Zenit Nr. 1. März 2024

Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 24 29 GESUNDHEIT voranschreiten und die Mundgesundheit sich rapide verschlechtert. Zudem können «Baustellen» in der Mundhöhle einen direkten Einfluss auf die allgemeine Gesundheit haben. Dass das Zahnfleisch zurückgeht, ist eine normale Alterserscheinung. Muss man trotzdem etwas dagegen tun? Hier muss man unterscheiden zwischen entzündungs- bedingtem, durch Bakterien verursachtem Zahnfleischrückgang und einem nichtentzündlichen Zahnfleischrückgang, der eher auf Abnützung und Fehlbelastung zurückzuführen ist. Letzterer ist naturgemäss mit dem Älterwerden verbunden. Ein bakteriell bedingter Zahnfleischrückgang hingegen kann in jeder Lebensphase vorkommen und ist keine typische Alterserscheinung. Liegt ein bakteriell bedingter Zahnfleischinfekt vor, sollte dieser unabhängig vom Alter behandelt werden. Etwas anders sieht die Situation bei hochpflegebedürftigen Menschen aus. Hier liegt der Behandlungsschwerpunkt in der Prävention von Lungeninfekten durch die Minimierung der Bakterienlast in der Mundhöhle. Wie sieht es mit herausnehmbaren Zahnersätzen aus? Welche Pflege benötigen diese? Auch Zahnersatz setzt Bakterienbeläge an. Aus diesem Grund empfiehlt die SSO, die Prothesen zweimal pro Tag gründlich zu reinigen. Dazu benutzt man am besten eine Prothesenbürste und alkalifreie Seife, zum Beispiel Geschirrspülmittel. Nachts sollte die Prothese trocken, * Dr. med. dent. Lukas Gnädinger ist bei der Schweizerischen Zahn- ärztegesellschaft SSO für die Alters- zahnmedizin verantwortlich. Er führt die Zahnarztpraxis Gnädinger in Seewen (SZ) und macht für immobile Patientinnen und Patienten auch Heimbesuche. das heisst ausserhalb des Mundes, in einem offenen Behälter gelagert werden. Wenn die Pflegebedürftigkeit zunimmt, genügt es, die Prothese einmal am Tag gründlich zu reinigen. Früher schaute man weniger gut zu den Zähnen. Haben die heutigen Seniorinnen und Senioren gepflegtere Zähne als noch die Generation vor ihnen? Meine Grossmutter erhielt in den 1930er-Jahren Totalprothesen als «Brautgeschenk» kurz vor der Hochzeit, damit ihr zukünftiger Ehemann keine grossen Kosten zu erwarten hatte. Ihre Zähne waren – wie bei den meisten Leuten in dieser Zeit – sicher in einem desolaten Zustand. Die erfolgreiche Schulzahnpflege, die in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts von der SSO lanciert wurde, und die Fluorid-Zusätze in den Zahnpasten führten zu einem markanten Rückgang der Karies. Die Ersten, die damals profitierten, sind heute in der vierten Lebensphase angelangt. Es werden also immer mehr Menschen mit immer mehr Zähnen älter. Das Bewusstsein, wie wichtig es ist, seine Zähne gesund zu behalten, ist heute im Vergleich zu vor 50 Jahren viel höher. Mehr Zähne bedeutet aber auch: Der Pflegeaufwand ist höher! Daran arbeitet die SSO mit neuen Strategien. Zum Beispiel haben wir uns das Ziel gesetzt, dass jede Pflegeinstitution, die das wünscht, von einem Heimzahnarzt betreut wird. Bestehen Wechselwirkungen zwischen fehlender Mundgesundheit und der allgemeinen Gesundheit? Studien haben gezeigt, dass Erkrankungen im Mund- bereich zu Problemen der allgemeinen Gesundheit führen können – so zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder eine bakterielle Lungenentzündung. Viele Lungenentzündungen im hohen Alter sind auf Bakterien in der Mundhöhle zurückzuführen. Im Alter spielt auch eine Rolle, dass das Immunsystem mitaltert. Es kommt weniger zu akuten Infekten, dafür aber umso mehr zu chronischen, meist schmerzlosen Infekten, die den Körper und seine Gesundheit belasten. Aus diesen Gründen sind regelmässige zahnärztliche Jahreskontrollen sowie eine gute Mundpflege auch in Alters- und Pflegeheimen und speziell in der Palliativpflege sehr wichtig.

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