Zenit Nr. 4, November 2022

Er ist 70 und immer noch der «Sprücheklopfer der Nation». Peach Weber gehört zwar nicht zu denen, die nie aufhören können, kennt aber dennoch keinen Ruhestand. Er weiss immerhin, dass er aufs Alter Rücksicht nehmen muss. Auch wenn es ihm nicht immer ganz gelingt. VON ROBERT BOSSART Ob er das Hawaiihemd auch trägt, wenn kein Besuch kommt, wissen wir nicht. Auf jeden Fall beäugt er, als er uns die Tür öffnet, mit leichtemMisstrauen die Ausrüstung des Fotografen und meint, dass er es gerne «effizient» habe bei solchen Medienterminen. «Bei mir nützt auch der beste Fotograf nichts», sagt er in gewohnt trockener Art. Etwas eingeschüchtert montieren wir eiligst die Lampen und legen los. «Sieht doch gut aus», versucht der Fotograf ihn aufzumuntern, aber so richtig überzeugt scheint Peach Weber beim Blick aufs Display der Kamera nicht. Als der Kollege dann noch mit einer Analog-Kamera Bilder macht, fühlt sich der berühmte Komiker doch noch etwas wohler. Der Aargauer hat es gerne gradlinig, ehrlich, schnörkellos. Analog passt deshalb zu ihm, der seit Jahrzehnten auf der Bühne auf einem Stuhl sitzt und mit nichts als einer Gitarre «bewaffnet» performt. Fünf Kaffees am Morgen Aufgefordert, von seinem Alltag zu erzählen, schmunzelt er. Er habe eigentlich zwei oder sogar drei verschiedene Szenarien, meint er. Hat er abends einen Auftritt, ist er tagsüber bereits ganz darauf fokussiert. «Dann verbringe ich einen ruhigen Tag und fahre am Nachmittag los.» Seine liebsten Tage seien die, an denen er nirgends hin muss. «Dann arbeite ich, schreibe an einem Programm, gehe in den Garten und mache dieses und jenes.» Und betont, dass er nicht so spät aufstehe, wie «die Leute» meinen. «Ich stehe früh auf, aber die ersten zwei Stunden muss niemand etwas von mir wollen», sagt er. «Nach fünf Kaffees läuft die Maschine, dann kann es auch mal sein, dass ich bis Mitternacht arbeite.» So sei es schon immer gewesen, zumGlück habe er stets diese Freiheit gehabt. Das dritte Szenario besteht aus den Tagen, an denen er nichts macht. «Nach ein paar Abenden «Alles, was jetzt noch ko mit Auftritten brauche ich zwei, drei Tage, an denen ich einfach nur rumliege und nichts muss.» Das sei dem Alter geschuldet. Früher habe er locker vier bis fünf Auftritte hintereinander absolviert, ohne das gross zu spüren. «Heute brauche ich Zeit zum Erholen, sonst klappe ich irgendwann zusammen.» Deshalb versuche er, Ausgleich und Ruhe zu finden. «Ich habe gerne stressige Zeiten, ich mag aber auch Ruhephasen.» Nie für sich Werbung gemacht Warum gönnt er sich nicht den Ruhestand wie die meisten Menschen in seinem Alter? «Wenn die Auftritte mir nicht dummerweise Freude machen würden, wäre ich schon vor zwanzig Jahren nach Spanien gezogen, um mich zu langweilen», meint Peach Weber in gewohnt pointiert-witziger Art. Waren es früher über 200 Auftritte jährlich, sind es heute noch rund 80. «Ich mache sie in einer Kadenz, dass die Freude amPerformen erhalten bleibt.» Er sei zumGlück nie gezwungen gewesen, an allen möglichen «Hundsverlocheten» aufzutreten, um zu überleben. Unglaublich, aber wahr: Peach Weber musste in seiner ganzen Karriere noch nie Werbung für sich machen. «Den Leuten sagen, hey, ich bin im Fall unheimlich lustig – das wäre nicht mein Ding.» Obwohl Peach Weber seit vielen Jahren als einer der ganz grossen Komiker der Schweiz gilt und es wohl bei uns niemanden gibt, der ihn nicht kennt, funktioniert sein «Unternehmen» mit einfachsten Mitteln. «Ich mache alles selber, das ist einfacher», meint er nur und zuckt mit den Schultern. Sein Material passt in einen kleinen Bus, mit dem er an die Auftrittsorte fährt. Abrechnen, Tourneeplan, Buchhaltung – die ganze Administration macht er selbst. «Ich spare viel Zeit, wenn ich mein eigener Manager bin.» Wer Peach Weber nur als Witzereisser abtut, unterschätzt ihn gewaltig. Es reicht ein Blick in seine Kolumnen, 4 Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 22 «Ich habe gern stressige Zeiten, mag aber auch Ruhezeiten.» Fotos: Raphael Hünerfauth

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