KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2023

FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL 01 / 2023 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 18 Hintergrund Kinder und Jugendliche mit Down-Syndrom (DS) haben neben einer häufig vorkommenden intellektuellen Beeinträchtigung ein erhöhtes Risiko für das Vorkommen von syndromtypischen Erkrankungen und Fehlbildungen, welche einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen (AWMF 2016, AAP 2022, Bull 2020, DS-vårdprogram re. 2022). Während die Ausprägung der klinischen Merkmale sich bei den zwei überwiegend vorkommenden chromosomalen Formen der sporadischen, nicht familiären Trisomie-21 (meiotische Non-Disjunktion ~96%) und der Translokations-Trisomie-21 (~3–4%) nicht unterscheiden, zeigen die seltenen Formen der Mosaik-Trisomie-21 (~1–2%) und der partiellen Trisomie (~1%) häufig weniger ausgeprägte Merkmale (Bull 2020). Da die meisten medizinischen Probleme behandelbar sind, aber nicht bei jedem Kind oder Jugendlichen gleich häufig und in gleicher Ausprägung auftreten, ist es wichtig, regelmässig nach solchen Problemen zu suchen, damit diese nicht unentdeckt bleiben. Hier nimmt die Kinderärztin in Zusammenarbeit mit den Familien eine zentrale Rolle in der Betreuung der Kinder und Jugendlichen ein. Epidemiologie Das DS tritt bei etwa 1:800 Geburten auf und ist das weltweit am häufigsten vorkommende Syndrom, welches mit einem unterschiedlichen Grad an intellektueller Beeinträchtigung und syndromtypischen Erkrankungen einhergeht (Bulls 2020). Die geschätzte Anzahl lebendgeborener Kinder mit DS in Europa für den Zeitraum 2011–2015 betrug 8031 pro Jahr, entsprechend einer Prävalenz von 10,1 auf 10 000 Lebendgeburten (de Graaf 2021). Man schätzt, dass im Jahr 2015 in Westeuropa ca. 111304 Menschen mit DS gelebt haben, davon in der Schweiz 4241 (de Graaf 2021). Aus der Schweiz wurden der WHO vergleichbare Zahlen für die Jahre 2016–2019, mit 98–127 Lebendgeburten pro 100000 Lebendgeburten gemeldet (WHO European Health Information). Morbidität und Mortalität Während der letzten Jahrzehnte ist die Lebenserwartung von Menschen mit DS stetig angestiegen (Englund 2013, Yang 2002). Lag das Todesalter in den Jahren 1969–1979 bei einem Median von 10 Jahren, so stieg die Lebenserwartung vor allem in den 1980er-Jahren sprunghaft an, bis zu einem Alter von ca. 60 Jahren im Jahr 2003 (Englund 2013). Im gesamten ZeitSVEN HORMANN FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, LEITENDER ARZT PÄDIATRISCHE KARDIOLOGIE, KANTONSSPITAL WINTERTHUR Korrespondenzadresse: sven.hormann@ksw.ch Gesundheit und Vorsorge bei Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom raum waren Infektionskrankheiten, hier vor allem die Pneumonie, gefolgt von angeborenen Malformationen (vor allem angeborene Herzfehler und angeborene gastrointestinale Malformationen), sowie mit steigendem Alter Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz die Haupttodesursachen. Die Möglichkeit der Behandlung angeborener Herzfehler und verbesserte Behandlungsmöglichkeiten von Infektionen und Leukämie haben zu einer deutlichen Reduktion der Mortalität vor allem bei Kindern unter einem Jahr geführt. Gesundheitliche Vorsorge Ziel der gesundheitlichen Vorsorge ist es, Kindern und Jugendlichen mit DS eine höchstmögliche Lebensqualität zu ermöglichen, mit der Absicht, auch nach Erreichen des Erwachsenenalters ein möglichst autonomes Leben führen zu können. Da, neben dem Erhalt der körperlichen Gesundheit, für die individuell bestmögliche Entwicklung eine frühzeitige und zielgerichtete Förderung (einschliesslich Zugang zu entsprechenden Ressourcen) die Akzeptanz und eine sichere Bindung im familiären, sozialen sowie erweiterten Umfeld (Kindergarten, Schule) wichtig sind, sollten diese Aspekte im Rahmen der Vorsorge Beachtung finden. Empfehlungen und Checklisten Von der Fachgesellschaft pädiatrie schweiz (Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie, SGP) werden Checklisten für die grundlegenden Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern und Jugendlichen bereitgestellt. Diese erleichtern den behandelnden Ärztinnen die Planung und Durchführung der notwendigen Untersuchungen im Praxisalltag. Für die für Kinder und Jugendliche mit DS empfohlenen, die Basisvorsorge zum Teil ergänzenden Untersuchungen und Massnahmen, existieren keine offiziellen Empfehlungen seitens pädiatrie schweiz. Den hier vorgestellten Daten und empfohlenen Untersuchungen liegen, soweit nicht anders angegeben, die S2k.Leitlinie «Down-Syndrom im Kindes- und Jugendalter» der Wissenschaftlich Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF, Stand 2016, aktuell in Überarbeitung), mit denen die Gesundheits-Checklisten des Deutschen Down Syndrom Infocenter abgeglichen sind, die Vorsorgeempfehlungen der American Academy of Pediatrics (AAP, Stand 2022) und die Schwedischen Empfehlungen betreffend Betreuung von Personen mit DS (Downs Syndrom medicinskt vårdprogram 0–18 år, Stand 2022) zugrunde. Die hier aufgeführten Empfehlungen sind als Ergänzung zu den lokalen

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