Zenit Nr. 3, September 2021

PERSÖNLICHKEITEN Dass Tiere auf ältere Menschen eine positive Wirkung haben, das weiss Toni Röösli aus Erfahrung. «Jedes Altersheim sollte zumindest einen Esel halten», ist er deshalb überzeugt. Auch Pia Pavoni schöpft als freiwillige Mitarbeiterin in einem Tierheim viel Kraft aus den Spaziergängen mit den vierbeinigen Begleitern. VON ROBERT BOSSART «Tiere tun wohl und spenden Lebenskraft» Toni Röösli (72), Rothenburg Tiere tun den Menschen gut, vor allem den Älteren, ist Toni Röösli überzeugt. Auch als Pensionär ist er täglich in seinem «Tonis Zoo» und kümmert sich um die Tiere. Mit betagten Menschen hat er hier schon eindrückliche Geschichten erlebt. Die Liebe zu Tieren sei ihm in die Wiege gelegt worden, meint Toni Röösli. Er, der Bauernsohn, hat, seit er denken kann, stets mit Tieren zu tun gehabt. «Mit Heugümpern, Würmern, Mäusen, Hasen, Geissen, Katzen oder Hunden», sagt er und lacht. Nein, Berührungsängste hatte er nie. Der gelernte Gartenbauer liess sich später zum Tierpfleger und zum Wildtierpfleger ausbilden, kaufte am Rand von Rothenburg 22 000 Quadratmeter Land, wo er zuerst eine Gärtnerei betrieb. Dann funktionierte er die Treibhäuser in Tiergehege um und begann Esel, Affen, Echsen, Vögel, Meerschweinchen, Hasen und andere Tiere zu halten. Besondere Wirkung auf ältere Menschen Seit 20 Jahren betreibt Toni Röösli inzwischen seinen klei- nen Zoo, der sich in der Zentralschweiz grosser Beliebtheit erfreut. Bis zu 2000 Personen besuchen an einem schönen Wochenende den Zoo, darunter vor allem Familien mit kleinen Kindern. Aber auch ältere Menschen schätzen den Park. «Tiere geben Seniorinnen und Senioren Kraft, ein gutes Gefühl und machen sie stark.» Früher, als er das Zoo- Restaurant noch selber geführt hat, waren regelmässig Seniorengruppen zu Besuch. Toni Röösli hat jeweils einige seiner Tiere präsentiert, darunter auch Affen, Echsen und Schlangen. «Für viele ältere Menschen ist es wunderbar, wenn sie mal ein Äffchen auf dem Schoss haben oder eine Schlange.» Dass Tiere eine ganz besondere Wirkung auf Betagte haben, hat er dabei immer wieder erlebt. In guter Erinnerung ist ihm die Geschichte eines Mannes geblieben, der reglos im Rollstuhl sass, den Kopf stets vornübergebeugt hatte und nicht mehr selber essen konnte. «Zuerst setzte ich ihm einen Vogel auf den Schoss», erinnert sich Toni Röösli. Als er es dann mit einem Äffchen versuchte, bewegte dieser ganz leicht den Kopf. Noch etwas mehr Reaktion zeigte er, als er eine Bartagame, eine kleine Echse, berührte. «Schliesslich kam ich mit einer Schlange, vor der sich die meisten ziemlich fürchteten.» Nicht so der Mann im Rollstuhl. Der Zoodirektor setzte ihm das Reptil auf den Schoss, dieser nahm es in die Hand – und hob sei- nen Kopf. «Das war ein unglaublicher Moment, die meisten seiner Mitbewohner hatten sein Gesicht noch nie gesehen.» Im Wohnheim habe er in sich gekehrt vor sich hin gelebt, durch die Begegnung mit einem Tier lebte er wieder auf. Zumindest in diesem Moment. «Damit konnte er seinen Mut zeigen und demonstrieren, dass er noch da ist.» Tiefe Beziehung zu Tieren Solch starke Reaktionen erlebt Toni Röösli immer wieder. «Egal, ob Kamel, Affe, Schlange oder Hase: Der Kontakt zu Tieren ist für ältere Menschen enorm wichtig. Manche umarmen die Tiere und geniessen das so sehr, dass sie sie kaum mehr hergeben möchten.» Inwiefern unterscheiden sich ältere von jüngeren Besuchern? «Die Beziehung von Seniorinnen und Senioren geht oftmals tiefer, junge Men- schen spazieren herum und möchten möglichst viele verschiedene Tiere sehen. Die Betagten hingegen bleiben länger bei einem Tier und versuchen, eine Beziehung her- zustellen.» Oft zehrten sie noch wochenlang von diesen Begegnungen und schöpften Lebensmut und Kraft daraus. Darum ist für Toni Röösli klar, dass Tiere unbedingt in jede Seniorenresidenz gehören. «Jedes Altersheim sollte zumindest einen Esel halten», meint er und lacht. Tiere würden in Alterswohnheimen für gute Stimmung und Fotos: Peter Lauth 18 Pro Senectute Kanton Luzern 3 I 21

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx