Zenit Nr. 4, November 2021

Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 21 7 als Notizen zur Verfügung gestellt bekommen. Daraus musste sie dann ihre Ansage entwerfen. Ihre Bekanntheit hatte aber nicht nur Vorteile. Für En- gagements bei Filmagenturen erhielt sie nur Absagen. «Sie sagten, dass alle mich als Ansagerin kannten und ich des- halb für Filmrollen ungeeignet sei.» Also blieb sie beim Fernsehen. Privat war sie mit Bruno Kaspar verheiratet, der ebenfalls beim Fernsehen arbeitete. «Wir arbeiteten viel, hatten darum wenig Zeit, um gross Kontakte zu pflegen, und waren meist unter uns. Wir lebten in einer Art Glocke.» Regina Kempf machte immer öfter am Abend, im Hauptprogramm, Ansagen. Anfang der Achtzigerjahre moderierte sie die Sendung «Unbekannte Bekannte», die bald sehr populär wurde. Dort begegneten sich beispiels- weise die Schauspiellegende Lilo Pulver und der ehemalige Bundesrat Rudolf Gnägi. Dabei stellte sich heraus, dass dieser in jungen Jahren bei Lilos Eltern ein Studentenzim- mer hatte. «Eine Sendung, die sehr Spass gemacht hat. Alle zwei Wochen zeichneten wir mit Publikum auf.» Anfangs war noch ein Mann mit dabei – weil man Frauen nicht zu- traute, auch mal mit einem Politiker auf Augenhöhe zu sprechen. Regina Kempf seufzt und schüttelt den Kopf. Generell hatten es Frauen beim Fernsehen nicht einfach in dieser Zeit. «Als Frau wurde man immer wieder angefein- det. Manchmal einfach darum, weil jemandem der Pullo- ver oder ein sonstiges Kleidungsstück nicht passte.» Mit der negativen Seite der Bekanntheit tat sie sich schwer. Briefe mit Inhalten aus der untersten Schublade ärgerten sie immer mehr. «Zum Glück gab es damals noch kein Internet und keine sozialen Medien, sonst wäre es noch viel schlimmer gewesen.» Schliesslich legte sie sich einen speziellen Ordner zu, in den sie die übelsten Zusendungen ablegte. «So konnte ichmit diesen Aggressionen etwas besser umgehen», sagt sie. Den Ordner bewahrt sie heute noch auf. Viel Arbeit, wenig Schlaf Von 1984 bis 1990 moderierte Regina Kempf die Vorabend- sendung «Kaländer», eine populäre Unterhaltungs- sendung, in der es nebst der Unterhaltung auch um Volks- kultur ging. «Das war mir wichtig, einfach nur Folklore machen wollte ich nicht.» Inzwischen war das Fernsehen ins Leutschenbach umgezogen und sie arbeitete auch noch auf der Pressestelle und machte Führungen fürs Publikum. Dann begann sie, am Radio zu arbeiten, machte unter anderem den «Nachtexpress» oder die Sendung «Hafen- konzert – Gruss vom Bodensee». Mit Morgen- und Abend- sendungen wurde es ihr mit der Zeit zu viel. «Manchmal arbeitete ich bis zwei Uhr nachts am Radio und am nächs- ten Tag musste ich um zehn Uhr wieder im Studio stehen, mit vielleicht zwei oder drei Stunden Schlaf.» Ihre Gesund- heit litt, sie bekam Asthma. Als dann Anfang der Neun- zigerjahre der Teleprompter Einzug hielt und sie nur noch ablesen durfte, sei es ihr «zu blöd» geworden. Sie gab den Job als Ansagerin auf. Das Leben als Moderatorin, Ansagerin und Redaktorin bei Fernsehen und Radio ist nicht immer einfach, das merkte Regina Kempf schon länger. Deshalb absolvierte sie Mitte der Siebzigerjahre eine Ausbildung als Gymnastik- lehrerin und erarbeitete sich ein zweites berufliches Stand- bein. Die Abende, an denen sie nicht beim Fernsehen oder Radio war, verbrachte sie mit Tanzstunden. «Meine Agenda war stets sehr voll, ich war schon immer ein Arbeitstier.» Aber weil sie alles gern machte, habe sie es nicht als Last empfunden. IM ZENIT «Als Frau hatte man es früher nicht einfach beim Fernsehen. Man wurde immer wieder angefeindet.»

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