, wie es andere tun, wenn er die Fragen stellt. So sehr, dass er da und dort anfügt: «Das darfst du auf keinen Fall schreiben.» Keine Angst – auch ohne diese «biografischen Abgründe» lohnt es sich, für einmal ihm zuzuhören. Beginnen wir mit dem Offensichtlichen. Wie schafft er es, dass Menschen ihm in aller Öffentlichkeit ihre intimsten Probleme anvertrauen? «Normalerweise sind Radio und Fernsehen weit weg und es sprechen Menschen, zu denen man aufschaut, weil sie Experten sind und einem die Welt erklären können», sagt Ralph Wicki. Sein Verständnis sei es,
IM ZENIT lebe ich» «sexy» könne er nichts anfangen, schliesslich sei er nicht schuld daran, wenn so viele Ehemänner nicht mit ihren Frauen redeten. Seine Stimme sei im Übrigen nur so, wenn er entspannt sei. Deshalb bereitet er sich immer mit dem gleichen Ritual auf seine Sendung vor, indem er im Studio ein Nachttischlämpchen anzündet, seine zwei Stofftiere auf dem Pult platziert und selbst zur Ruhe kommt. «Die Stimme macht Stimmung», sagt er abschliessend. Wer eine Nachtsendung moderiert, kommt am Thema Träumen nicht vorbei. Für Ralph Wicki löst dieses Wort unterschiedliche Gefühle aus. «Als Kind wurde ich als Träumer bezeichnet, und das war damals negativ gemeint.» Als der Schulpsychologe seine Schulreife abklärte, meinte dieser, dass er zwar intelligent, aber noch zu verträumt sei. Je älter er wurde, desto mehr dachte er von sich selbst, dass er tatsächlich ein Träumer sei. Heute hilft ihm diese Eigenschaft, die harte Realität zu ertragen. Wenn er all den «Mist» sehe in der Weltpolitik – das ertrage er manchmal einfach nicht. «Dann schreit es in mir drin nach Träumen, um einen Ausgleich zu finden. Ich bezeichne mich als Tagträumer. Meine Partnerin sagt mir manchmal, ich solle nicht so auf etwas starren. Dabei war ich nur einen Moment weggetreten in irgendeinen Tagtraum», sagt der 64-Jährige. Ralph Wicki liebt die Welt der Träume, die er auch beim Musikhören erlebt. Oder in der Nacht, wenn die Hektik weg ist, wenn die News nicht mehr dauernd vor ihm herumflattern. Er als «News-Junkie» kann dann ruhiger werden und der Fantasie mehr Raum lassen. «Ich bin ein Sehnsüchtiger», gibt er zu. Flug-, Schiffshäfen oder Bahnhöfe lösen in ihm diese Gefühle aus, die er so mag. Die Reibung mit dem Ernst des Lebens, mit der Realität, begleitet ihn seit Kindesbeinen. Seine lange Rockermähne und die Tattoos sind kein Zufall, sondern Zeichen einer Rebellion, einer Nonkonformität. Der Ursprung liegt in Luzern, wo er in einem relativ konservativen Elternhaus aufwuchs. «Eine enge Welt, Stichwort: Was denken die anderen», bringt er es auf den Punkt. Schon früh tauchte am Mittagstisch die Frage auf, was aus ihm werden sollte. «Ich hörte Begriffe wie Beamter und Militär, und schon früh hatte ich das Gefühl, ausbrechen zu müssen. Bereits mit zwölf Jahren träumte ich davon, wie ein Nomade oder wie Robinson zu leben.» Heiraten und Kinder haben wollte er auch nie, dafür einen Jaguar fahren wie sein Nachbar, den er bewunderte. «Heute bin ich 64 und kinderlos, dafür fuhr ich 20 Jahre einen Jaguar.» Er überlegt und sagt schliesslich: «Ich habe immer von Freiheit geträumt. Als wäre ich ein Gefangener gewesen.» Die Schule hat in nie gross interessiert, dafür umso mehr das andere Geschlecht. Ralph Wicki erinnert sich an erste Ralph Wicki ist es wichtig, den Menschen am Radio auf Augenhöhe zu begegnen, sich Zeit für sie zu nehmen und ihnen aufmerksam zuzuhören. Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 5 auf Augenhöhe mit den Menschen zu reden, keine Fremdwörter zu verwenden. «Das Schlichte, Einfache, Nicht-Aufgesetzte ist es vielleicht und die Tatsache, dass ich keine Show mache und keine Dramaturgie habe.» Eigentlich sei es erschreckend, aber viele seien es nicht mehr gewohnt, dass ihnen jemand mal zehn Minuten zuhöre. «Obwohl ich ja von der Sendeleitung her nur fünf Minuten dürfte, aber ich überschreite diese Limite fast immer», sagt er und grinst. Auch heute noch staunt er darüber, wie viele sich dafür bedanken, dass er einfach nur offene Ohren für sie habe. Nebst seinem Talent fürs Zuhören und der Fähigkeit, auf Augenhöhe zu kommunizieren, ist es auch seine Stimme, die fasziniert. Beruhigend, wohltuend, empathisch, sogar betörend und sexy sei sie. «Ich höre mich nicht gerne, ja, ich hasse es, meine Stimme zu hören», sagt er. Und mit dem Prädikat «Ich bin ein Tagträumer und Sehnsüchtiger.»
