Zenit Nr. 2, Juni 2020

Pro Senectute Kanton Luzern 2 | 20 23 SPITALSEELSORGE etwas mitnimmt. » Auch für die An- gehörigen könne es sehr lösend sein, der sterbenden Person noch etwas mitteilen zu können. Nana Amstad ist nicht nur Theo- login, sondern auch Atemtherapeutin. Atem sei etwas sehr Spirituelles, sagt sie. «Der Atem verbindet das Aussen mit dem Innen.» Doch ist es nicht Gott, der den Corona-Patienten den Atem nimmt und sie mit schweren Lungenentzündungen kämpfen lässt? «Das ist nicht mein Gottesbild», sagt Nana Amstad. «Es ist nicht Gott, der den Atem nimmt. Der Atem geht zu Ende, weil die Kraft nicht mehr da ist.» Irgendwann gehe jedes Leben zu Ende. Ob durch einen Unfall, weil eine Erkrankung die Lebenskraft nehme oder weil ein Herz mit 90 Jah- ren einfach müde sei. «Ich bin jedoch davon überzeugt, dass Gott mitgeht und mitträgt in seiner Liebe und Sorge für jeden Menschen.» Nach den ersten, sorgenvollen Wochen der Coronapandemie hat sich die Situation im LUKS entspannt. Auch bei der Seelsorgerin und ihrem Team ist ein Aufatmen spürbar – ob- wohl sich der Spitalalltag noch nicht normalisiert hat und die Sorge einer zweiten Ansteckungswelle belastet. Doch Spitalbesuche sind wieder möglich und die Dienstleistungen der Seelsorge damit vielleicht etwas weni- ger gefragt. Nana Amstad nimmt das nicht persönlich. «Wie gesagt, ich ma- che ein Angebot und bringe jene Zeit mit, die gerade nötig ist. Manchmal fünf Minuten, manchmal zwei Stun- den, und manchmal braucht es uns gar nicht.» Auch das sei gut so. mehr denn je geschätzt. «Sie schickt der Himmel», war die Begrüssung einer Patientin, als Nana Amstad eines Morgens an deren Zimmertür klopfte. Die spontane Reaktion zeige, dass Spitalseelsorge kein Relikt vergange- ner Zeiten sei. «Im Spital ist immer der ganze Mensch, mit Körper und Seele, anwesend. Das lässt sich nicht trennen, und beides bedarf der Pflege.» Unter der Einhaltung strengster Hygienevorschriften besuchte das Seelsorgeteam auch Corona-Patien- tinnen und -Patienten auf der Inten- siv- oder Isolierstation. Manche waren intubiert und nicht bei Bewusstsein. Ist Seelsorge unter diesen Umständen überhaupt möglich? «Ja natürlich. In solchen Momenten verweilen wir nahe am Bett, in Stille und in Gedan- ken fest verbunden mit diesem Menschen und seinen Angehörigen.» Wenn Nana Amstad Patientinnen und Patienten besucht, trifft sie auch schwere Situationen an – und dies unabhängig von Corona. Das «Mit- Aushalten» sei das Anspruchsvollste an ihrem Job. Aushalten, dass ein Un- fall das ganze Leben eines Menschen auf den Kopf stellt. Aushalten, dass eine Schwangerschaft nicht zu Ende getragen werden kann. Aushalten, dass eine Krebserkrankung nicht mehr heilbar ist. Kürzlich begleitete die Seelsorge- rin eine 80-jährige Covid-Patientin. Trotz aller Therapien war es nicht mög- lich, sie zu retten. Nana Amstad wurde gerufen, um der Patientin den Kran- kensegen zu erteilen. «Stellvertretend für die Angehörigen stand ich ihr bei, während die Geschäftigkeit auf der Intensivstation weiterging. Das Leben steht nicht einfach still, wenn jemand stirbt. Und doch war es schmerzlich, zu sehen, dass ein Leben unter diesen Umständen zu Ende gehen muss.» Loslassen können In vielen anderen Fällen ermöglichte das LUKS den Angehörigen trotz Be- suchsverbot einen kurzen Moment bei schwer Erkrankten. «Man kann den Menschen nochmals mit allen Sinnen wahrnehmen. Das hilft, den Tod zu begreifen.» Nana Amstad er- mutigt die Angehörigen in solchen Momenten, einer sterbenden Person mitzuteilen, was sie ihr noch sagen möchten – selbst wenn dieser Mensch nicht reagiert. «Er nimmt die Worte vielleicht nicht mehr so wahr wie wir und kann nicht mehr antworten. Trotzdem bin ich überzeugt, dass er Spitalseelsorgerin Nana Amstad-Paul vor der «Sorgenwand» im Andachtsraum des Kantonsspitals Luzern. Hier kann man Bitten, Sorgen oder einen Dank auf einen Zettel schreiben und einstecken.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx