FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL 02 / 2023 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 38 «Wir haben heute Besuch!», stellt die Klassenlehrerin die Visiopädagoginnen vor. «Der Besuch ist hier wegen Lennart (Name geändert), weil er nicht so gut sieht.» Die Kinder schauen sich erstaunt gegenseitig an und schielen zu Lennart. Einige haben wohl bisher gar nichts von seiner Sehbeeinträchtigung bemerkt. «Aber er hat doch gar keine Brille!», wird prompt eingeworfen. Nicht nur bei Kindern gibt es die falsche Annahme, dass schlechtes Sehen immer mit einer Brille zusammenhängt und damit auch behoben werden könnte. Wir beobachten Lennart und die Klasse im Unterricht, beim Schreiben und Lesen, beim Blickkontakt untereinander. Schliesslich führen wir im Klassenzimmer nebenan unsere Low-Vision-Abklärung durch. Dabei überprüfen wir unter den Lichtverhältnissen, in denen das Kind im Schulalltag lernt, Standards wie Sehschärfe und Pupillenreaktion, aber auch funktionale Sehtests wie den Vergrösserungsbedarf oder die Farb-Form-Präferenz. Den Bericht werden wir später an die Eltern sowie an die Fachpersonen der Ophthalmologie und Pädiatrie verschicken. Lennart ist eines von ca. 90-100 Kindern im Kanton Solothurn, welches durch den VPD eine Abklärung und Einschätzung des Sehvermögens, sowie nachfolgend Beratung und Unterstützung erhält. Unsere Zielgruppe sind Kinder von 0–18 Jahren, im Vorschulalter, im Regel- und Sonderschulbereich sowie auch beim Übergang in die Berufswelt. Dabei ist nicht nur die Sehschärfe (Visus) entscheidend. Wir können auch Kinder und ihre Familien beraten, bei denen z.B. die OkkluGISELA SPIEGEL VISIOPÄDAGOGIN, LOW VISION REHABILITATIONSFACHKRAFT, ZENTRUM FÜR KINDER MIT SINNES- UND KÖRPERBEEINTRÄCHTIGUNG ZKSK, OENSINGEN MICHAELA BLUM VISIOPÄDAGOGIN, LOW VISION REHABILITATIONSFACHKRAFT, ZENTRUM FÜR KINDER MIT SINNES- UND KÖRPERBEEINTRÄCHTIGUNG ZKSK, OENSINGEN Korrespondenzadresse: oensingen@zksk.ch Der Visiopädagogische Dienst (VPD) des Zentrums für Kinder mit Sinnes- und Körperbeeinträchtigung ZKSK im Kanton Solothurn stellt sich vor Integration to go sionstherapie schwierig ist, eine Hemianopsie vorliegt, Okulomotorikstörungen oder zerebral bedingte Wahrnehmungsschwierigkeiten das Sehen beeinträchtigen. Einen Einblick in unsere Arbeit zeigt ein Video auf der Homepage des ZKSK: www.zksk.ch/vpd. Eine Übersicht über die zuständigen ambulanten Dienste aller Kantone findet sich auf der Internetseite des SZBLIND (www.szblind.ch/kontakt). Bei Lennart kommt heraus, dass er v. a. mit schwachen Kontrasten und Reihenzeichen Mühe hat. Frühere Überprüfungen beim Augenarzt, mit einzelnen E-Haken getestet, konnten das nicht zeigen. Wir können uns mehr Zeit nehmen für die Testung und im Anschluss die Familie und die Lehrpersonen beraten, so kommen das Wissen und die konkrete Umsetzung der Sehförderung direkt im System an. «Nicht sehbehindert genug», denken die einen. «Zu blind für die Integration» oder «kognitiv zu eingeschränkt für eine Abklärung», denken die anderen. Diese Ansätze gelten nicht für uns. Wir dürfen unsere Angebote fliessend den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen und deren Bezugspersonen anpassen. Somit können wir bei einem Kind wöchentlich eine Förderung durchführen und beim anderen ist eine Beratung zweimal im Jahr ausreichend. Lennart ist ein Glückspilz, denn viele Kinder, die Unterstützung wegen ihres eingeschränkten Sehvermögens benötigen, werden nicht erkannt oder nicht an den VPD weiterverwiesen. Hier kommt es auf aufmerksame ärztliche Fachpersonen an, welche die Eltern auf unser Angebot hinweisen und zu uns überweisen. Damit wir tätig werden können, benötigen wir eine Überweisung sowie ein augenärztliches Zeugnis oder einen augenärztlichen Bericht. Das Anmeldeformular gibt es im Internet oder über unser Sekretariat in Oensingen. Die Familien werden es Ihnen danken, dass Sie an uns denken! ■ Hilfsmittel wie Schrägpult und Monokular ermöglichen das Lernen im inklusiven Unterricht. Fotos: Zentrum für Kinder mit Sinnes- und Körperbeeinträchtigung ZKSK Links: Förderung der Sehstrategien bei Okklusion und Amblyopie Rechts: Ein bunter Strauss an kindgerechtem Fördermaterial
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