6 Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 Schmusereien in der fünften, sechsten Klasse und schmunzelt. «Ich konnte zwar küssen, aber für die Sek hat’s nicht gereicht.» Mit Müh und Not schaffte er schliesslich doch noch die Sekundarschule und hatte bereits eine Lehrstelle zur KVAusbildung. Es kam aber anders. Als er mit einer befreundeten Familie zusammen nach Kenia reiste und das dortige Elend sah, entschloss er sich, Arzt zu werden. «Die Lehrer trauten mir das nicht zu, aber genau das spornte mich an», erinnert er sich. Dank der Unterstützung der befreundeten Familie schaffte er es schliesslich ans private Gymnasium St. Clemens in Ebikon und maturierte dann in Immensee, um anschliessend in Bern Medizin zu studieren. Zwei Jahre hängte er sich rein, die Freundin, seine Band und andere Freundschaften litten darunter. Bis es ihm «ablöschte». «Ich spürte wieder diese Enge, ähnlich wie in meiner Kindheit.» Also begann er, Politik, Germanistik und Medienwissenschaften zu studieren. Das Radiovirus packte ihn, als er bei Radio «Extra-BE» ein Praktikum absolvierte. «Ich war von Anfang an so angefressen, dass ich hängen geblieben bin», sagt Ralph Wicki. Sechs Jahre lang war er Redaktor und stieg bis zum Redaktionsleiter hoch. Nach weiteren Stationen bei Privatsendern wurde er schliesslich Redaktionsleiter für Unterhaltungsmusik beim damaligen DRS in Zürich. Sein Leben lang Grenzen überschreiten Seine Karriere in der Musik- und Radiowelt mag erstaunen – ein Tagträumer und Freiheitsliebender, der durchstartet? Ralph Wicki zuckt mit den Schultern. «Ich wollte immer ausprobieren und Neues entdecken, das war mein Motor.» Tagsüber bewegte er sich mit der Krawatte in der Geschäftswelt, privat entdeckte der passionierte Rocker die neue Welt der Technobewegung. Er gibt zu, dass ihm das «Bumbumzeugs» anfänglich suspekt war. Geholfen hat ihm seine Neugier – und so liess er sich auf die neue Welt ein. «Es fühlte sich an, wie wenn ich in einem völlig neuen Meer schwimmen würde.» Angst davor, zu weit zu gehen, hatte er nie. «Schon als Kind sprang ich im Sarnersee von einem 15 Meter hohen Kran hinunter. Ich habe immer schon Grenzen überschritten und nie wirklich aufgepasst, jedoch immer auf mich vertraut.» Er betont aber, dass er nie etwas Böses im Sinne gehabt habe. Auf die Frage nach seinem Privatleben winkt er ab, das gehöre nicht an die Öffentlichkeit. Dann beginnt er dennoch zu erzählen. Davon, dass er stets lange Beziehungen gehabt habe, die er immer sehr ernst nahm. Als junger Mann waren da mal zwei Frauen, und er verweist auf sein grosses Herz. «Aber wenn man das liest, wird das oft falsch verstanden, ich «Ich habe immer von Freiheit geträumt.» bin ein treuer Mensch.» Er erzählt über andere Beziehungen in seinem Leben, Freundschaften und Menschen, die ihn begleiten und ihm wichtig sind. Irgendwann ist nicht mehr klar, wann, wer und wo – für Aussenstehende bleibt seine Beziehungswelt unübersichtlich. «Schreib gar nichts», sagt Ralph Wicki irgendwann. Verwirrend mag es sein, aber so viel ist klar: Ihm, der so begnadet zuhören kann, sind Beziehungen äusserst wichtig, denn Freunde sind für ihn seine Familie. Trotz seiner beeindruckenden Radiokarriere erlebte Ralph Wicki auch, wie es ist, wenn Dinge schieflaufen. Mit
IM ZENIT Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 7 sich mit Freunden, eröffnete diesen, dass er nicht mehr möge, die Welt nicht genug Platz für alle habe und er sich überlege, abzutreten. «Wie die alten Griechen, die selbst über Leben und Tod bestimmten. Diese Sichtweise spendete mir Trost.» Zum Glück kam es anders. Er, der Suchende und Träumer, las das Inserat von Radio DRS, das einen Moderator für eine neue «Personality»-Sendung mit dem Namen «Nachtclub» suchte. «Ausser Italienisch waren alle Anforderungen genau auf mich zugeschnitten», sagt Ralph Wicki. Zuerst bekam er eine Absage, aber im zweiten Anlauf klappte es. «Es war, als hätte ich ein neues Leben bekommen», sagt er aus heutiger Sicht. Dabei war der Anfang schwer, das Selbst- vertrauen war weg und die Hörerinnen und Hörer mussten erst gewonnen werden. «Ich musste schauen, dass überhaupt jemand anrief», erinnert er sich. Hinzu kam, dass die bewährten Abendsendungen mit Pop-, Rock-, Country- und Filmmusik wegfielen, was vielen missfiel. «Ich bekam viele böse Briefe deswegen.» Ralph Wicki biss sich durch und arbeitete die ersten drei Jahre sehr viel, bereitete sich akribisch auf die Sendungen vor. Musikalisch habe er sich «geknechtet» gefühlt, weil die Musik vorgegeben war. Ihm, dem Musikliebhaber und Musikex- perten, brach es das Herz, wenn er hörte, was während seiner Sendung gespielt wurde. Und so begann er, heimlich seine Musik aufzulegen, sehr zum Missfallen der Programm- leitung. «Ich musste ein paar Mal beim Musikchef antraben und war nahe daran, zu kündigen.» Da die Sendung inzwischen sehr beliebt war, überredete man ihn zu bleiben – inzwischen darf er das Musikprogramm bestimmen. 100 Nachrichten pro Tag Zu sagen, dass er seinen Job mag, sei stark untertrieben, meint Ralph Wicki. «Noch nie habe ich etwas so gern gemacht. Und ich bekomme sogar Geld dafür.» Er lacht, seine Lachfalten, auf die er im Übrigen stolz ist, weil es von seinem intensiven Leben zeugt, treten noch deutlicher in Erscheinung. Die viele Post, die er erhält, freut ihn zwar, bereitet ihm aber viel zusätzliche Arbeit. Weil es ihm wichtig ist, dass all die Menschen, die sich bei ihm melden, über 100 Nachrichten pro Tag, eine Antwort erhalten. «Ich komme kaum nach mit dem Beantworten», gibt er zu. Aber er könne die Nachrichten nicht ignorieren. «Diese Menschen, denen es schlecht geht, kann ich fast nicht enttäuschen, dafür bin ich zu sensibel. Zumindest eine kleine Reaktion braucht es einfach.» Mit dem Nachtclub und den vielen Gesprächen, die er führen kann, ist ein Traum für Ralph Wicki wahr geworden. Bald kommt er ins Pensionsalter, was kommt dann? Ralph Wicki überlegt. «Die Träume von damals sind immer noch da, das nomadische Leben, die Robinson-Insel, das Reisen. Ich muss ja nicht gleich alle verwirklichen. Aber solange ich träume, lebe ich.» Seit elf Jahren diskutiert Ralph Wicki als Moderator der spätabendlichen Radiosendung «Nachtclub» auf SRF 1 (Di bis Do, 21 bis 24 Uhr) einfühlsam mit Zuhörerinnen und Zuhörern am Telefon über Gott und die Welt. Der 64-Jährige wuchs in Luzern auf und studierte einige Semester Medizin, Medienwissenschaften, Politologie und Germanistik, bis ihn während eines Praktikums bei Radio «Extra-BE» das Radiovirus packte und er zum Redaktionsleiter aufstieg. Später kam er als Geschäftsführer zu Radio 32 in Solo- thurn, dann als GL-Mitglied zu Radio 105 in Muttenz und später als Redaktionsleiter für U-Musik zu DRS in Zürich. Als absoluter Musikliebhaber besitzt er eine Sammlung von 15 000 Schallplatten und doppelt so vielen CDs, und er zog jahrelang als DJ durch die Lande. Zur Person 50 Jahren geriet er in die grösste Krise seines Lebens. Er verliess das Radio 2006 und versuchte, im Musikbusiness Wurzeln zu schlagen. Unter anderem gründete er ein eigenes Musiklabel und managte verschiedene Bands, organisierte Konzerte. «Das Problem war, dass genau in dieser Zeit das Musikbusiness zusammenbrach», sagt der Luzerner. Streamingplattformen wie Spotify zerstörten die Einkommensgrundlagen eines grossen Teils der Musikwelt. Darauf fiel Ralph Wicki in eine existenzielle Krise. Wieder war er nahe daran, Grenzen zu überschreiten. Er besprach
8 Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 Träume begleiten die Menschheit seit jeher. Auch im Glauben. Theologin und Kirchen- historikerin Veronika Kanf spricht über Jakobs Himmelsleiter, Josefs Engel und heutige Gotteserfahrungen im Schlaf. Und darüber, warum Skepsis und Spiritualität einander nicht ausschliessen. ASTRID BOSSERT MEIER zenit: Träume begegnen uns in der Kunst, Literatur, Musik und auch in der Bibel. Im Alten Testament träumt Jakob von einer Himmelsleiter, auf der Engel auf- und absteigen. Gott steht oben und verheisst Jakob Schutz und Land. Was sagt uns dieser Traum? Veronika Kanf: Dieser Traum ist spannend, weil er der erste ist, der in der Bibel erzählt wird, und dies sehr konkret. Jakob flieht nach einem Streit mit seinem Bruder und man könnte meinen, dass Gott und er gerade keine gute Beziehung haben. Doch das Gegenteil geschieht: Jakob erlebt im Traum eine lebendige Gottesbegegnung, spürt Gottes Zuversicht und Begleitung. Und wofür steht die Himmelsleiter? Im Hebräischen ist mit «Himmelsleiter» eher eine Treppe mit Stufen gemeint. Dieses Bild habe ich einmal mit einer Schulklasse besprochen und gefragt, wie man Gott auf dieser Treppe näherkommen kann. Die Antworten waren sehr berührend – nicht nur «beten» oder «die Gebote einhalten», sondern auch «anderen helfen» oder «Zeit mit der Familie oder den Grosseltern verbringen». So wird ein Traum aus dem Alten Testament plötzlich alltagsnah. Wie oft werden überhaupt in der Bibel Träume erzählt? Etwa 20 Mal. Hätten sie eine ganz zentrale Bedeutung, gäbe es wohl mehr davon. Dennoch: Träume markieren immer wieder Schlüsselmomente im Leben der Menschen. Beispielsweise auch im Matthäus-Evangelium, als Josef im Traum von einem Engel erfährt, dass Maria vom Heiligen Geist schwanger ist? Ja. Wie bei Jakob im Alten Testament erlebt Josef im Schlaf eine Gottesbegegnung und erhält eine Botschaft. Gott hat für ihn einen Plan, der seine Vorstellungskraft in diesem Moment komplett übersteigt. Als Theologin nehme ich aus diesem Traum mit: Wie auch immer wir unser Leben planen – Unsicherheit und Veränderungen müssen wir aus der Hand geben. Was unterscheidet einen Traum von einer Vision? Träume geschehen nachts im Schlaf. Die Nacht ist in der biblischen Sprache stets ein Ort der Gottverlassenheit. Hier sagt uns der Traum: Gott ist da, auch nachts oder wenn wir ihn in Momenten der Gottesferne nicht zu erkennen vermögen. Visionen hingegen können im Wachzustand auftreten. In der Bibel sind sie übrigens viel häufiger zu finden und auch in der Kirchengeschichte spielen sie eine grössere Rolle. Gibt es auch Gemeinsamkeiten? Ja, und das sorgt auch für Kritik: In beiden Fällen ist die Überprüfbarkeit schwierig. Schon in der Bibel gab es Diskussionen darüber, wer ein wahrer Prophet sei und wer nicht. Und das hat an Aktualität nicht verloren. Auch heute stellt sich die Frage: Wem glauben wir? Welchen «Propheten» laufen wir nach? Und wo ist unsere Kritik gefragt? Hat sich die Deutung von Träumen im Lauf der Kirchengeschichte verändert? In den ersten Jahrhunderten nach Christus wurden Träume positiv betrachtet. Mit dem Mönchstum änderte sich das. In Träumen erlebte man die Begegnung mit Dämonen und deutete sie als Versuchung, die Menschen vom Leben mit Gott fernzuhalten. Im Mittelalter wurden Visionen wich- tiger. Spannend ist, dass wir ab dem 12./13. Jahrhundert vermehrt von Frauen lesen, die Visionen haben. Visionen Was uns biblische Träume heute sagen können Veronika Kanf (27) wuchs in Dachau nördlich von München auf. Nach dem Abitur studierte sie Theologie an der Universität Regensburg. Ihr Studium schloss sie 2022 mit dem Magister (analog Master) ab. Seit 2023 ist die Doktorandin als wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Kirchen- geschichte an der Universität Luzern tätig. Ihre Dissertation verfasst sie zum Thema «Volksmissionen in der Schweiz».
Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 9 BIBLISCHE TRÄUME Foto: zVg erlaubten vielfältigere Formen von Gotteserfahrungen, welche sich auch durch Farben, Lichter oder Klänge ausdrücken. Frauen konnten sie möglicherweise besser beschreiben. Das ist jedoch eine gewagte Theorie, die wissenschaftlich noch nicht belegt ist. Was passiert mit den Träumen in der Reformationszeit? Die reformatorischen Bewegungen – lutherisch wie reformiert – lehnten übertriebene Frömmigkeit und mystische Erfahrungen ab. Sie konzentrierten sich vielmehr auf die Auslegung von biblischen Träumen. Im barocken Katholizismus hingegen blühten Visionen und Träume weiter. In Zeiten von Krieg, Pest und Not suchten Menschen Orte der Heilszusage Gottes. So entstand fast in jedem Dorf ein kleiner Wallfahrtsort. Auch im Kanton Luzern gibt es zahlreiche Wallfahrtsorte. Beispielsweise erschien im 16. Jahrhundert dem gichtkranken Jakob Minder in Luthern Bad im Traum die Muttergottes und gab ihm den Rat, hinter seinem Haus nach Wasser zu graben. Er tat dies und wurde geheilt. Haben also Wallfahrtstraditionen weniger mit einem Wunder als vielmehr mit dem Zeitgeist zu tun? Rückwirkend ist es schwierig, Menschen eine wunderhafte Erfahrung abzusprechen. Bemerkenswert ist, dass jemand einem Traum folgt, daraus Hoffnung schöpft und einen Wallfahrtsort begründet. Dieser Glaube und Gehorsam gegenüber einem Traum macht uns heute eher stutzig. Doch