KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2023

03 / 2023 FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 31 Die meisten heute angewandten Therapieansätze für kleine Kinder verfolgen einen verhaltenstherapeutischen oder spieltherapeutischen Ansatz. Seit den 1960er-Jahren gibt es die verhaltenstherapeutisch basierten ABA-Programme (Applied Behaviour Analysis), intensive Programme wie FIAS (Frühintervention bei Autistischen Störungen), RDI (Relationship Development Intervention) oder das israelische MIFNE- Programm, welche intensive Lern- und Betreuungseinheiten beinhalten. Kommunikationsform-orientierte Programme wie das PECS (Picture Exchange Communication System) wurden entwickelt und werden in der Therapie erfolgreich angewandt. Ebenso werden Therapien aus anderen Bereichen, wie die Sensorische Integration aus dem ergotherapeutischen Bereich oder Sprachkommunikationbezogene Therapien aus der Logopädie, einbezogen. Wichtig ist, dass nicht nur dem Kind selbst geholfen werden muss, sondern dass sich auch die Menschen im Umfeld des Kindes Wissen aneignen müssen und Tools erlernen sollen, wie sie mit ihrem von Autismus betroffenen Mitmenschen, also Geschwister oder Kind, in Kontakt treten und diesem in der eigenen Kontaktaufnahme zur Umwelt helfen können. Für ältere Kinder und Jugendliche stehen Massnahmen oder Programme zur Verbesserung der sozialen Kompetenzen im Vordergrund. Sie sollen sich in ihrem Umfeld stressfreier wohlfühlen, das Denken und Fühlen ihrer Mitmenschen besser verstehen und sich im Alltag einfacher zurechtfinden können. Viele dieser Programme werden als Gruppenprogramme angeboten, da damit gerade diese Kompetenzen besser erlernt werden können. Allen Programmen gemeinsam ist, dass sie eine klare Struktur haben und eine andauernde, bei Kleinkindern teils täglich mehrstündige Arbeit mit dem Kind erfordern. Damit ist klar, dass eine solche Therapie nur zusammen mit der Familie erfolgreich umgesetzt werden kann und die ganze Familie in eine solche Therapie miteinbezogen werden muss. Mit einer heilpädagogischen Massnahme von zwei Stunden pro Woche ist es also nicht möglich, einem von Autismus betroffenen Kind zu helfen. AUTOR DR. MED. RAFFAEL GUGGENHEIM MITGLIED REDAKTIONSKOMMISSION, ZÜRICH Korrespondenzadresse: dokter@bluewin.ch Bisher sind biomedizinische Ansätze – also der Versuch, eine den Autismus verursachende Entität zu behandeln – leider noch ungenügend erforscht und für die mannigfaltigen Hypothesen fehlen die wissenschaftlichen Beweise. Viele Forschungsgruppen sind aber daran, der Ursache von Autismus auf den Grund zu gehen und vermuten neben den klassischen Ideen einer toxischen Wirkung auch autoimmune oder inflammatorische Ursachen auf die Hirnentwicklung. Dementsprechend sind viele Ansätze richtungsweisend und viele Eltern und Fachpersonen berichten über grosse Erfolge solcher Therapien. Es ist nicht Ziel dieser Ausgabe, die diversen Therapieformen vorzustellen. Eine gute Übersicht dazu gibt es auf www. autismus.ch/informationsplattform. Wir stellen hier als Beispiel für die Behandlung älterer Kinder und Jugendlicher das Kompetenztraining KOMPASS der Universitätsklinik Zürich vor, als Beispiel für ein validiertes Gruppentraining für Jugendliche im Autismus-Spektrum. Untenstehend habe ich für Interessierte auch eine nicht-repräsentative aber interessante Auswahl von Papers zu biologischen und entwicklungsorientierten Forschungsansätzen zusammengestellt. AUSWAHL VON FORSCHUNGSPAPERS ZUM THEMA ASS Autism Res (2012) Sheinkopf S. et al. Atypical cry acoustics in 6 months old infants at risk for autism spectrum disorder Frontiers in Pediatrics (2023) Gesundheit B. et al. Autismus spectrum disorder diagnosis using a new panel of immune- and inflammatory- related serum biomarkers J Clin Med (2022) Austin C et al. Elemental Dynamics in Hair Accurately predict future autism spectrum disorder diagnosis: an international multi-center study Journal of Autoimmunity (2013) Gesundheit Bl. et al. Immunological and autoimmune considerations of Autismus Spectrum disorders Nature Communications (2017) Arora M. et al Fetal and postnatal metal dysregulation in autism PLoS One (2021) Hewitson L et al. Blood biomarker discovery for autism spectrum disorder: A proteomic analysis Therapien und Fördermassnahmen für Kinder und Jugendliche aus dem Autismus-Spektrum

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx