KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2023

03 / 2023 FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 25 Patrick Orban ist seit 2004 Praxispädiater mit Spezialisierung in Entwicklungspädiatrie. Seit mehr als fünf Jahren hat er sich spezialisiert in der Abklärung von Kleinkindern bis 5 Jahre mit Verdacht auf eine Autismus-Spektrum-Störung. Zuerst als Oberarzt und später Leitender Arzt i.V. im Kantonsspital Winterthur und seit Kurzem im Kinderspital Zürich. In der Praxis 0–18 in Dübendorf arbeitet er zusammen mit Dres. Kathi Zogg und Till Gerber, unterstützt durch junge Ärzte und Ärztinnen, welche sie ausbilden. Wenn ein Kind bei der 18-Monate-Vorsorge nur einzelne Wörter redet und stereotyp mit seinem Auto spielt, wie schnell würdest du ihn in deiner entwicklungspädiatrischen Sprechstunde sehen wollen? Mit 18 Monaten nur einzelne Worte zu reden, ist durchaus altersentsprechend. Bleibt das Spielen mit dem Auto. Hat das Kind eine explizite Vorliebe für das Auto, spielt damit aber sinngemäss, macht «Brumm», lässt das Auto provokativ – mich oder die Eltern anschauend – die Tischkante runterstürzen und ist dann begeistert, ist das anders einzuschätzen, als wenn es in der Ecke sitzt, ohne Notiz von mir zu nehmen und nur an den Rädern dreht. In 20–30 Minuten sollte jede Praxispädiaterin in der Lage sein, die Entwicklung eines 18 Monate alten (kooperierenden) Kinds einschätzen zu können, als gute Hilfe gibt es dazu auch den von Jessica Bonhoeffer und mir neu aufgelegten «Zürcher-Spielentwicklungs-Koffer» und einen entsprechenden Kurs (https://fuerdaskind.ch/akademie/portfolio/zuercherspielentwicklung). Zurück zur Frage: Besteht in der Vorsorgeuntersuchung mit 18 Monaten der Verdacht auf eine Entwicklungsverzögerung und/oder eine Autismus-Spektrum-Störung, würde ich das mit den Eltern ansprechen und sie zügig zu einer Abklärung bei einem Entwicklungspädiater oder einer Heilpädagogin weiterweisen. Ist es aus deiner Erfahrung hilfreich, wenn wir in der Praxis unsere Verdachtsdiagnose «Autismus» schon bei der Überweisung nennen? Ja, das ist sicher hilfreich, insbesondere da sich die Eltern dann mit dieser Frage auseinandersetzen können und nicht ganz so überrascht sind, wenn sie bei der Abklärung darauf angesprochen werden. Für uns sehr wichtig ist auch, im Zuweisungsschreiben zu vermerken, dass allenfalls die Verdachtsdiagnose schon angesprochen wurde. Weitere wichtige Punkte für die INTERVIEWERIN DR. MED. IRMELA HEINRICHS LEITERIN REDAKTIONSKOMMISSION, USTER Korrespondenzadresse: iheinrichs@hin.ch Fragen an Dr. med. Patrick Orban, Dübendorf, zu Autismus Autismus – Praktisches aus der Praxis Überweisung sind die sozioökonomische und sprachliche Entwicklung des Kindes. Der sprachliche Hintergrund der Familie ist ebenfalls relevant, um gegebenenfalls einen Dolmetscher zu organisieren. Was viele nicht wissen ist, dass die Zuweisenden immer zum Auswertungsgespräch eingeladen sind und dies im Zuweisungsschreiben auch erwähnen können; dies ist eine aus meiner Sicht tolle und speditive Möglichkeit zu einem sinnvollen und lehrreichen Austausch. Leider wird das Angebot viel zu selten genutzt. Gibt es hilfreiche Fragebögen, die wir vorab den Familien abgeben könnten? Ein einfacher und sehr häufig verwendeter Fragebogen ist der M-Chat, den es auf dem Internet in über 70 Sprachen einfach zum Herunterladen gibt: https:// mchatscreen.com. Er kann allenfalls auch mit den Eltern zusammen ausgefüllt werden, insbesondere wenn Unklarheiten bestehen. Wie alle Fragebögen muss er jedoch sehr vorsichtig betrachtet werden, da er weder super sensitiv noch spezifisch ist. Wir haben immer wieder Eltern, die den MChat als völlig unauffällig ausfüllen, obwohl das Kind schwer auffällig ist und umgekehrt. Aber gerade weil er in allen Sprachen zur Verfügung steht, brauche ich ihn gerne. Wie läuft eine Abklärung z.B. bei einem zweijährigen Kind konkret ab? Wie viele Termine werden vereinbart? Welche Therapeuten sind involviert? Foto: Patrick Orban

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