in der damaligen Zeit, als in den Predigten mit Höllen- strafen gedroht wurde, boten solche Wallfahrtsorte Sicherheit und Trost. Warum sind Wallfahrtsorte wie Einsiedeln oder Luthern Bad bis heute beliebt? Zum einen wegen der einmaligen Sakrallandschaften und der wunderschönen barocken Kirchen wie jener in Einsiedeln. Zum anderen, weil Wallfahrten lebendige Traditionen sind, die über Generationen weitergegeben werden. Und eine Wallfahrt ist auch heute eine bewusste Unterbrechung des Alltags. Wir nehmen uns einen Raum für Sinnsuche und Spiritualität. Das erklärt auch den Erfolg des Jakobswegs. Glauben Sie, dass Gott heute noch im Traum zu uns spricht wie bei Jakob oder Josef? Ja, Gottesbegegnungen geschehen heute wie damals. Sie sind überall möglich und sehr individuell. Ich erinnere mich an eine Mutter, die in einem Gottesdienst in Rom erzählte, wie ihr schwerkrankes Kind nach regelmässigen Gebeten zur Gottesmutter geheilt wurde. Ob man das Wunder nennt oder nicht – der Glaube hat dieser Familie Kraft gegeben und sie durch eine schwere Zeit getragen. Viele Menschen würden einem eigenen Traum mit Gotteserfahrung wohl nicht glauben. Bedauern Sie diese Skepsis? Nicht unbedingt. Skepsis schützt auch. Viele Traumerzählungen entstanden in Zeiten, wo man keine Erklärungsmuster mit tiefenpsychologischen Zugängen hatte. Wenn negative, angstvolle Träume immer wiederkehren, sollten wir das als Zeichen psychischer Belastung ernst neh- men und nicht als Traum in einem spirituellen Sinn ver- klären. Dennoch finde ich die Haltung von Hildegard von Bingen inspirierend. Die Universalgelehrte aus dem Mittelalter hatte zahlreiche Visionen, auch mitten im Alltag. Sie ruft uns dazu auf, der Gottesbegegnung Raum zu geben – im täglichen Leben, im Gebet oder vielleicht auch im Traum. Spielen Träume in Ihrem persönlichen Glaubensleben eine Rolle? Eine unmittelbare Gotteserfahrung im Traum hatte ich bis jetzt nicht. Ich erfahre Gott oftmals in kleinen Dingen. Beim Wandern kann der Blick in die Berge etwas sehr Kraftvolles sein. Ein Gespräch kann plötzlich eine Tiefe und Qualität annehmen, die ich rationell nicht mehr fassen kann. Das sind für mich Augenblicke der Nähe zu Gott. Gott kann überall erfahrbar sein. Herauszufinden, wo das geschieht, macht die Sache mit dem Glauben doch recht spannend, finde ich. Ausschnitt aus Marc Chagalls Gemälde «Jakobs Himmelsleiter»
10 Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 Träume begleiten uns ein Leben lang. Sie sind Ausdruck innerer Prozesse, Spiegel unserer Erfahrungen und oft auch Projektionsfläche unserer Wünsche und Ängste. Doch wie verändert sich das Träumen im Alter? Was beeinflusst unsere nächtlichen Bilder, wenn wir älter werden – und wie können wir mit belastenden Träumen umgehen? Mit zunehmendem Alter verändert sich nicht nur unser Schlaf, sondern auch die Struktur und der Inhalt unserer Träume. Die Träume werden kürzer, weniger emotional aufgeladen und oft fragmentierter. Das Traumleben älterer Menschen wird von diversen Faktoren beeinflusst. Neben körperlichen Veränderungen spielen auch psychische und soziale Aspekte eine Rolle. Einsamkeit, Trauer, Krankheit oder der Übergang in den «Ruhestand» können sich auf die Traumintensität und -inhalte auswirken. Träume als Brücke zwischen Generationen Träume im Alter sind nicht nur Rückblicke, sondern auch Brücken in die Gegenwart. Sie können helfen, Erlebtes zu verarbeiten und neue Perspektiven zu gewinnen. Träume zeigen sich oft als verbindendes Element, das Verständnis und Empathie fördert. Im fortgeschrittenen Alter neigen Menschen zu reflektierenden Träumen, in denen es beispielsweise um Lebenserkenntnisse und lehrreiche Erfahrungen geht. Ältere Menschen träumen häufiger von Personen, die verstorben sind. Laut Forschungsergebnissen spielen Freundschaft und Gemeinschaft in den Träumen älterer Menschen die zentralen Rollen. Befragte beschreiben diese Träume am häufigsten mit Begriffen wie Vertrauen, Unterstützung oder Loyalität. Darüber hinaus ist Reisen ein häufiges Traummotiv älterer Frauen und Männer. Bei den Männern sind Träu- me mit aggressiven Inhalten zwar weiterhin präsent, aber deutlich seltener. Auch scheinen Menschen im höheren Alter weniger verstörende Träume zu haben als jüngere Altersgruppen – wobei ältere Menschen laut Forschenden die Albträume womöglich nicht mehr als so beängstigend wahrnehmen, wie es jüngere Generationen tun. Wenn die Nacht Geschi
Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 11 TRÄUME IM ALTER Foto: Adobe Stock Ältere Menschen sind in ihren Träumen auffällig aktiv, sowohl im Sinne der Fortbewegung als auch der Anstrengung. Ältere Personen träumen nur selten von ihren körperlichen Einschränkungen. In ihren Träumen sind sie meist gesund und verfügen über alle Fähigkeiten wie etwa ein einwandfrei funktionierendes Gehör. Nicht alle Träume sind angenehm. Albträume können auch belastend sein – etwa wenn sie von Verlust, Angst oder Hilflosigkeit handeln. Hier kann es hilfreich sein, die Träume zu reflektieren, sie aufzuschreiben oder mit vertrauten Personen darüber zu sprechen. Auch Entspannungsübungen, ein geregelter Schlafrhythmus und das Vermeiden von belastenden Medieninhalten vor dem Schlafengehen können helfen, die Traumqualität zu verbessern. Träume begleiten ein ganzes Leben Träume im Alter sind vielschichtig, individuell und oft tief berührend. Sie erzählen von gelebtem Leben, von Sehnsüchten und von dem, was bleibt. Wer sich mit seinen Träumen auseinandersetzt, kann nicht nur sich selbst besser verstehen, sondern auch neue Wege der Verarbeitung und des Miteinanders finden.Träume sind kein Relikt der Jugend – sie sind ein lebendiger Teil des Alters. Die Traumwelt begleitet uns ein Leben lang. Text erstellt mit Hilfe von KI Gut zu wissen n 096: Traum und Symbole – was Träume uns sagen n 094+095: Kursreihe Philosophie – über den Zweifel n 112: Positive Psychologie – für mehr Lebensfreude n 021: Humor als Lebenselixier n 023+024: Hypnose – die Kraft deines Unterbewusstseins Entdecken Sie im neuen Halb- jahreskursprogramm impulse verschiedene Kurse zum Schwerpunktthema Träumen. chten erzählt Die Anmeldungen für sämtliche B+S Kurse und Angebote sind verbindlich und werden in der Reihenfolge des Eingangs berücksichtigt. Wir empfehlen Ihnen eine frühzeitige Anmeldung; auch damit ersichtlich ist, ob die Angebote durchgeführt werden können.
