Zenit Nr. 1. März 2024

Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 24 17 LEBEN UND TOD es nicht mehr viel. Um 14 Uhr kam die EXIT-Begleitperson. Hans zweifelte keinen Moment an seinem Entscheid. Es ist jetzt vorbei, ich will gehen, sagte er. Er war gelöst, mit sich im Reinen und glücklich, dass seine Liebsten bei ihm waren. Nachdem er das Sterbemedikament eingenommen hatte, dämmerte er langsam in den Schlaf, machte einen letzten, tiefen Atemzug und starb. Das war ein sehr fried- licher und feierlicher Moment und fühlte sich richtig an. Es braucht Zeit, um den Tod zu verarbeiten Später musste sein Freitod von offizieller Seite bestätigt werden. Ich war dankbar, dass die Beamten in Zivil kamen. Als der Todesfall abgewickelt war, durften wir die Bestatterin rufen. Hans hatte mit ihr alles vorbereitet. Er war ein organisierter Mensch. Als Holzbauingenieur durfte er nichts dem Zufall überlassen. Das wollte er auch nach seinem Tod nicht. Die Todesanzeigen lagen gedruckt auf dem Stubentisch, der Lebenslauf war geschrieben, die Beerdigung geplant. Manche hatten mich vor dem Moment gewarnt, wenn der Sarg aus dem Haus getragen wird. Doch der Körper von Hans hatte uns zeitlebens Mühe bereitet. Ich dachte, diese Hülle können sie ruhig mitnehmen. Die Beerdigung im Baumgrab des Rothenburger Friedhofs fand erst einen Foto: Asrid Bossert Meier Monat später statt. Ich brauchte diese Zeit, um seinen Tod etwas zu verarbeiten. Die Beerdigung war sehr emotional. Auf Wunsch von Hans sang die Jodlerin Silvia Rymann und statt Blumen warfen wir Holzspäne ins offene Grab, die sein Bruder von Hand gehobelt hatte. Hans hatte vor seinem Tod öfters gesagt, danach musst du wieder lernen, zu leben. Das stimmt. Jahrelang hat sich alles um ihn gedreht, meine eigenen Bedürfnisse habe ich zurückgestellt. Obwohl ich mich darauf vorbereiten konnte, war mein Leben nun vom einen auf den anderen Tag leer. Das ist das Schwierigste. Am Morgen stehe ich auf und denke, warum eigentlich, ich habe ja keine Aufgabe. Am Tisch redet niemand mit mir. Hans fehlt, selbst die Auseinandersetzung fehlt mir. Bei uns war nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen. Nun muss ich erst wieder eine Daseinslegitimation finden. Kleine Schritte habe ich schon geschafft. Seit kurzem jasse ich wieder mit den Frauen, mit denen ich früher Karten gespielt hatte. Und ich habe mich einer Walking-Gruppe angeschlossen. Aber das sind Hobbys, keine Aufgaben. Ich möchte etwas Sinnvolles tun. Das Bewusstsein ist da, die Lösung noch nicht in Sicht. Das braucht wohl noch etwas Zeit. Zeit, die ich mir für diesen Übergang geben will. «Die Trauer kommt und geht», sagt Hanny Amstad Banholzer. Vor fünf Monaten schied ihr Mann mit EXIT aus dem Leben.

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