KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2023

ERFAHRUNGSBERICHT 02 / 2023 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 48 DR. MED. DEBORAH MERK-SCHMID FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, WEINFELDEN Korrespondenzadresse: deborah.merk@aiz.ch Fortbildung «Wichtige nephrologische Themen in der Praxis» vom 19. Januar 2023 Eine tolle Gruppe von 50 motivierten Pädiaterinnen und Pädiatern aus der ganzen Schweiz fand sich am 19. Januar 2023 im Hotel Walhalla in St. Gallen ein. Mit dem Einstiegsthema Enuresis und nichtorganische Harninkontinenz führten uns die Referentinnen Daniela Marx-Berger und Gesa Schalk sofort mitten in den typischen Praxisalltag von besorgten Eltern und deren einnässenden Kindern. Neben praktischen Definitionen enthielt der interaktive Vortrag über Enuresis nocturna hilfreiche pathophysiologische Hintergründe und die jeweils geeignetsten Therapiemassnahmen, wie allgemeine Urotherapie, apparative Verhaltenstherapie und Medikamente. Auch die Spontanremission von 15% pro Jahr ist sicher eine beruhigende Information für Eltern. Dass zur nichtorganischen Harninkontinenz stets eine erweiterte somatische Abklärung gehört, wurde ebenso betont, wie deren drei häufigste Ursachen: Miktionsaufschübe, Overactive Bladder und Dysfunctional Voiding. Zu den Red Flags der funktionellen Harninkontinenz gehören permanentes Träufeln, sakrale Haarbüschel oder Grübchen und Klumpfüsse (beides als mögliche Zeichen einer spinalen Dysraphie), sowie ein schwacher Harnstrahl bei Jungen (Hinweis auf posteriore Urethralklappen). Anhand eines spannenden und ernüchternden Beispiels einer fehlbehandelten jungen Frau berichtete Gesa Schalk anschliessend über die steigende Zunahme von Nierensteinen bei Kindern. Diese haben als Risikofaktor einer chronischen Niereninsuffizienz eine enorme Bedeutung im Leben dieser Kinder. Bei einer Hämaturie mit zusätzlich auffälliger Familienanamnese bezüglich Nierenleiden sollte immer auch ein Nierenstein in Betracht gezogen werden. Eine nephrologische Abklärung ist indiziert. Dass auch hohe Vitamin-Supplemente (v. a. A/D und E), wie sie zunehmend von besorgten Eltern verabreicht werden, zu Steinen führen können, sollte aufhorchen lassen. Die DASH-Diät (Dietary Approaches to Stop Hypertension = viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukte und Fisch) und grosse Trinkmengen hingegen wirken präventiv. Nach einer fruchtigen Pause wurde das alltägliche Thema der rezidivierenden Harnwegsinfekte anhand der aktuellsten Schweizer Empfehlungen erläutert. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine korrekte HWIDiagnostik (Säckli nur zum Ausschluss) viel bringt und die Indikationen für MCUG und Antibiotikaprophylaxe immer enger gestellt werden. Alternative Massnahmen bei rezidivierenden HWIs können gemäss der neuen AWMF-Leitlinie supportiv angewandt werden. Die verdiente Mittagspause bescherte uns spannend umwickelte Krevetten und diverse andere Leckereien. Frisch gestärkt wurden wir anhand von interessanten Beispielen auf Diagnosen aufmerksam gemacht, die man nicht verpassen sollte. Zum Beispiel entpuppte sich ein 6-monatiges Kind, das von der Mutter als guter Trinker bezeichnet wurde und eine Gedeihstörung hatte, als Fanconi-Syndrom (bei Cystinose). Ein 7-Jähriger mit einer Enuresis nocturna führte uns zum Krankheitsbild der Nephronophthise. Die Geschichte eines 12-Jährigen mit M. Duchenne und Erbrechen zeigte auf, dass man bei Blutwerten stets den Verlauf mitbedenken sollte. Dass eine Hämaturie mit positiver Familienanamnese auch von einem Alport-Syndrom herreichen oder eine Proteinurie mit chronischen (Bauch-)Schmerzen und Akroparästhesien ein Morbus Fabry sein könnte, machte hellhörig. Auch im Nephroquiz und anhand der Übungsbeispiele bezüglich Miktionsprotokoll wurde viel hilfreiches Praxiswissen vermittelt. Insgesamt erhielten wir von unseren begeisterten Dozentinnen an diesem spannenden Tag sehr viel Wissenswertes über Alltägliches und Informatives über Seltenes. Ein herzliches «Danke» den beiden Referentinnen für ihren praxisnahen und engagierten Einsatz. ■ Fotos: Antje Hugi Foto: Irmela Heinrichs

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