12 Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 LEBENSTRÄUME Träume verändern sich mit jedem Lebensabschnitt. Im Gespräch mit drei Generationen der Familie Häfliger zeigt sich, wie unterschiedlich Träume sind und weshalb kleine Wünsche ebenso bedeutend sein können wie grosse Lebensträume. ASTRID BOSSERT MEIER Die Bibliothek der Primarschule Fischbach ist ein einladender Ort. Zwischen Lesesofa, gelb lackierten Bücherregalen und Kinderbüchern treffen sich drei Generationen einer Familie, um über ein Thema zu sprechen, das alle begleitet: Lebensträume. Bäuerin Antoinette Häfliger-Arnet (86) sitzt aufrecht, mit wachem Blick. Neben ihr Sohn Othmar (58), Elektrotechniker und Gemeindepräsident von Zell. Die Dritte im Bunde ist seine Tochter Fabienne (25), eine junge Lehrerin in Fischbach. zenit: Welchen Bezug haben Sie zur Schule Fischbach? Fabienne: Ich bin in Zell aufgewachsen und kannte die Schule Fischbach nicht gut – obwohl mein Vater hier zur Schule ging. Das Stelleninserat für die Basisstufe ist mir jedoch ins Auge gesprungen. Es war meine erste Bewerbung nach der Pädagogischen Hochschule. Noch am selben Tag wurde ich eingeladen, das Schulhaus zu besichtigen. Heute unterrichte ich hier und fühle mich sehr wohl im überschaubaren, familiären Team. Othmar: Als ich hier zur Schule ging, gab es nur zwei Klassenzimmer, noch keinen Kindergarten. Ich erlebte Lehrer nach alter Schule, sogar mit körperlichen Strafen, aber auch jüngere, die zeitgemäss unterrichteten. Wir Kinder mussten uns mit unterschiedlichen Lehrern und Methoden arrangieren. Ich habe die Primarschule als Wechselbad der Gefühle in Erinnerung. Antoinette Häfliger, war Ihre Schulzeit in den 1940er- Jahren Traum oder Albtraum für Sie? Antoinette: Ich wuchs in einer Bauernfamilie in Gettnau auf. In der zweiten Klasse erkrankte ich an Kinderlähmung, konnte lange nicht mehr gehen und verpasste ein halbes Schuljahr. Dazu kam, dass ich an Zöliakie leide, also an Glutenunverträglichkeit. Als die Krankheit endlich diagnostiziert werden konnte, war ich schon über 40. Als Kind war mir oft schlecht, ich hatte keine Energie und war ein schwächliches Kind. Der Vater musste mich mit dem Pferdewagen zur Schule führen. Das hat meine Schulzeit stark geprägt. Für die Oberstufe schickten mich meine Eltern ins Mädcheninternat Melchtal. Ich hatte furchtbares Heimweh – aber zumindest keinen langen Schulweg. Fabienne Häfliger, Sie unterrichten nun seit drei Jahren in Fischbach. War Lehrerin schon früh Ihr Traumberuf? Fabienne: Allerdings, das war für mich immer klar. Als Kind schrieb ich «Deutsch» oder «Rechnen» auf Prospekte und spielte stundenlang «Schülerlis», auch wenn mein kleiner Bruder nicht immer mitmachen wollte. Mein grösster Weihnachtswunsch war ein Hellraumprojektor. Othmar: Das stimmt. Damals stellten alle Schulen auf Beamer um. So konnten wir für Fabienne einen OccasionsHellraumprojektor beschaffen und sie war überglücklich. Othmar Häfliger, hatten Sie als Kind einen Traumberuf? Othmar: Nicht wirklich. Ich ging vier Jahre an die Kanti, radelte täglich 17 Kilometer nach Willisau und zurück. Doch ich wollte arbeiten. Im Vordergrund stand aber nicht der Traumberuf, sondern die Frage, welche Lehrstellen in der Region angeboten wurden. Ich hatte zwei Optionen: Das KV auf der Bank oder eine Lehre als Elektrotechniker. Mein Entscheid war kein Lebenstraum, ich wählte das Beste aus den vorhandenen Möglichkeiten. Antoinette Häfliger, haben Sie bedauert, dass sich Ihr Sohn gegen die Matura entschieden hat? Antoinette: Nein, auch ohne Matura hat er seinen Weg gemacht. Und als Elektrotechniker fand er nach der RS eine Arbeitsstelle, die ihm viele Möglichkeiten eröffnete. Othmar: In der Rekrutenschule suchte ich eine Stelle, eher halbherzig, um Urlaub für ein Vorstellungsgespräch zu erhalten. Zufällig landete ich bei Müller Martini in Zofingen. Das Vorstellungsgespräch war so interessant, dass ich blieb. Ich musste nicht mal einen Lebenslauf schreiben. Ich bin nun seit über 30 Jahren für dieses Unternehmen tätig. Drei Generationen, drei Lebensträume
Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 13 Fotos: www.viktoria-foto.ch Antoinette Häfliger, welche Berufsmöglichkeiten standen Ihnen offen? Antoinette: Wir waren zehn Kinder, es war nicht viel Geld da. In manchen Berufen musste man sogar Lehrgeld bezahlen. Ich träumte aber nie von einem anderen Beruf, sondern wollte immer Bäuerin werden. Meine Eltern ermöglichten mir die Bäuerinnenschule, was damals eine solide Ausbildung war. Später bestand ich auch noch die anspruchsvolle Meisterinnenprüfung. Dann war es kein Zufall, dass Sie einen Landwirt heirateten? Antoinette: Ich hätte auch andere Möglichkeiten gehabt (lacht), aber ich wollte den Bauern. Und das war die richtige Entscheidung, wir sind nun 61 Jahre verheiratet. Mein Mann und ich waren auf dem Hof immer gleichberechtigt und haben gemeinsam etwas gewagt und aufgebaut. Othmar Häfliger, haben Sie je davon geträumt, Gemeindepräsident zu werden? Othmar: Ganz und gar nicht. Ich habe mich immer politisch engagiert, war Parteipräsident der Mitte, arbeitete in der Schulpflege mit, übernahm dort den Vorsitz und kam schliesslich in den Gemeinderat mit dem Ressort Finan- zen. Nach dem Rücktritt des Gemeindepräsidenten wurde ich von mehreren Personen angesprochen, das Amt zu übernehmen. Nach sorgfältiger Überlegung habe ich mich entschieden, die Position anzunehmen. Das klingt nicht nach Traumjob Gemeindepräsident! Es ist ja auch keine einfache Funktion. Othmar: Natürlich gibt es Kritik. Das gehört dazu. Aber unsere Arbeit wird in Zell geschätzt. Die Reaktionen sind mehrheitlich positiv. Und ich bin stolz darauf, sehr klar gewählt geworden zu sein. Wenn ich Ja sage zu einer Aufgabe, gebe ich mein Bestes und ziehe sie durch. Ich setze mich gerne dafür ein, Zell als regionales Kleinzentrum mit vielfältigen Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten zu positionieren und unsere Gemeinde insbesondere für junge Familien attraktiv zu machen. Fabienne Häfliger, Sie arbeiten als Lehrerin. Auch kein leichter Beruf. Fabienne: Mein Start in Fischbach war schwierig mit einer sehr fordernden Klasse. Rückblickend bin ich aber sehr froh, drangeblieben zu sein. In dieser Zeit habe ich enorm viel gelernt und bin daran gewachsen – fachlich wie auch persönlich. Heute stehe ich mit beiden Beinen im Beruf und gehe jeden Tag mit Freude ins Schulzimmer. Es ist schön, die Kinder ein Stück auf ihrem Weg zu begleiten, sie in ihrer Entwicklung und im Lernen zu unterstützen und ihnen dabei etwas fürs Leben mitzugeben. Allerdings unterrichten wir in der Basisstufe vier Jahrgänge gleich- zeitig. Jedes Kind bringt andere Voraussetzungen mit. Und manchmal leisten wir Erziehungsarbeit, die eigentlich Aufgabe der Eltern wäre. Das ist schon anspruchsvoll. Dazu kommt: Als Lehrperson kann man immer mehr machen. Drei Generationen Häfliger: Antoinette (86), Othmar (58) und Fabienne (25). Eine gewisse Hartnäckigkeit zeichnet alle drei aus.
