Zenit Nr. 2, Juni 2020

Pro Senectute Kanton Luzern 2 | 20 17 PERSÖNLICHKEITEN Aufgewachsen mit fünf Geschwistern auf einem kleinen Heimetli mit sechs Kühen, ist sich Brigitte Peter ein ein- faches Leben gewohnt. Nach dem Be- such des Seminars für Handarbeits- lehrerinnen in Luzern und kurzer Brigitte Peter-Hodel, 68 Berufstätigkeit lernte sie bei einer Reise durch die USA, auf eigenen Bei- nen zu stehen und sich unkonventio- nell mit wenig Geld durchzuschlagen. 1978 besuchte sie ihren Freund in Kapstadt, der dort im Kraftwerkbau arbeitete. Bei ihrem halbjährigen Auf- enthalt lernte sie die Apartheid, die klare Trennung von Weissen und Schwarzen, kennen. «Es war ein men- schenverachtendes, entwürdigendes System, was ich allerdings erst später realisierte.» Ihr war klar: Sie wollte nie mehr in dieses Land reisen. Geblieben ist ihr die Freundschaft mit einer Eng- lischlehrerin. Neben Heirat, der Geburt zweier Kinder und Scheidung unterrichtete Brigitte Peter je 20 Jahre als Fachlehr- person für Textiles Werken in Em- menbrücke und Oberkirch. Schul- müde geworden, besuchte sie mit 60 ihre Freundin in Südafrika. Dabei lernte sie Marcus Solomon, den Leiter des Children’s Resource Centre (CRC), und seine Projekte für Frauen und Kinder in den Townships ken- nen. «Das sind Wohnsiedlungen, die während der Rassentrennungspolitik in Südafrika für die schwarze, farbige und indische Bevölkerung errichtet wurden, dicht bevölkerte Hüttenvier- tel aus Wellblech und Pappkarton mit geringer Infrastruktur.» Bei einem Filzworkshop mit Kin- dern erkannte sie, wie viel schon mit geringem Einsatz bewirkt werden annehmen, wie sie ist», meint sie pragmatisch. Es sei wichtig, ange- sichts der verordneten Massnahmen das Denken nicht zu vergessen. «Wir müssen uns selber überlegen, was wir verantworten können, und uns zum Beispiel regelmässig bewegen.» Sie möchte in dieser Zeit nicht nur für sich Gutes tun, sondern fragt sich auch, was andere jetzt brauchen. In den ersten Tagen des Hausarrestes nahm sie sich vor, täglich vier Per- sonen anzurufen, mit denen sie seit Längerem keinen Kontakt mehr hatte. «Die alten Bekannten freuten sich, wieder einmal von mir zu hören. Wir hatten einander viel zu erzäh- len.» Sie erfuhr, dass es den meisten trotz Krise gut geht. Sie haben wenig Angst um sich selber, machen sich je- doch Sorgen über die Zukunft der jungen Menschen. Gerne nimmt sie an dem von Nachbarn organisierten Apéro im Hof teil. «Natürlich im gebotenen Abstand», sagt sie mit Hinweis auf die von ihr entwickelte Dankeskarte, mit der sie ebenfalls viel Freude be- reiten kann. Es ärgert sie zwar ein wenig, dass sie vorläufig keine Kon- zerte, keine Chorproben oder Veran- staltungen der Senioren-Uni besu- chen kann. Auch vermisst sie die Freiheit, unterwegs zu sein. Doch findet sie: «Wir jammern auf hohem Niveau.» Die dreifache Grossmutter ist dankbar für ihr reiches Leben. «Unse- rer Generation geht es gut. Wir haben wohl viel gearbeitet. Doch hatten wir auch Glück, dass wir von gros- sen Krisen verschont wurden. Des- halb sollten wir auch grosszügig sein gegenüber jenen, denen es jetzt nicht so gut geht.» Im April konnte Brigitte Peter nicht wie geplant für zwei Monate nach Südafrika reisen. Dort hat sie nach der Pensionierung als Lehrerin für Textiles Gestalten in den Townships verschiedene Nähprojekte für Frauen und Kinder aufgebaut. Ihre Strategie der Hilfe zur Selbsthilfe hat sich bewährt. In der Coronakrise arbeiten die Frauen selbstständig weiter.

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