Zenit Nr. 4, November 2022

Es ist selten, kommt aber vor: Zwei ältere Menschen, die sich ineinander verlieben. Jeanette Barilli (80) und Willy Müller (84) haben sich im Alterszentrum Unterlöchli in Luzern vom ersten Moment an gemocht. Seither sind sie unzertrennlich. VON ROBERT BOSSART Bereits beim ersten Frühstück sitzen sie einander gegenüber. «Es war Zufall, ich wusste nicht recht, wo ich mich hinsetzen soll», sagt Willy Müller. Es war Anfang April, als er im Unterlöchli einzog. Jeanette Barilli sass allein an ihrem Tisch, an dem sie seit eineinhalb Jahren jeden Morgen frühstückt. «Wir haben uns von Anfang an gut verstanden», erinnert sie sich. Als er sie dann fragte, ob sie mit ihm einen Schiffsausflug auf dem Vierwaldstättersee mache, weil er zwei Freibillette habe, sagte sie Ja. «Er war mir auf Anhieb sehr sympathisch», meint sie mit einem diskreten Lächeln. «Sie ist ein sehr, sehr lieber Mensch», erwidert er und strahlt. Seither verbringen sie jeden Tag gemeinsam. Immer. JedenMorgen punkt halb acht wartet er auf ihrem Stock beim Lift auf sie. «Meist steht sie schon dort», gibt Willy Müller zu. Gemeinsam fahren sie hinunter und gehen in den Speisesaal. Danach setzen sie sich, wenn das Wetter gut ist, draussen auf ein Bänkchen und schmieden Pläne für «Wir haben uns über beide Ohren gern» den Tag. Einkäufe und andere Besorgungen erledigen sie gemeinsam. Diesen Sommer haben beide eine Jahreskarte für die Schifffahrt gelöst, entsprechend oft machen sie Ausflüge auf dem See. Aber auch beim Lädelen in der Altstadt lässt er sie nicht im Stich, auch wenn er, wie er zugibt, meist draussen vor dem Laden auf sie warte. «Das liegt mir nicht so.» Beim Mittag- und Abendessen sitzen sie nicht am gleichen Tisch. Warum nicht? Das habe sich so ergeben, meinen sie. Aber das sei schon gut so, finden sie einhellig. «Wir sind ja die restliche Zeit immer zusammen», sagt Willy Müller und sie nickt zustimmend. Jeanette Barilli und Willy Müller bezeichnen es als «grosses Glück», was mit ihnen passiert ist. Die 80-Jährige hat schwierige Jahre hinter sich. Vor zwei Jahren ist ihr geliebter Ehemann gestorben. Die Jahre davor waren die anstrengendsten ihres Lebens. Ihr Mann hatte Demenz und die Pflege und Betreuung forderten sie immer mehr heraus. Bis es nicht mehr ging und ihr Mann in eine Demenzinsti12 Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 22 Empfinden es als grosses Glück, dass sie sich im Alter gefunden haben: Jeanette Barilli und Willy Müller.

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