14 Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 Freiwilligenarbeit ist bereichernd Zeit schenken und Geduld haben Lebenserfahrung teilen Wissen weitergeben «Lachfalten? Unbezahlbar.» Humor als Kraftquelle für Herz und Seele Inputreferat Barbara Stauffer, Expertin für Kommunikation und Humor Talkrunde Humorvolle Persönlichkeiten erzählen Geschichten aus ihrem Leben, plaudern über ihre Leidenschaften und Träume und blicken mit einem Lächeln in die Zukunft. Humorvoll begleitet uns Marcel Schuler durch den Nachmittag. Austausch bei einem feinen Zvieri Sursee Montag, 23. März 2026, Pfarreizentrum Schüpfheim Mittwoch, 27. Mai 2026, Pfarreiheim Ebikon Dienstag, 16. Juni 2026, Pfarreiheim Willisau Donnerstag, 3. September 2026, Pfarreizentrum Weggis Mittwoch, 28. Oktober 2026, Aula, Schulhaus Dörfli Hochdorf Dienstag, 3. November 2026, Zentrum St. Martin jeweils 14.00 – 16.30 Uhr, Türöffnung 13.30 Uhr Anmeldung erwünscht bis eine Woche vor der jeweiligen Veranstaltung unter: www.lu.prosenectute.ch/Impuls oder Telefon 041 226 11 93 Kanton Luzern lu.prosenectute.ch Pro SenectuteIMPULS Mit Unterstützung von: Eintritt frei! Inserat
LEBENSTRÄUME Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 15 Zu wissen, wann es genug ist, ist für mich eine der grossen Herausforderungen. Was bei Ihren Erzählungen auffällt: Alle drei beschreiben sich als ausdauernd und beharrlich. Ist dieser Charakterzug typisch Häfliger? (Alle lachen). Antoinette: Vielleicht schon. Ich setze mir bis heute ein Tagesziel und spüre Erfüllung, wenn ich es erreiche. Dann kann ich die freie Zeit so richtig geniessen. Mein Mann sagt allerdings nicht, ich sei ausdauernd, sondern eher pedantisch. Vielleicht hat er ja ein bisschen recht. Othmar: Konsequenz ist wichtig, Sturheit weniger. In Geschäft und in Politik muss man offen bleiben. Aber manchmal braucht es einen Effort und Durchhaltewillen, damit etwas gelingt. Fabienne Häfliger, das Leben mal ganz leicht nehmen, aus dem Alltag ausbrechen und einen Traum leben. Ist das denkbar? Fabienne: Eine längere Reise in ein fernes Land würde mich reizen. Vor Studienbeginn war ich drei Monate in Frankreich und ganz auf mich selbst gestellt. Dass mir in Paris das Handy gestohlen wurde, war zwar nicht schön, aber lehrreich. Mal eine Auszeit zu nehmen, eine neue Kultur kennenzulernen, das wäre toll. Aber jetzt ist es noch zu früh. Und ganz sicher würde ich wieder zurückkommen. Othmar: Ich war nach der Technikerschule einige Monate allein in Amerika unterwegs. Für mich als Landei waren die Grossstädte ein Kulturschock. Doch diese Zeit hat mich geprägt und meinen Horizont erweitert. Ich wünsche Fabienne, dass sie auch solche Erfahrungen machen kann. Und welche Träume können im Alter von 86 in Erfüllung gehen? Antoinette: Gesundheit ist in meinem Alter ein grosser Wunsch. Schön wäre, nochmals die Oper in Verona zu besuchen. Doch mein Mann ist 93 und kann nicht mehr reisen. Die Träume werden immer etwas kleiner, das ist nicht einfach. Aber ich schätze, was möglich ist, und bin dankbar, dass ich jeden Tag aufstehen darf. Ich finde, ich hatte ein erfülltes Leben. Guter Beruf, erfolgreicher Politiker, glückliche Ehe, zwei erwachsene Kinder, Haus und Hund. Sind Othmar Häfligers Träume alle erfüllt? Othmar: Ich hatte Glück in Beruf und Familie. Aber Träume gibt es immer. Vielleicht lasse ich mich etwas früher pensionieren. Gemeinsam mit Kollegen unternehme ich ab und zu Hüttentouren. Denkbar, dass ich mal eine Saison auf einer SAC-Hütte arbeite. Und ich möchte vermehrt Skitouren unternehmen – dafür fehlte heute die Zeit. Fabienne Häfliger, wo sehen Sie sich im Alter Ihres Vaters? Fabienne: Im besten Fall bin ich dann noch immer Lehrerin. Eine Familie zu haben, wäre schön. In einem Haus zu leben, denkbar. Nur als Politikerin sehe ich mich überhaupt nicht. Und wie möchten Sie mit 86 auf Ihr Leben zurück- blicken? Fabienne: Ich möchte mit den Entscheidungen, die ich getroffen habe, gut leben können. Unabhängig davon, ob sie gut oder schlecht waren. Beides gehört zum Leben. Und natürlich hoffe ich, dass ich mit 86 sagen kann, ich hatte ein erfülltes Leben – so wie meine Grossmutter. Die Gesprächsrunde Othmar Häfliger-Christen (58) wuchs in Fischbach auf, lebt seit vielen Jahren in Zell, ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern. Beruflich ist der Elektrotechniker HF als Elektroprojektierer bei Müller Martini tätig. Politisch engagiert er sich seit 2019 als Gemeinderat von Zell, seit 2024 als Gemeindepräsident. Neben Familie und Beruf findet er Ausgleich im Biken, Wandern, Skifahren und als Leiter im Skilager. Antoinette Häfliger-Arnet (86) stammt aus Gettnau. Sie heiratete einen Fischbacher Landwirt und bewirtschaftete mit ihm einen Hof, auf dem sie bis heute mitarbeitet. Drei Söhne und zwei Enkelkinder gehören zur Familie. Sie pflegt einen grossen Garten und kocht noch immer für fünf Personen. Antoinette Häfliger war Präsidentin der Frauen- gemeinschaft und Präsidentin des Kirchenchors. Heute ist sie das älteste aktive Mitglied des Frauenturnvereins Fischbach, sie singt noch immer im Kirchenchor und engagiert sich als Lektorin. Fabienne Häfliger (25) ist in Zell aufgewachsen, wo sie auch heute mit ihrem Partner lebt. Sie studierte an der Pädagogischen Hochschule Luzern und unterrichtet seit 2022 als Lehrperson Basisstufe in Fischbach. Ihre Freizeit verbringt sie gerne mit Freundinnen, mit der Familie oder musizierend: In der Guuggenmusig Fröschlochruuger spielt sie Trompete und engagiert sich im Vorstand.
