KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2023

NACHHALTIGKEIT IN DER PÄDIATRIE 02 / 2023 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 42 verwenden von Hilfsmitteln: Gehstöcke und z. B. Deltakissen können vermietet werden, Tübingerschiene und anderes mehr können recycelt und auch für Projekte (Mongolei) gesammelt werden. «Ausgediente» Maschinen und Material können teils bei uns oder im Ausland noch gebraucht werden. Generell hiess es ja früher (und könnte auch heute noch gelten): reparieren statt wegwerfen. Abfallreduktion ist auch ein leidiges Thema: Grosse Packungen bestellen reduziert das Verpackungsmaterial (z. B. bei Impfungen); Benutzung von Plastik, insbesondere auch von Wegwerfplastikprodukten, überdenken und reduzieren. Abfalltrennung ist schon sehr verbreitet: Karton, Altpapier, evtl. Kunststoff, PET, Glas, Batterien, medizinische Abfälle, Büchsen, Alu, Kompost. Auch in Bezug auf Foodwaste hat die Praxis eine Vorbildfunktion: daran denken und vermeiden. Mobilität Das ist natürlich ein essenzielles Thema – Wie kommen wir zur Arbeit? Wohnen wir weit weg oder in der Nähe? Wie sind wir an den ÖV angeschlossen und wie machen wir es für uns, die Mitarbeitenden, und unsere Patienten möglich, ressourcenschonend zu uns zu reisen? Natürlich kann man nicht selbst mit dem Auto zur Arbeit fahren und von den anderen erwarten, dass sie den Zug, den Bus oder das Tram benützen – man muss also Vorbild sein – in der Praxis, in der Fachgesellschaft und für unsere Patienten. Als gute Idee bietet sich z. B. «bike to work» (www.biketowork.ch) als Teamevent an. Auswirkungen und Beurteilung Wie hat sich nun diese Sensibilisierungsarbeit in unserer Praxis ausgewirkt? Wir konnten viele Themen in unsere tägliche Arbeit einfliessen lassen; der Austausch im Team über die Thematik war sehr konstruktiv und wertvoll. Die Sensibilisierung regte die Diskussion zum Thema an, und es ergaben sich umsetzbare Inputs für den Praxisalltag. Ich freute mich darüber, dass auch viele MPAs Ideen einbrachten und diese im Kleinen und Grossen umsetzten. Seither machen wir z. B. jährlich als Team am «bike to work» mit, was jeweils über die App verfolgt werden kann. Auch konnten einfache Massnahmen durch entsprechende Aufgabenverteilung leicht umgesetzt werden (Lüften, Strom sparen, Materialbestellung). Wir mussten allerdings auch feststellen, dass gerade innerhalb der Ärzteschaft die Ansichten und Einstellungen zum Thema Ökologie und Nachhaltigkeit sehr unterschiedlich sind. Finanzielle Gesichtspunkte werden häufig deutlich schwerer gewichtet als die Verringerung unseres ökologischen Fussabdrucks. «Und wieso sollen gerade wir damit anfangen?» ist ein klassisches Argument. Auch stehen die eigene Flexibilität und einfache Handhabung deutlich über ökologisch sinnvollen Anwendungen. Ökologische Themen können diskutiert und allenfalls umgesetzt werden – mir fällt aber auf, dass man sich schnell voreilig «nachhaltig» und «umweltbewusst» nennt. Die Umsetzung gelingt aber häufig nur dann, wenn diese die Interessen, Finanzen und Bequemlichkeit der Einzelnen nicht wesentlich tangiert; wenn man persönlich möglichst wenig davon merkt. Ausblick Die Umsetzung dieser meiner Herzensangelegenheit und – da bin ich mir ganz sicher – der Herzensangelegenheit ganz vieler von uns allen, ist ein anstrengendes Unterfangen. Sie setzt eine Sensibilisierung zum Thema voraus, ein gutes Basiswissen über Prozesse und Möglichkeiten, diese auch im Kleinen zu beeinflussen, und schliesslich braucht es Hartnäckigkeit und Durchhaltewillen – nicht zuletzt auch ein sorgfältiges Abwägen, dass zu viele Inputs auch ins Gegenteil umschlagen können, im Sinne einer Frustration oder gar Trotzreaktion. Ja – und der Alltag ist eben doch die Realität und auch mich stimmte es nachdenklich, als eine Kadermitarbeiterin in der Praxis einmal meinte, wir würden ja jetzt schon Plastik getrennt im Kunststoffabfall entsorgen in der Praxis, da kann sie sich ihr Mittagessen in der Wegwerfplastikverpackung wohl noch erlauben. Dennoch gilt es dranzubleiben und ich bleibe meinen Ideen treu, denn ich will die Welt meinen Kindern mindestens so weitergeben, wie ich sie angetroffen habe – oder sogar noch etwas besser . Dies ist zwar mit der immanenten Klimaveränderung und dem verschwenderischen Umgang mit Ressourcen schwierig, aber auch wir können unseren Beitrag leisten. Mein Motto bleibt: Auch kleine Veränderungen lohnen sich! Ich will ein Vorbild sein in Bezug auf meine eigene Nachhaltigkeit und die Nachhaltigkeit in unserem Team. Und ich sehe erfreulicherweise, dass dies durchaus Wirkung auf unsere Mitarbeitenden, unser Umfeld und die Patienten hat.

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