Zenit Nr. 1, März 2022

Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 22 23 Amt inne, nach dem Podestà (Bürgermeister) und dem Heerführer. Er hatte die Gerichtsbarkeit über alle Studierenden und die niedere Gerichtsbarkeit (Bussen-Ermäch- tigung) über Bürger, welche mit den Studenten wirtschaftlich verbunden waren: Professoren, Notare, Bankiers, Buchhändler, Diener und Wohnungsvermieter. Die Preise für Bücher, die Mietzinse für Studentenwohnungen und die Zinsen für Darlehen (meist waren Professoren die Bankiers ihrer Studenten) wurden vom Rektor festgesetzt. Unmittelbar nach seiner Wahl musste jeder Rektor zwei «denunciatores» bestimmen, welche ihm Vergehen der Professoren meldeten. Diese Denunzianten waren weder den Kommilitonen noch den Professoren bekannt. Um der Bevormundung durch die Stadtregierung vorzubeugen, besass die Studentenschaft keine Häuser. Die Vorlesungen fanden in Kirchen oder Professorenhäusern statt. Verlangte die Stadt zu viel Steuern von den Studenten, zogen sie einfach in eine andere Stadt. So sind Auszüge von Studen- ten nach Vicenza (1204), Arezzo (1215) und Padua (1222) dokumentiert. BLICK IN DIE GESCHICHTE scholarium» im Mittelalter Fotos: Adobe Stock, Wikipedia, Shutterstock, zVg Titelblatt der Statuten der «Studenten deutscher Nation» in Bologna. Professorengrabstein in einem Bologneser Modegeschäft. Studenten auf einem Professorengrabstein, 14.Jahrhundert. WOHLHABENDE PROFESSOREN Bologneser Jahreseinkommen im 13. Jahrhundert in CHF* Podestà (Bürgermeister) 450000 Professor des Zivilrechts 400000 Professor des Kirchenrechts 300000 Professor der Medizin 100000 bis 150000 Stadtrichter (iudex communis) 75000 Nachtwächter 18000 *Aus: Walter Steffen, Die studentische Autonomie immittelalterlichen Bologna, Bern 1981. * Dr. phil. Walter Steffen (*1945) unterrichtete Geschichte, Italie- nisch und Englisch an den Lehrerseminarien Luzern und Hitzkirch und leitet Exkursionen von Pro Senectute Luzern. Die Stadt Bologna mit etwa 30 000 Einwohnern verdankte schon im Mittelalter seinen Reichtum den zeitweise bis zu 3000 Studenten. (2018 waren es 90 000 Studierende auf 388 000 Einwohner.) Die heute bewunderten Professoren-Paläste und viele Professorengräber bezeugen den Reichtum der damaligen Dozenten. Ursprünglich legte jeder Student mit seinem Professor ein jährliches Salär vertraglich fest. Mit der Zeit aber schloss die «universi- tas» auch Kollektivverträge mit den Professoren ab. So etwa wurde 1279 Guido da Suzzara vom Studentenrat nach Bologna berufen für umgerechnet rund 400 000 Franken. Neben dem vereinbarten Salär verdiente jeder Professor zusätzlich an Darlehen, an Wohnungs- und Häuservermietung sowie an Rechtsgutachten für Kaiser, Könige, Fürsten und Stadtregierungen. In der Renaissance errichtete die Obrigkeit Universitätsgebäude und berief und bezahlte die Professoren. Die «univeritas scholarium» machte der «universitas litterarum» Platz. Die Juristen blieben aber die bestbezahlten Akademiker – bis heute?

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