16 Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 Welcher Film bringt Sie zum Träumen? Hollywood ist eine Traumfabrik, heisst es. Tatsächlich können Filme grosse Gefühle auslösen und Menschen glücklich machen. Manche sehen sich ihren Lieblingsfilm wieder und wieder an. Sechs Menschen erzählen, welches ihr Traumfilm ist und was er für sie bedeutet. TEXT UND FOTOS: ROBERT BOSSART Elin Elmiger, 27, Altwis «Der Film von Jean-Pierre Jeunet aus dem Jahr 2001 ist so poetisch und mit einer einzigartigen Bildwelt erzählt, dass ich ihn schon unzäh- lige Male gesehen habe. Das erste Helen Dahinden, 67, Luzern «Ich gehe nicht ins Kino, um einen Traum zu erleben, sondern um Geschichten zu sehen, wie Menschen miteinander und in gewissen Situationen umgehen. Nur im Kino ist man mittendrin im Film, taucht ein. Der Film «Nothing personal» von Urszula Antoniak (2009) zeigt die Geschichte zweier Einzelgänger. Anne, die allein in Irland unterwegs ist, trifft auf Martin, der abgelegen am Meer wohnt. Für Essen und Zimmer kann sie bei «Die fabelhafte Welt der Amélie» «Nothing Personal» ihm arbeiten, einzige Ab- machung: sich keinerlei persönliche Fragen stellen. Die irische Landschaft ist in wunderbaren Bildern festgehalten und die Ausdruckskraft der Gesichter und Gesten der beiden, die kaum miteinander reden, ist fesselnd, berührend. Ich mag solche ruhigen Geschichten, liebe aber auch skurrile Filme wie etwa von Kaurismäki, Fellini usw.» Mal als Jugendliche auf DVD, später schaute ich ihn allein, mit der Familie oder mit Freunden an. Amélie, die wenig Zuneigung von ihren Eltern erhält, beschliesst, anderen Menschen zu helfen, um ihr eigenes Glück zu finden. Man taucht völlig in ihre Welt ein, wunderbar sind die kleinen, skurrilen und einfachen Details und auch die Musik ist grossartig. Der Film macht Mut, für sein eigenes Leben einzustehen und anderen zum Glück zu verhelfen. Für mich zeigt er eine farbige, lebendige, surreale Traumwelt.»
Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 17 TRAUMFILME Dolly Helfenstein, 70, Luzern «Robin Williams bringt als Lehrer Leben und Freude an Kunst, Poesie und Theater in die trostlose Eliteschule. Er ermuntert die Schülerinnen und Schüler, ihre eigenen Träume zu verwirk- lichen. Als der theaterbegeisterte Schüler Neil Perry sich das Leben nimmt, weil sein Vater ihn aus der Schule nimmt, wird der Lehrer entlassen. Die Szene, als die Marianne Graber, 69, Luzern «Wie der 20-jährige Harald, der in dieser schwarzen Komödie immer wieder einen Selbstmord vortäuscht, weil er von seiner lieblosen Mutter kontrolliert wird, durch die Beziehung zur schrulligen, 79-jährigen Maude die Freude am Leben findet, macht den Zauber dieses Kultfilms aus dem Jahre 1971 aus. ‹If you want to sing out, sing out›– dieses Titellied von Cat Stevens unterstreicht die faszinierende Botschaft des Films von Hal Ashby: Wenn du etwas ändern willst im Leben, musst du es einfach tun. Der Film ist grossartig und er zeigt, dass man seine Träume realisieren kann, wenn man will.» Robert Bossart, 61, Altwis «Dieser Film aus dem Jahr 1988 von Giuseppe Tornatore mit der Musik von Ennio Morricone, der die Geschichte eines Jungen er- zählt, der in Sizilien aufwächst und der das Kino des Dorfes lieben lernt und bei dem der Pfarrer jeweils alle Kussszenen rauschneidet, ist für mich ein Seelenheilmittel. Er ist kitschig, überzeichnet und glorifiziert die Vergangenheit. Aber er «Heldin» Barbara Tschopp, 65, Luzern «Ich habe 34 Jahre als Pflegefachfrau in der Chirurgie gearbeitet. Den Film ‹Heldin› der Schweizer Regisseurin Petra Volpe ging ich dieses Jahr mit einer ehemaligen Berufskollegin schauen. Er zeigt die Spätschicht einer Pflegefachfrau, deren Dienst mehr und mehr ausser Kontrolle gerät. Ich war noch nie so erschöpft nach einem Kinobesuch. Die Hilflosigkeit, weil man einfach nicht alles unter einen Hut bringen kann, da es überall an Personal fehlt, ist mir durch Mark und Bein gegangen – ein Albtraum, den ich nur zu gut kenne. Ich habe die Vielschichtigkeit und die Herausforderungen dieses Berufes immer sehr geschätzt. Doch der Film hat bei mir den Traum einer würdevollen Pflege bestärkt – einer Pflege, bei der man mehr Zeit hat, auf die Menschen und ihre Bedürfnisse einzugehen.» «Harald and Maude» «Der Club der toten Dichter» Schüler auf die Tische steigen und «Oh Kapitän, mein Kapitän» rufen, um sich für ihn zu wehren – ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich die Szene sehe. Das ist so gut gespielt und zeigt, dass man sich für seine Träume einsetzen kann und muss. Die tiefgründige Erzähl- weise und die letztendlich positive Aussage des Films von Peter Weir aus dem Jahr 1989 beeindrucken mich sehr.» «Cinema Paradiso» ist so herzergreifend und beschreibt die tiefsten Träume und Hoffnungen der Menschen, dass ich die ersten zehn Mal immer weinen musste, wenn ich ihn sah. Der Film versinnbildlicht für mich den Traum eines Lebens, das von grosser Liebe und bitter-süsser Melancholie geprägt ist.»
18 Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 2005 bis 2025: Eine Cover-Auswahl – von der ersten zenit-Ausgabe mit Emil Steinberger bis zu Ralph Wicki im Dezember 2025.
Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 19 Viel Mut, aber vor allem Weitsicht bewies Pro Senectute Kanton Luzern 2005 mit der Lancierung der ersten Ausgabe des Magazins zenit. Dieses Jubiläum nutzt Pro Senectute für neue Ideen und Perspektiven: Im März 2026 erscheint das Magazin zenit in einem neuen Kleid. Mit viel Schwung und Zuversicht in die Zukunft Vor 20 Jahren war einiges noch anders: Das Internet steckte in den Kinderschuhen, Smartphones waren Zukunftsmusik und das Thema «aktive Alter(n)sgestaltung» fristete ein Nischendasein. Mit dem Entscheid, das kostenlose Magazin zenit ins Leben zu rufen, zeigte Pro Senectute Kanton Luzern vor zwei Jahrzehnten Innovationskraft und Weitblick oder wie es im Editorial des damali- gen Geschäftsleiters Peter Dietschi in der allerersten Ausgabe im April 2005 hiess: «Der Schritt in die Zukunft.» «Die neue Zeitschrift richtet sich an alle Menschen, die in irgendeiner Weise vom Älterwerden betroffen sind. Sie dient als Informations- und Serviceplattform für alle Fragen der dritten und vierten Lebensphase. Wir wollen mit dem Magazin zenit ein positives Bild des Alters vermitteln, weiterhin für die Würde der älteren Menschen einstehen und ihnen in der Gesellschaft jenes Ansehen verleihen, das ihnen gebührt», so Peter Dietschi weiter. Diese Worte haben auch nach 20 Jahren nichts von ihrer Bedeutung und Wichtigkeit eingebüsst. Blick nach vorn Natürlich hat sich das zenit in den vergangenen zwei Jahrzehnten verändert und sich dem Wandel in der Gesellschaft angepasst. Das Layout wurde