KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2022

15 03 / 2022 BERUFSPOL I T I K K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ Von der Wahrnehmung Wenn die Gewerkschaften mindestens 5% Lohnerhöhung fordern, ist das normal. Wenn die Krankenkassenprämien um 5% ansteigen, ist das eine Explosion. Wenn wir uns dagegen wehren, dass unser Einkommen unter das Niveau von 1995 fällt, ist das arrogant. Noch Fragen? Die Schweizer Bevölkerung hat 2021 6% mehr Energie konsumiert als im Vorjahr. In der Logik der Kostensparmassnahmen müssten jetzt die Energiepreise und die Löhne der Anbieter gesenkt werden. In diesem Spannungsfeld von Politik, Unwissen, Emotionen und Interessen ist es die Aufgabe von mfe (in enger Zusammenarbeit mit den Partnern und anderen Verbänden), die Sichtweise der Haus- und Kinderärzte einzubringen und die Auswirkungen politischer Entscheide auf die Bevölkerung und die Patienten aufzuzeigen. Wir arbeiten daran, unaufhörlich, wenn auch für Mitglieder nicht immer sofort erkennbar. Von der Politik Erstmals im Rahmen des Kongresses von Pädiatrie Schweiz in Davos/Luzern hat mfe einen politischen Round Table durchgeführt. Unter der Leitung von H. Zinggeler Fuhrer diskutierten alte und neue Kräfte der Standespolitik (M. Müller, R. Temperli, N. Rufener) mit einer Behördenvertreterin (M. Jamnicki, Kantonsärztin Graubünden) und einem Politiker (A. Barrile, Nationalrat SP, Co-Präsident VSAO, Hausarzt). 1. Ohne Engagement geht nichts. Auf jedem Niveau. Möglich mit grossem und kleinem Aufwand. 2. one voice Uns KIS-Mitgliedern ist das Dilemma von «one voice» bestens bewusst. Weil wir als Praxispädiater von der SGP weder vertreten noch ernst genommen wurden, kam es überhaupt zur Gründung unseres Verbandes. Das war zweifellos nötig, hat sehr viel bewegt, andererseits aber auch zu einer Zweiteilung der pädiatrischen Stimme geführt. Vor vielen Jahren wurde dem Vorstand KIS von Filippo Leutenegger, Journalist, ehemaliger Chefredaktor Schweizer Fernsehen, ehemaliger Nationalrat und aktueller Stadtrat von Zürich, erklärt, auf was es in der Politik ankommt: • Klares Anliegen • Beharrlichkeit, Vertrauenswürdigkeit • ONE VOICE Am mfe-Round-Table wurde dieser Grundsatz bestätigt. Politik und Verwaltung wollen die Stimme der Ärzteschaft hören: eine Meinung, konsolidiert. Wir müssen uns auf gemeinsame Nenner einigen und uns nicht von Politik und Verwaltung gegeneinander ausspielen lassen. Es ist ärgerlich und kontraproduktiv, wenn verschiedene Verbände unterschiedliche Meinungen abgeben oder sich Einzelpersonen mit Partikularinteressen einbringen. Die Denkarbeit muss vorher in den Verbänden geleistet werden. Wenig überraschend war der mfe-Round-Table nicht überfüllt und es trafen sich vor allem die üblichen Verdächtigen, Verbandspräsidien und Geschäftsführungen von mfe, KIS und pädiatrie schweiz. Aber nicht nur. Erfreulicherweise beteiligten sich einige junge Kolleginnen sehr lebhaft an der Diskussion. Ein gutes Omen. Das Format soll regelmässig angeboten werden, zur Mitarbeit in den Verbänden motivieren und für standespolitisches Engagement sensibilisieren. Vom Parlament Einige mögen die Debatten um Kostendämpfungs- und Steuerungsmassnahmen in den eidgenössischen Räten mitverfolgt haben. Kluges oder Differenziertes war kaum zu vernehmen, faktenarme, populistische Rundumschläge waren an der Tagesordnung. Und die meisten Medien schreiben ihre Argumente bei santésuisse ab. Von Differentialdiagnose keine Ahnung. Wehe, wir würden auch nur eine bei unserer Arbeit vergessen! Nun, man hat, was man hat. Es liegt an uns, für Informationen aus erster Hand zu sorgen. Angefangen in unserem persönlichen Umfeld und bei der Arbeit. Die Ärzteschaft wird in der Öffentlichkeit immer wieder frontal angegriffen, vom BAG, von Parlamentariern, Versicherern undMedien. Und doch: Haus- und Kinderarztmedizin wird immer öfter separat betrachtet, von Blitz und Donner verschont. Ein Erfolg unserer politischen Arbeit. Vom Tarif Tardoc wurde auch imdritten Anlauf nicht genehmigt. Aber auch nicht über Bord geworfen. Der Bundesrat hat die Arbeit verdankt und setzt auf Tardoc und eine erneute Eingabe bis Ende 2023, zusammen mit den anderen Tarifpartnern. Bei H+ scheint sich etwas zu bewegen. Santésuisse stellt sich weiterhin quer. Offenbar aber mit Erfolg: Weil der Bundesrat Tardoc nicht genehmigt hat, fordert die Gesundheitskommission des Nationalrates, die Tarife zu kürzen, bis Tardoc in Kraft ist. Immerhin soll, ein standespolitischer Erfolg, die Grundversorgung ausgenommen werden. Trotzdem! Unter welchen Einflüssen wird sowas ausgedacht? Vom Rest Die Reallöhne sind seit 1995 um 18% gestiegen. Die Löhne der selbstständigen Ärzteschaft sinken stetig (richtig, der vom Bundesrat infolge der Hausarztinitiative verordnete Hausarztzuschlag hat grobe Fehler imTarif zu unseren Gunsten korrigiert). Labortarife werden um 10%gekürzt (ausser Praxislabor, auch das ein standespolitischer Erfolg). Vergütung von Vitamin-D-Bestimmungen nur noch in definierten Ausnahmefällen, Anordnungsmodell für die psychologische Psychotherapie, Erneuerung des Diagnosecodes, Ausnahmeregelungen bei Zulassungsbeschränkung; der Vorstand mfe ist nahe am Puls, bearbeitet politische Vorlagen und Interventionen, Gesetzesanpassungen und Vernehmlassungen, ist in Kontakt mit Behörden und Politik, meldet sich in den Medien zu Wort. mfe Mitglieder sind informiert. ■ DR. MED. ROLF TEMPERLI VORSTANDSMITGLIED MFE, EHRENMITGLIED KINDERÄRZTE SCHWEIZ, LIEBEFELD Korrespondenzadresse: temperli-rossini@bluewin.ch DR. MED. HEIDI ZINGGELER FUHRER VIZE-PRÄSIDENTIN MFE, ZUSTÄNDIGKEIT PÄDIATRIE, CHUR Korrespondenzadresse: h.zinggeler@mez-chur.ch

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