Zenit Nr. 3. September 2025

Sie bewegte sich erfolgreich in den Teppichetagen von internationalen Unternehmen. Nun ist sie die wohl einflussreichste Frau im Schweizer Fussball. Heliane Canepa ist Unternehmerin, Multimillionärin, Mitbesitzerin des FC Zürich und grosse Förderin des Frauenfussballs. Sie erzählt von ihrer faszinierenden Karriere aus einem österreichischen Dorf bis zur Geschäftsleiterin. IM ZENIT Eine Frau wie ein Leuchtturm VON HEIDI STÖCKLI Wir treffen Heliane Canepa Ende Juni anlässlich des Pro SenectuteTALK im KKL. Sie wird vom Chauffeur in einer schwarzen Limousine vor den Künstlereingang gefahren. Steigt mit ihrem blendend weissen Hosenanzug aus und strahlt. Der Wind bläst ihr durch das knallrote, frisch gefärbte Haar und sie meint: «Wie schön Luzern doch ist. Normalerweise sehe ich nur das Allmend-Stadion – das ist doch da hinten irgendwo. Ich muss mit meinem Mann und unseren Hunden unbedingt mal hier an den See kommen.» Die 77-jährige FC-Zürich-Co-Präsidentin ist ein umtriebiges Naturell. Sie wuchs in Götzis, einem kleinen österreichischen Dorf auf, in einem katholischen Umfeld. Schon früh spürte sie, dass sie anders war als ihre drei Schwestern. «Ihr Geschwister seid vielleicht die Schönsten, aber ich bin die Gescheiteste», pflegte sie zu sagen. Und niemand hatte widersprochen. Für Frauen war es zu jener Zeit typisch zu heiraten, eine Familie zu gründen und zu haushalten. Doch Heliane Canepa hatte andere Pläne: Heiraten stand nie im Vordergrund, berufliche Träume hatten Priorität. Mit 20 erhielt sie die Zustimmung ihres Vaters, nach England zu gehen. Fami- lie und Dorf waren enttäuscht, doch sie wollte die Welt entdecken. Rückblickend meint sie dazu: «Ich wollte die Stones und die Beatles erleben und sehen, endlich verstehen, was sie singen.» In London hatte sie aber fürchterlich Heimweh, die Rituale ihrer Grossfamilie fehlten ihr. Aber sie schrieb nach Hause, es gefalle ihr wahnsinnig gut. Sie machte ihre Sprachdiplome, das war ihrem Vater wichtig, doch nach einem Jahr wollte sie nicht zurück, sie wollte weiterziehen. «Also ging ich nach Paris, an die Sorbonne, um Literatur zu studieren.» Sie las begeistert das Buch «Memoiren einer Tochter aus gutem Haus» von Simone de Beauvoir. Ihre Gedanken inspirierten und überzeugen Canepa bis heute: «Jeder muss sein Leben selber leben. Niemand lebt es für einen. Man ist selbst dafür verantwortlich.» Unabhängigkeit und Bildung wurden für sie zum Leitmotiv. Dank ihrer Fremdsprachenkenntnisse begann Heliane Canepa als Praktikantin bei der Maschinenfabrik Rüti, dem damals weltweit führenden Textil- maschinenhersteller. Die Umstellung von Paris nach Rüti empfand sie als gross, war aber offen für Neues. Im Branchenkurs der Firma lernte sie einen jungen Kollegen kennen, Cillo, der Fussballer und Werbeassistent war. Er lud sie zu einem Spiel ein, und obwohl sie zunächst wenig vom Fussball verstand, begeisterte sie die Atmosphäre beim Fussball- «Wie schön Luzern doch ist. Normaler- weise sehe ich nur das Allmend-Stadion.» Pro Senectute Kanton Luzern 3 | 25 5

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