regelmässig leicht moder- nisiert und mit weiteren Rubriken ergänzt. So wurde die Zeitschrift über die Jahre hinweg immer beliebter und die Auflage geht heute an über 65 000 Adressatinnen und Adressaten. Zum Jubiläum folgt nun der nächste Schritt: Ab Ausgabe 1/2026 erscheint zenit in einem leicht angepassten Kleid. In einer Umfrage haben wir nach den Anregungen und Wünschen der zenit-Lesenden gefragt. Diese Rückmeldungen waren sehr wertvoll und bestätigen die Wichtigkeit des Magazins. Viele Hinweise werden bei der Umsetzung des Redesigns berücksichtigt. Mehr Ratgeber, mehr Raum für persönliche Geschichten, ein klareres und modernes Layout, all das fliesst ins neue Konzept ein. Gleichzeitig bleibt zenit das, was es immer war: ein Magazin mit hoher Fachkompetenz, Authentizität und regionaler Verwurzelung. Wandel und Neuanfang In der ersten Ausgabe des Jahres 2026 wartet nicht nur ein überarbeitetes Layout, sondern auch ein Schwerpunktthema, das aktueller kaum sein könnte. Dieses lautet: «Wandel». Wandel kann verunsichern, aber auch beflügeln. Er fordert uns heraus, lässt uns wachsen, zwingt uns manchmal zum Loslassen und eröffnet neue Perspektiven. In der zenit-Ausgabe 1/2026, die am 16. März erscheint, werden diese Facetten anhand von Geschichten von Menschen, die sich neu orientieren, mit Einblicken in Veränderungen im Alter, mit Gedanken zu Aufbruch und Neuanfang aufgenommen. Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude. Denn Wandel ist nicht das Ende von Vertrautem, sondern der Anfang von Neuem. Auch mit dem «neuen» zenit schafft Pro Senectute Kanton Luzern ab März 2026 eine Plattform, die Information und Inspiration ermöglicht und damit einen wichtigen Beitrag für ein gutes Leben im Alter leistet. G2F0D- DJ AS HF SR D- JFUSBDI FL SÄ DU FM
20 Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 Inserate Ihre 13. Altersrente • Nur bei Altersrenten – nicht bei Kinder- oder Hinterlassenenrenten • Erste Auszahlung automatisch mit der Dezemberrente 2026 auf Ihr Konto • Auszahlung auf andere Konten oder an andere Personen nicht möglich • Bei Rentenbeginn im laufenden Jahr erhalten Sie eine anteilsmässige 13. Altersrente. Ab 2026 WAS Wirtschaft Arbeit Soziales | Ausgleichskasse Luzern ROTKREUZ-NOTRUF Hilfe auf Knopfdruck Was immer passiert – Ihr Notruf erreicht uns rund um die Uhr innert Sekunden. www.srk-luzern.ch 041 418 74 47 Erlebnisreisen im historischen «Churchill». sbb.ch/erlebnisreisen _RA_099 Ins Erlebnisreisen (D) 180×80, Zenit.indd 4 07.08.25 09:44
RUBRIK Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 21 WAS MACHT EIGENTLICH … Es ist das zentrale Anliegen von Jürg Lauber, 63, das Wissen über naturnahes Gärtnern und die traditionelle Verwertung von Gemüse und Früchten an die nächste Generation weiterzugeben. Manche kennen ihn von den Fachtagungen, die er als Kommunikationsverantwortlicher bei Pro Senectute Kanton Luzern organisiert hatte. Oder sie schätzen sein Engagement für den Aufbau und die Leitung von «Café Trotzdem»-Treffs für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen. Daneben engagiert sich Jürg Lauber in der Schweiz und in Kanada für Projekte zum Wohl von Menschen und Natur. «Ich wollte werden wie mein Onkel, der in Horw eine Gemüsegärtnerei leitete. Dort war ich mit meiner Schwester wie in einer Grossfamilie aufgewachsen», erinnert sich Jürg Lauber an die Prägung in seiner Kindheit. Entsprechend absolvierte er nach der obligatorischen Schulzeit eine Lehre als Topfpflanzen- und Schnittblumengärtner. Nach dem Besuch einer Handelsschule und einem Jahr als Hilfspfleger im Viva Eichhof arbeitete er im ehemaligen Betrieb der Brändi- gärtnerei Horw, bis ihn ein einjähriger krankheitsbedingter Ausfall zu einem Berufswechsel zwang. Schon während der dreijährigen Ausbildung zum Sozialarbeiter war die Alters- arbeit sein Ziel. Von 1995 bis 2016 war er in verschiedenen Funktionen für Pro Senectute Kanton Luzern tätig und betont: «Es war mein grosses Anliegen, von defizitären hin zu ressourcenorien- tierten Altersbildern zu kommen, können wir doch von alten Menschen sehr viel lernen und profitieren.» In Verbindung mit der Begleitung seiner damals 95-jährigen Grossmutter galt sein besonderes Interesse der Demenzkrankheit. «Es fasziniert mich, wie sich die Persönlichkeit wohl auflöst, das Menschsein jedoch bestehen bleibt. Menschen mit einer Demenz und ihre Angehörigen verdienen unsere Wertschätzung. Es berührt mich immer wieder neu, wie wir selbst bei apathischen Menschen mit Musik, Bewegung und Natur eine Tür zu ihnen öffnen können.» Während der Ausbildung in Sozialarbeit lernte er auch viel über die nonverbale Kommunikation und war Gründungsmitglied des «Theaterkoffer Luzern». Mit dem Auftragstheater holen die SpielerInnen z.B. an Fachtagungen in szenischen Inputs die Teilnehmenden konstruktiv auf der emotionalen Ebene ab. Daneben leitet Jürg Lauber bis heute regelmässig Kommunikationskurse für verschiedene Organisationen. Auf vielen Reisen mit seiner Frau Lisa Aregger ist die Liebe zu Kanada gewachsen. Mit dem Ziel einer späteren Auswanderung kaufte er 2015 in der Provinz Nova Scotia 50 Hektaren Land in einer traumhaft schönen, unberührten Wald- und Flusslandschaft. Über eine Stiftung möchte er den Grossteil für kommende Generationen schützen. Nur der vorderste Zehntel wurde in den letzten Jahren mit seiner Hilfe gerodet. In einem der darauf erbauten Häuser lebt er bei seinen mehrmonatigen Aufenthalten vor Ort. Mit der Vermietung des anderen Hauses kann er die nötigen Mittel für Projekte generieren. «Ich bin eben ein Anreisser», lacht er und erzählt von seinem Weg zurück zu den Wurzeln, dem Aufbau einer Gemeinschaftsgartenanlage. Dort organisiert er Kurse für naturnahes Gärtnern und produziert Gemüse für Foodbanks, wo minderbemittelte Menschen gesunde Nahrung abholen können. Die Beziehung zur 97-jährigen Mutter und der 95-jährigen Tante haben die Auswanderungsziele verändert. Dazu bei- getragen hat auch der Wunsch von Yvette, die mit ihrem Mann im gleichen Haus in Neuenkirch wohnt und das Gärtnern lernen möchte. Deshalb hat Jürg Lauber auch in der Schweiz wieder mit Gärtnern begonnen, was für ihn wie eine Meditation ist. Im kleinen Rahmen produziert er mit Yvette im Gewächshaus Mikro Greens und Gemüsesetzlinge. Gemeinsam organisieren sie Kurse, wie zum Beispiel Früchte und Gemüse wie früher haltbar gemacht werden können. Er freut sich über das grosse Interesse und das Privileg, mit bescheidenem Lebensstil und Unterstützung seiner Frau etwas Sinnvolles zu machen, und meint: «Ich hoffe, dies sei noch lange möglich, möchte ich doch 100 Jahre alt werden.» TEXT UND FOTO: MONIKA FISCHER Einmal Gärtner – immer Gärtner
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