Zenit Nr. 4, November 2021

6 Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 21 die Runden kommen. Schliesslich versuchte sie es beim Fernsehen, das damals noch ein kleines Unternehmen mit Sitz im Zürcher Seefeldquartier war. Als sie sich für ein Volontariat bewarb, hiess es erst, es gebe keine entspre- chende Ausbildung. «Schliesslich konnte eine Gruppe von zehn Personen eine Woche lang ein Praktikummachen.» Als sie über den Sechseläuten-Anlass spontan einen Text sprechen sollte, fehlten die Unterlagen mit den Anga- ben und sie musste aus dem Nichts improvisieren. Regina Kempf wehrte sich, weil sie das Vorgehen unfair fand. Schliesslich erhielt sie eine weitere Chance, sich zu bewei- sen: Sie durfte eine uniformierte Person ihrer Wahl ins Studio bringen und befragen. «Wir haben uns bestens un- terhalten – und so nahmen sie mich.» Mehr als nur «nett» Der Anfang war nicht leicht, die ersten drei Monate ver- brachte sie damit, stapelweise Filme zu archivieren. Bald hatte sie genug und reklamierte. Schliesslich durfte sie einen Beitrag über die Berner Jugend machen. Als der Sekretär der Universität die junge, zierliche Frau neben einem ziemlich beleibten Kameramann stehen sah, fragte er diesen, ob «die» dazugehöre. «Darauf umarmte mich mein Kollege mit seinen grossen Armen und sagte, dass ich der Chef sei. Dafür bin ich ihm heute noch dankbar.» Schliesslich begann Regina Kempfs TV-Karriere mit der Moderation und Ansage von Jugendsendungen. Bereits in der Anfangszeit zeigte sie auch, dass sie nicht nur das «nette Fräulein» vor der Kamera ist, sondern durchaus etwas auf dem Kasten hat. Nach rund drei Monaten lieferte sie ein erstes Drehbuch für eine Sendung ab. «Das habe ich auf eigene Faust gemacht und es hätte auch ein Flopp wer- den können.» Wurde es aber nicht: Obwohl es ihr niemand zutraute, war das Drehbuch brauchbar und wurde bald schon umgesetzt – mit ihr in der Hauptrolle. «Eigentlich hatte ich vom Filmgeschäft keine Ahnung, ich habe mich einfach durchgeackert und mich reingehängt.» Jahre später sagten ihr Kollegen, dass sie ständig Fragen gestellt habe und alles wissen wollte. «Ich habe alle gelöchert und ging mit Neugier, Hartnäckigkeit und Interesse an die Arbeit.» Die Jugendsendungen für Menschen bis 25 Jahre waren für sie ein spannendes Tummelfeld. «Es gab Theater- aufzeichnungen, wir haben mit Hans A. Traber gearbeitet, mit Gerda Conzetti gebastelt und oft hat Heidi Abel mode- riert.» Schliesslich konnte sie zusammen mit dem Lieder- macher Dieter Wiesmann Sendungen moderieren. «Es war eine spannende Zeit.» Meist waren es 60-Stunden-Wochen, für die sie 600 Franken monatlich verdiente. Deshalb war sie froh, als sie schliesslich in ein freies Arbeitsverhältnis wechselte. Regina Kempf arbeitete nun auch bei Programmen für Erwachsene mit, so moderierte sie etwa die Frauensendung «Tipps für sie». Aber immer noch lebte die junge Frau von der Hand in den Mund – eine sichere Anstellung hatte sie nicht. Das änderte sich, als sie 1969 eine Stelle als An- sagerin erhielt. «Ansagerinnen bleiben in der Regel über längere Zeit, deshalb war das Angebot für mich attraktiv.» Und so wurde Regina Kempf zum «Gesicht der Nation», durch ihre jugendliche, frische und kompetente Art prägte sie sich in den Köpfen der Zuschauerinnen und Zuschauer ein. «Da ich bereits Erfahrung hatte, war ich rasch eingear- beitet. Zudem war es spannend, weil ich die Ansagen selber schreiben konnte, was natürlich eine kreative Komponente beinhaltete.» Die Fakten, Zahlen und Sachverhalte habe sie

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